Stolz sind Thomas Seemann, Giulia D’ Agostini und Marleen Fiedler (von links) auf die Computertaschen, Mäppchen und Rucksäcke von #zollerprobt. Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Schicke Rucksäcke, Mäppchen und Computertaschen aus alten Uniformen hat der Zoll in Stuttgart anfertigen lassen. Die Idee für das Projekt stammt von den Auszubildenden.

Leinfelden-EchterdingenDass bundesweit 13.500 Zolluniformen, schusssichere Westen und Regenmäntel einfach ausgemustert werden sollten, hat die Auszubildenden am Stuttgarter Flughafen geärgert. „Alle reden von Nachhaltigkeit, da sollte eine Behörde doch mit gutem Beispiel vorangehen“, findet Giulia D’ Agostini, die zurzeit ihre Ausbildung als Bürokauffrau absolviert. So kam den Azubis auf dem Stuttgarter Flughafen die Idee, die alten Uniformen in Grün zu Rucksäcken, Taschen oder Computertaschen umarbeiten zu lassen. Der bundesweite Verkaufserfolg hat die jungen Leute glatt überwältig. Schon mehrmals war der Webshop kurzfristig ausverkauft.

Klimaschutz ist auch der angehenden Büromanagerin Marleen Fiedler ein Anliegen. „Schritt für Schritt muss man da selbst im Alltag umdenken“, findet die junge Frau. Demonstrieren allein genüge nicht. Deshalb war sie gleich Feuer und Flamme für das Projekt. Denn die Zollkleidung sei hochwertig und auch wetterfest. Mit ihrer Idee kamen die jungen Leute zu Thomas Seemann. Der Zollamtsrat ist in Stuttgart für Kommunikation und Pressearbeit zuständig, hat das Projekt des Nachwuchses gerne unterstützt. „Upcycling liegt ja voll im Trend“, weiß der erfahrene Zöllner. Gemeinsam suchte das Team eine Werkstatt für Menschen mit Beeinträchtigungen in Berlin, die mit solchen Projekten Erfahrung hat. Da war das Label #zollerprobt geboren. Die Textilwerkstatt kümmert sich auch um den Vertrieb. Der Verkaufserlös kommt dem sozialen Projekt zugute.

Spannende Zusammenarbeit

Zunächst bekamen die jungen Leute von den Kollegen in Stuttgart Regen- und Uniformjacken sowie viele weitere Kleidungsstücke, die zur Uniform gehören. „Stabil müssen die Sachen sein, Hemden würden ja bei der Verarbeitung reißen“, sagt Marleen Fiedler, die etwas Erfahrung mit dem Nähen hat. Später fragten die jungen Leute ihre Kolleginnen und Kollegen anderer Dienststellen in ganz Deutschland – die große Resonanz hat sie selbst überwältigt. Gemeinsam mit den Experten der Textilwerkstatt haben die jungen Leute am Design der Produkte gefeilt. „Der Schriftzug ‚Zoll’ durfte ja nicht mehr zu sehen sein“, sagt Giulia. Die vier Buchstaben haben die jungen Leute so zurechtgeschnitten, dass auf jedem der Rucksäcke und Mäppchen nur noch Teile des Schriftzuges zu sehen sind. Das bekannte Zeichen denkt der Betrachter aber immer mit. Der Wiedererkennungswert ist da. „Bei dem Entwurf der Schnitte war uns wichtig, dass möglichst wenig textiles Material in den Müll wandert“, berichtet Marleen aus der Praxis. „Wenn schon nachhaltig, dann richtig“, sagt Thomas Seemann mit einem Augenzwinkern.

