Vier Künstler zeigen in Plochingen die faszinierenden Gesichter der Dunkelheit. Die mystischen Malereien und die surrealen Fotografien könnten Tatort oder Traumwelt sein.
Mit „Out of the Dark“ ist die Gemeinschaftsausstellung der beiden Maler Werner Fohrer und Klaus Fischer sowie dem Fotografenteam Rolf Linnemann und Christoph von Haussen betitelt. Es sind Bilder und Fotografien „aus der Dunkelheit“, die die Räume der Galerie der Stadt Plochingen und den Schauraum im Kulturpark Dettinger in ein völlig neues Licht tauchen.
Üblicherweise ist die Nacht angstbesetzt. Der Mensch fühlt sich unwohl, wenn’s dunkel ist, egal ob im urbanen Raum oder in der Natur. Man weiß ja nie, was hinter der nächsten Biegung lauert. Auf der anderen Seite können das Zwielicht oder die Dämmerung auch wild romantische Gefühle auslösen. Laternenlicht, das einen Winkel traumhaft ausleuchtet oder Mondschein, der sich schmeichelnd über die Natur legt. So oder so sind Nachtbilder geheimnisvoll und rätselhaft. Man sieht ja nur das, was Fotografen oder Maler zeigen wollen. Den Rest muss man sich denken. Je nach Temperament der Betrachtenden erzeugt die Vorstellung Gänsehaut oder Geborgenheit.
Das Dunkel bleibt unsichtbar
Bei allen Arbeiten muss man genau hinsehen, um das Rätselhafte zu entschlüsseln. Die vier Künstler haben sich für die Wanderausstellung zusammengetan, die bereits in Wetzlar und in Stuttgart zu sehen war. Die Idee der Gegenüberstellung der Werke fand das Team spannend. Fast überall fehlt der Mensch. Lediglich der Esslinger Maler Werner Fohrer, der sein Atelier im Kulturpark Dettinger hat, zeigt in seiner aktuellen Streetlife-Serie verschwommen-anonymisierte Figuren. Sie bewegen sich im nächtlichen Trubel des Großstadtgefüges aber völlig isoliert. Seine zehn Jahre alten Stuttgart-Bilder kommen hingegen völlig ohne Personal aus. Sie haben nichts an Intensität verloren. Das pulsierende, niemals ruhende Leben der nächtlichen Stadtlandschaft beschrieb Fohrer in den Anfängen mit der Airbrushpistole als flüchtiges Wechselspiel von künstlichen Lichtreflexen der Straßen- und Fassadenbeleuchtung und der Scheinwerfer. Das Dunkel der Nacht bleibt unsichtbar.
Großes Drama hingegen bei dem Fellbacher Maler Klaus Fischer. Keine Menschenseele, aber Spuren von Leben zeigen seine fantastisch-mystischen Nachtbilder, allesamt erfundene Wirklichkeit. Sein Spiel mit düsteren Tönen bringt das Auge an die Grenze des Wahrnehmbaren. Man muss schon sehr genau hinsehen, um die Nuancen und Schattierungen der geometrischen Häuserfassaden und Straßenszenerie zu entdecken. Lichtquellen, wie Straßenlaternen oder beleuchtete Fenster, hinter denen ein Fernseher läuft, bekommen erst durch die Finsternis Bedeutung. Man rätselt, was sich wohl dahinter abspielt: Mord und Totschlag oder Lust und Liebe? Interessant ist die Wirkung desselben Hauses, morgens um 10 Uhr und nachts um 22 Uhr gemalt.
Langzeitbelichtung und Wanderlicht
„Magic Places“ nennt das Künstlerduo Rolf Linnemann und Christoph von Haussen die Serie von Nachtaufnahmen mit Wanderlicht. Einfache Dinge, wie ein Fachwerkhaus, das alte Pumpenhaus auf dem Otto Areal, schicke Oldtimer, oder der Bachlauf im Neidlinger Tal lassen die beiden Fotografen aus Weilheim an der Teck in der „blauen Stunde“ oder bei Dämmerung mystisch-surreal erscheinen. Der Trick dabei: Langzeitbelichtung bis zu einer Stunde und gezielt eingesetztes „Wanderlicht“. Das Ergebnis der akribischen Planung, die wie eine Theaterinszenierung erscheint, verblüfft. Die Aufnahmen strahlen Ruhe und Sicherheit aus, wie die Vielfarbigkeit der Uhlbacher Weinberge und irritieren wie das Waldbild, das das Auge magisch hineinzieht von den unschuldsweißen Blüten im Vordergrund ins undurchdringliche Dunkel des dichten Forsts. Man hört förmlich unheimliches Knacken von Geäst. Ehe es so weit ist, gibt’s viel Arbeit für die Fotografen: der Platz ist lange vor der Dunkelheit ausgesucht, die Kamera positioniert, die raffinierte Lichtregie festgelegt. Wenn’s dunkelt, wird auf den Auslöser gerückt und mit Licht „gemalt“; das heißt, die Beleuchter wandern mit der Lichtquelle um das Objekt herum, um die magische Wirkung zu erzielen, die die Fantasie des Publikums beflügelt.
Doppel-Schau
Vernissage
Donnerstag, 12. Juni, 18.30 Uhr, in der Galerie der Stadt Plochingen, Begrüßung: Bürgermeister Frank Buß, Einführung, Kunsthistorikerin Susanne Lüdtke. Anschließend gemeinsamer Spaziergang zum Kulturpark Dettinger mit dem zweiten Teil der Vernissage im Schauraum und kleinem Umtrunk. Die Ausstellung dauert bis 2. August. Besichtigungstermine im Schauraum auf Anfrage unter schauraum-plochingen@gmx.de.
Führung
Die frühere Kulturamtsleiterin Susanne Martin macht am Freitag, 25. Juli, 16 Uhr, einen einstündige Ausstellungsrundgang. Auftakt ist in der Galerie der Stadt Plochingen und führt dann zum zweiten Teil der Präsentation in den Schauraum im Kulturpark Dettinger. Kosten: sechs Euro; Anmeldung über Plochingen-Info, Telefon 07152/7005250, tourismus@plochingen.de, Informationen unter: www.plochingen.de/galerie