Turnakrobaten des TV Nellingen. Die Aufnahme entstand 1928 im Garten des Restaurants „Schönblick“ in der Hindenburgstraße. Foto: Stadtarchiv Ostfildern

In Nellingen wird dieses Jahr das 900-jährige Bestehen des Filderorts gefeiert. Ostfilderns Stadtarchivar Jochen Bender gibt zu diesem Anlass ein Buch mit rund 200 historischen Aufnahmen heraus.

Ostfildern - Fotos erzählen Geschichten. Aber wer weiß die Hintergründe? Wer kann sich persönlich erinnern? Ostfilderns Stadtarchivar Jochen Bender hofft, dass sich viele Nellinger mit diesen Fragen auseinandersetzen. Zum 900-jährigen Bestehen des größten Ostfilderner Stadtteils, das dieses Jahr mit mehr als einem Dutzend Veranstaltungen gefeiert wird, hat er historische Aufnahmen ausgekramt, die er selbst nicht zuordnen kann und die er deshalb für einen Such-Wettbewerb zusammengestellt hat. Vor dem Treffpunkt im Zentrum an der Halle sind einige Bilder ausgestellt, auch das in diesem Beitrag veröffentlichte. Es zeigt Sportler des Turnvereins Nellingen (TVN) im Garten des Cafe-Restaurants Schönblick in der Hindenburgstraße 5. So viel ist klar: Es stammt aus dem Jahr 1928 und es zeigt Athleten, die ihre akrobatischen Künste nach einem Turnfest nochmals an Gartenstühlen vorführen. Bender fragt nach den beiden Herren links (mit weißem Sakko) und rechts (mit weißer Hose und dunklem Sakko), die bei den Turnern stehen. Wer kennt sie?

Fotoband zum Jubiläum

Nicht alle Fotos, die der Stadtarchivar für die Detektiv-Geschichte zum Mitmachen zusammengestellt hat, sind so harmlos und haben eine so schöne Anmutung. Bei einem Foto kann einem schaudern. Es zeigt einen Ausschnitt des heutigen Bereichs Rinnenstraße/Riegelstraße, der nach einem Fliegerangriff vom 2. März 1944 verwüstet worden ist. Zwei Frauen, die nur verschwommen zu sehen sind, laufen an toten Kühen vorbei. Bender möchte wissen, wo genau die Aufnahme gemacht wurde und welches Haus im Hintergrund abgebildet ist.

An Bilddokumenten von der jüngeren Geschichte Nellingens fehlt es dem Stadtarchivar nicht. Eine Auswahl davon fließt in den Jubiläumsband, den er anlässlich der 900-Jahr-Feier im Sommer herausgeben wird. „Nellingen in alten Ansichten“, so der Titel des Buches, wird wenig Text haben, dafür aber umso mehr Fotos. Impressionen, die vor allem die Zeit von der Jahrhundertwende bis in die 1950er-Jahre beleuchten. Viele der insgesamt gut 200 Aufnahmen stammen aus den 1930er-Jahren. Bender weiß auch, warum gerade aus dieser Zeit so viele historische Fotos archiviert sind: „Da haben die Leute angefangen, selber zu fotografieren.“

Vorstellen wird Bender seine fotografische „Fleckenrunde“ durch Alt-Nellingen am Wochenende 27./28. Juni, dem Höhepunkt des Jubiläumsjahrs. Geplant sind unter anderem ein großer Umzug durch den Ort, ein Street-Food-Markt sowie ein Fildermarkt im Klosterhof. Gefeiert wird an jenem Wochenende auch ein zweiter runder Geburtstag: Der Kirchturm von St. Blasisus ist vor 800 Jahren eingeweiht worden.

Klosterhof als historischer Kern

Die älteste schriftliche Überlieferung, in der Nellingen, das damals noch Nallingin hieß, auftaucht, stammt aus dem Jahr 1120. Eine Papsturkunde bestätigte damals eine weitgehende Schenkung des Ortsadeligen Anselm von Nellingen an das Benediktinerkloster St. Blasien im Schwarzwald. Der um 1220 entstandene romanische Kirchturm im Klosterhof erinnert noch heute an die Epoche, als das Kloster hier eine Propstei zur Verwaltung seiner Güter in Nellingen und Umgebung errichtete. Er überlebte nicht nur die Zerstörungen des Städtekriegs 1449, sondern auch den Bombenangriff während des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1944.

Aus einem kleinen Bauerndorf auf den Fildern ist ein rund 10 500 Einwohner zählender selbstbewusster Stadtteil geworden, der etliche zentrale Einrichtungen der Stadt beherbergt wie das Schulzentrum oder das Zentrum an der Halle.