„Besonders spannend war es, mit den Textildesignern zu arbeiten“, lautet Marleens Fazit. Dazu sind sie und ihre Kollegen auch mal in die Hauptstadt Berlin gereist. Die junge Bürokauffrau findet es „richtig schön“, sich Gedanken über Farbkombinationen zu machen. Mit knallgelben Reißverschlüssen und Stoffteilen sehen die grünen Zolluniformen schick und sehr trendig aus. Gab es denn Probleme, im Behördenapparat des Zolls das innovative Projekt umzusetzen? „Wir haben sehr viel Hilfe bekommen“, lobt Giulia die Offenheit ihrer älteren Kollegen. Und auch Marleen schwärmt von der Unterstützung im Team der Stuttgarter Zöllner. Für die zwei Bürokauffrauen war es ein Abenteuer, mal jenseits der Büroarbeit so ein kreatives Projekt ins Rollen zu bringen. Vom Bundesfinanzministerium, dem der Zoll angegliedert ist, gab es auch viel Lob und Unterstützung für die Aktion. Besonders spannend fanden es die Stuttgarter Azubis, das Bundespresseamt in Berlin zu besuchen. „Da haben wir einen Film über unser Upcycling-Projekt gedreht“, schwärmt Marleen. Für die Auszubildenden war das eine ganz neue Erfahrung.

Wie begleiten die jungen Leute das Projekt denn jetzt weiter? „Unsere Aufgabe ist es, für das Projekt zu werben“, sagt Marleen. Viele Kolleginnen und Kollegen vom Zoll interessierten sich für die Produkte. „Nur der Preis ist manchen zu hoch“, weiß Giulia. Ein Rucksack kostet 148 Euro, die Notebook-Tasche ist für 48 Euro zu haben. Die kleinen Mäppchen für unterwegs kosten 28 Euro. Die Preise sind nach den Worten von Marleen so kalkuliert, dass die Mitarbeiter der Textilwerkstatt einen fairen Lohn bekommen. „Bei dem Projekt ist es wichtig, durch die Preise zu zeigen, dass wir die Arbeit der Menschen wertschätzen“, sagt Marleen. Das müsse sich eben auch im Preis niederschlagen.

Starthilfe für junge Kollegen

„Ein voller Erfolg“ ist das Upcycling-Projekt für Thomas Seemann. „Wir sind froh, dass wir beim Zoll jetzt auch die blauen Uniformen wie die Kollegen in ganz Europa haben.“ Dennoch hätte er es sich nicht vorstellen können, die Kleidung der Zöllner einfach zu entsorgen. Den jungen Kolleginnen und Kollegen Starthilfe für ihr ambitioniertes Projekt zu geben, hat dem erfahrenen Beamten Freude gemacht. Und der Kommunikationsexperte greift den jungen Leuten immer mal wieder gerne bei der Werbung unter die Arme.

www.zoll-werkstatt.de

Ausbildungsgänge beim Zoll

Ausbildung: Neben der Ausbildung als Büromanagerin/Büromanager bietet der Zoll zwei weitere Berufslaufbahnen: Die Ausbildung Zollbeamter/in im mittleren Dienst dauert zwei Jahre. Ausbildungsinhalte sind Praxisphasen bei verschiedenen Zolldienststellen in und um Stuttgart sowie im Ausbildungszentrum in Sigmaringen. Voraussetzungen sind die mittlere Reife, das Sportabzeichen sowie die deutsche oder die EU-Staatsbürgerschaft. Außerdem gibt es das Duale Studium Zollbeamter/in im gehobenen Dienst (Diplom- Finanzwirt/in FH). Das Studium dauert drei Jahre. Ausbildungsinhalte sind Praxisphasen bei den verschiedenen Zolldienststellen in und um Stuttgart sowie Studienabschnitte an der Fachhochschule des Bundes in Münster, Nordrhein-Westfalen. Hier werden das Abitur oder die allgemeine Fachhochschulreife, die deutsche oder EU-Staatsbürgerschaft vorausgesetzt.

Jetzt bewerben: Bewerbungsschluss für beide Angebote ist der 30. September 2019. Die Ausbildung beginnt dann im August 2020.