Tropfenfänger für Kaffeekannen sind aus der Mode gekommen – leider. Foto: Landesmuseum Württemberg/Dirk Kittelberger

Von der Nadel über radioaktive Zahnpasta bis zur Espressomaschine: Im Museum der Alltagskultur Waldenbuch geht es um Erfindungen – sinnlose und sinnvolle. Die Ausstellung lädt Besucherinnen und Besucher auch zum Miterfinden ein.

Spätabends im Hotel in irgendeiner Stadt. Vielleicht hat man auf dem Weg noch eine Flasche Bier besorgt, um festzustellen: kein Flaschenöffner weit und breit. Erst der Verlust lehrt uns den Wert der Dinge, das scheint sich gerade bei besonders schnöden Gegenständen zu beweisen, bei Korkenzieher und Spargelschäler, Luftpumpe und Hosenknopf. Ob auch der Thermomix zu jenen Dingen gehört, die man nicht missen will? „Ich könnte ohne den Thermomix nicht mehr leben“, behauptet zumindest jemand in der neuen Ausstellung im Museum der Alltagskultur im Schloss Waldenbuch.

Sie widmet sich der Frage, wie es zu all den praktischen Helfern gekommen ist. Einer muss die Nudelmaschine schließlich erfunden haben.

Ist ein Leben ohne „Amazon Echo“ möglich?

„Geht doch!“ nennt sich der Streifzug durch die Schränke, in denen manch fragwürdige Gerätschaft steht. Eierkocher zum Beispiel, mit denen auch die Ansprüche in die Haushalte einzogen, dass das perfekte Ei möglich oder gar nötig ist. Hinter Erfindungen steckt oftmals die hehre Vision, den Alltag praktischer zu machen, einen Beitrag zu leisten, damit die Dinge schneller und leichter von der Hand gehen. Trotzdem ist nicht alles, was Firmen auf den Markt bringen, wirklich notwendig. „Amazon Echo“ ist letztlich genauso fragwürdig wie die Espressomaschine, deshalb ist Marketing eine wichtige Säule im Kapitalismus. Es soll Begehrlichkeiten wecken für die Dinge, ohne die man eigentlich sehr gut zurecht kommt.

Die Nadel ist so perfekt, dass sie nicht optimiert werden musste

Doch vieles von dem, was findige Köpfe konstruierten, verstaubt schon bald im Regal. Anderes hat dagegen Weichen gestellt: Während in früheren Haushalten nach Gefühl Eier und Butter in den Teig gerührt wurden, ist mit der Küchenwaage die Präzision eingezogen – in Kochbücher ebenso wie in Supermarktregale. Eine der wichtigsten und ältesten Erfindungen der Menschheit ist aber die Nadel. Sie hat sich so gut bewährt, dass sie über die Jahrtausende hinweg kaum optimiert werden musste.

Die Mitmach-Ausstellung lädt zum Tüfteln ein

Die Ausstellung in Waldenbuch reißt solche kulturgeschichtlichen Hintergründe allerdings nur knapp an, weil es in dieser „Mitmach-Ausstellung“ dezidiert um die Publikumsperspektive gehen soll. Denn letztlich sind wir alle Erfinder, die versuchen, Dinge im Alltag zu optimieren. So kann man in einer Werkstatt auch selbst kreativ werden und Nachrichten hinterlassen, für welches Problem endlich eine vernünftige Lösung gefunden werden müsste. Am Ende der Schau wird die Liste vermutlich lang sein.

Das Fahrrad aus Kunststoff war nicht stabil genug

Das Fahrrad aus Kunststoff wollte aber tatsächlich niemand kaufen, sodass es schon bald wieder in der Versenkung verschwand. Auch die radioaktive Zahncreme mit Thorium X wurde irgendwann wieder aus den Regalen genommen. Dabei galt sie in den 1940-er Jahren als technische Errungenschaft erster Güte. Die radioaktive Strahlung der Doramad sollte die Abwehrkräfte von Zahn und Zahnfleisch steigern und die Zellen mit neuer Lebensenergie aufladen. Sogar Ärzte empfahlen die Doramad, trotzdem wollten die Menschen sie nach dem Abwurf der Atombomben in Hiroshima und Nagasaki nicht mehr benutzen.

Ausstellung bis 11. Februar, geöffnet Dienstag bis Samstag 10 bis 17 Uhr, Sonntag 10 bis 18 Uhr