Oliver Mezger hat nach dem Tod seines Vaters Fotografien von ihm gefunden. Foto: Simon Granville

Hans Mezger gehört zu den bedeutendsten Motorenentwickler. 2024 wäre er 95 Jahre als geworden. Die Perg-Galerie in Ludwigsburg stellt Fotos von ihm aus, die erst nach seinem Tod entdeckt wurde. Wer war der Motorenpapst?

Oliver Mezger sitzt in seiner „Kindheitsumgebung“, wie er selbst sagt. Nur wenige hundert Meter von der Perg-Galerie in Ludwigsburg ist der heute 61-Jährige aufgewachsen. Links von ihm lehnen zwei gerahmte Fotos. Ihr Fotograf, Oliver Mezgers Vater Hans, hatte ein Auge für das Zusammenspiel von Architektur und Mensch, ein stiller Beobachter, der technische Details wie Motoren kunstvoll einfing. Hans Mezger wäre am 18. November 95 Jahre alt geworden. 58 seiner Fotos werden ab dem 19. November im Perg ausgestellt – eine Hommage an einen der bedeutendsten Motorenentwickler von Porsche. Wer war der Mann, der auch Motorenpapst genannt wurde?

Die 50er: Erster Arbeitstag bei Porsche

Am 1. Oktober 1956 hat Hans Mezger, gebürtiger Ottmarsheimer, später Ludwigsburger, dann Freiberger seinen ersten Arbeitstag bei Porsche in Zuffenhausen. Viele Jahre arbeitet er in einem kleinen Team, seiner „zweiten Familie“, wie Oliver Mezger es beschreibt. In den 37 Jahren seiner Karriere bei Porsche wird er an der Konstruktion vieler Rennmotoren beteiligt sein: der Sechszylinder-Boxermotor für den 911, der TAG-Turbo Formel-1-Motor, der Zwölfzylinder des 917 Porsche. Mit Letzterem holt Porsche 1970 den Sieg beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans. „Das ist eines der zentralen Themen in der Ausstellung“, sagt Oliver Mezger.

Die Fotos werden im Perg chronologisch aufgereiht. Ein Zeitstrahl soll für Orientierung sorgen. Foto: PERG

Die ausgestellten Fotos wurden zwischen 1957 und 1974 aufgenommen. Sie zeigen beispielsweise das Aufstellen von Rennfahrzeugen auf dem Nürburgring oder das Geschehen bei einem Technologie-Austausch in Moskau. Es sind Fotos, die bislang keiner kannte – Oliver Mezger hat das Material erst nach dem Tod seines Vaters gefunden. „Da wird einem schon warm ums Herz“, sagt er.

Die 60er: Teil des Forme-1-Projekts

1960 wird Hans Mezger Teil des ersten Formel-1-Projekts von Porsche und ist in den Jahrzehnten darauf häufig unterwegs. „Wir Kinder hatten trotzdem nie das Gefühl, zu kurz zu kommen“, sagt Oliver Mezger. Wenn der Vater daheim gewesen sei, habe er sich die Zeit für die Familie genommen.

Für Hans Mezger verschmelzen Arbeit und Familie. Drei Wochen im Jahr machen die Mezgers Urlaub in Zell am See. Im porscheeigenen Familienhotel nimmt sich der Ingenieur Zeit für seine Kinder und Familie und hat gleichzeitig sein Arbeitsumfeld um sich herum. „Die ganze österreichische Rennszene, alle, die irgendetwas mit Porsche zu tun hatten, sind da vorbeigekommen“, erzählt Oliver Mezger. Beschwert habe sich sein Vater nie über das Arbeitspensum.

Seinen Ausgleich findet Hans Mezger in der Fotografie. Auf Reisen hat er seine Kamera dabei und fotografiert dabei Szenen in Städten oder technische Details bei Renneinsätzen. Seinem Sohn Oliver Mezger schenkt er Mitte der 70er seine alte Retina IIIc, mit der der Zehnjährige die Grundprinzipien der Fotografie lernt. Ein Hobby, das verbindet. Oliver Mezger funktioniert irgendwann ein Badezimmer in eine Dunkelkammer um. „Diese Chemikalien will man eigentlich nicht in seinem Badezimmer haben, aber mein Vater fand das cool“, erzählt Oliver Mezger. Was ihn heute besonders berührt: Jahre später habe er in den Bildern seines Vaters seinen eigenen Bildstil wiedererkannt.

Die 80er: Der Höhepunkt seiner Karriere

Ein Höhepunkt von Hans Mezgers Karriere: 1981 entscheiden sich Ron Dennis und sein McLaren-Rennstall dafür, Porsche einen komplett neuen Motor konstruieren, bauen und auch vor Ort bei den Rennen betreuen zu lassen. Hinter dem 1,5-Liter-V6-Motors, der es später im Rennen auf mehr als 1000 PS bringt, steht Hans Mezger. 1984 wird Niki Lauda damit Weltmeister, 1985 und 1986 Alain Prost. Trotz seines Erfolges sei sein Vater zurückhaltend gewesen, habe nie die große Bühne gesucht und sich immer als Ingenieur gesehen. Ein verbindlicher Mann, der im Motorrennsport seine Passion fand.

Hans Mezger 1983 auf der Porsche Teststrecke in Weissach. Foto: imago/HochZwei/Ronco

Die 90er: Nach 37 Jahren in Rente

Anfang der 90er-Jahre setzt Porsche auf Effizienz: weniger Modelle, weniger Teile. Die Rennsportabteilung, wie Hans Mezger sie kennt, wird heruntergefahren. 1993 geht er nach 37 Jahren in Rente. Mit der Eröffnung des Porsche-Museums 2009 bekommen Fahrzeuge, an denen Hans Mezger maßgeblich beteiligt war, wieder eine Plattform. „Da kam dann für ihn wieder so eine Rückbesinnung und Anerkennung“, erzählt Oliver Mezger. Das Porsche-Museum sei für Hans Mezger ein zweites Zuhause gewesen und Ort seinen letzten Auftritts, bevor es im gesundheitlich immer schlechter gegangen sei. Zu seinem 90. Geburtstag kommen auch Schauspieler Richy Müller und der ehemalige Rennfahrer Jochen Mass.

„Seine Loyalität und Verbundenheit zu Porsche war ungebrochen“, schreibt Porsche als Hans Mezger am 10. Juni 2020 stirbt. Ein Zeichen dafür: Bis zuletzt besaß er einen 911 Carrera 3.0 in Grand-Prix-Weiß. Das Fahrzeug ist noch immer in Familienbesitz. „An besonderen Gelegenheiten fahre ich damit, einmal mit meiner Mutter, das war etwas ganz Besonderes“, erzählt Oliver Mezger.

2024: Ein Stück Zeitgeschichte

Mit der Erstausstellung in der Ludwigsburger Galerie, einer ehemaligen Metzgerei, in der die Fliesen der Wurstküche und die Fleischerhaken noch vorhanden sind, scheint es, als würde nun alles an seinen Platz fallen. Hans Mezgers Eltern haben in Ottmarsheim einen kleinen Gasthof mit Metzgerei betrieben – der Metzgerei Mezger.

Die Ausstellung „CAR_ERA“ wird vom 20. November bis 5. Januar im Perg, Asperger Straße 12 in Ludwigsburg zu sehen sein. Die Galerie hat jeden Donnerstag und Samstag von 16 bis 21 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist kostenlos. Am 19. November findet die offizielle Eröffnung statt. Nach der Erstausstellung plant das Perg, die Fotos auch in anderen Städten zu zeigen.