Der Club Goldmarks sollte eigentlich schon zu machen. Doch die konjunkturelle Lage hat die Pläne der Betreiber verändert. Noch gibt es Musik und Partys unter dem Charlottenplatz. Doch wie lange noch?
Die Konjunktur lahmt, das Geld wird knapp und folgerichtig weniger gebaut. Auch die Stuttgarter Straßenbahnen haben viele Aufgaben, das Portemonnaie ist dafür nicht ausreichend gut gefüllt. Wann also die Sanierung des Charlottenplatzes beginnt, ist weiter ungewiss. Doch daraus erwächst auch eine frohe Nachricht: In den Katakomben wird weiter getanzt: Der Club Goldmarks hat eine weitere Gnadenfrist, zunächst einmal ein weiteres Jahr.
„Wir haben einen guten Kontakt“, sagt Betreiber Michael Brunner zu seinem Verhältnis zu den SSB und den Ämtern. Und so war dann auch eher die Frage, ob er weitermachen wollte, nicht, ob er weitermachen durfte. Denn das Geschäft mit dem Nachtleben ist ein mühsames und karges. Alle, die mit Ausgehen und Nachtschattengewächsen Geld verdienen, klagen darüber, dass sich nach Corona die Zahlen nie mehr erholt hätten. Streamen und Daddeln ist für viele attraktiver als tanzen und feiern.
Nur ein kurzer Hype
„Einen kurzen Hype“ habe es gegeben, nachdem vor zwei Jahren das drohende Aus abgewendet worden ist. Aber das war es dann auch. Und wie viele seiner Kollegen kennt auch Brunner diejenigen Gäste, die gerne mal wieder vorbeikommen wollen, es aber leider nie schaffen, weil die Umstände halt so blöd sind, und dann aber via Internet ihrer Empörung über das Verschwinden eines Clubs oder einer Kneipe kundtun.
60 Jahre auf dem Buckel
Ein Rückblick: Vor 15 Jahren war Martin Blankenhorn mit seinem Club Universum von Vaihingen unter den Charlottenplatz gezogen und betrieb mit Erich Pientka die Bewirtschaftungs-GmbH Gastronomiebetriebe. Michael Brunner ist der Betriebsleiter des Universum und des Goldmarks, dem kleineren Bruder, der vor einigen Jahren in einem Nebenraum eingerichtet worden war. Der Pachtvertrag mit den Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) lief stets für ein Jahr.
Dann hatten die SSB selbst Bedarf angemeldet. Das vierstöckige Bauwerk war 1966 bei seiner Einweihung topmodern, ganz Deutschland beneidete Stuttgart darum, seine Straßenbahnen tiefergelegt und Platz für Autos geschaffen zu haben. Der Verkehrsknoten ist aber erkennbar in die Jahre gekommen. Der Brandschutz muss auf Vordermann gebracht werden – und in dem Zuge wollen die SSB auch Ruheräume für ihre Fahrer und die Infrastruktur schaffen.
Die Bewirtschaftungs-GmbH wollte nicht mehr weitermachen, der Vertrag lief aus. Doch Brunner hatte Interesse, die Clubs zu übernehmen. Dazu musste er allerdings die GmbH kaufen, denn die Clubkonzession war an die GmbH geknüpft. Ansonsten hätte er eine neue Konzession beantragen müssen, mit allen Unwägbarkeiten und Zeitverzögerungen. Allerdings meldeten sich andere Interessenten, die aber vornehmlich die leere Fläche für ein Jahr bespielen wollten. Sozusagen eine Abrissparty an der anderen feiern – mit entsprechendem Bierverkauf.
Anfangs lange Verhandlungen
Es galt also, viele Interessen unter einen Hut zu bringen. Die beiden Nachtmanager Nils Runge und Andreas Topp schalteten sich ein, Stadträte verhandelten mit. Der Charlottenplatz ist nicht nur ein Verkehrsknoten, er ist auch ein zentraler Ort des Nachtlebens. Das Universum und das Goldmarks ziehen Nachtschwärmer und Konzertgänger an, es ist einer der mittlerweile wenigen Plätze der Stadt, an denen sich Menschen aller Couleur begegnen und wohlfühlen. Und der vor allem als Konzertfläche unentbehrlich ist. Man sieht es der Haltestelle mit all ihren Ecken und Winkeln nicht an, aber hier war immer schon die Kultur zu Hause. Das Theater der Altstadt etwa spielte in den Katakomben, der Club Comix hatte lange hier sein Zuhause.
Kompromiss gefunden
Nach langen Verhandlungen fand man einen Kompromiss. Brunner und Matthias Mettmann, Geschäftsführer des Wizemann, haben die GmbH gekauft, der Pachtvertrag fürs Goldmarks lief bis Ende 2024. Die Flächen des Universum stehen leer. Sie auch zu bespielen, ergibt für Brunner keinen Sinn. Er bräuchte eine Nutzungsänderung. Mit allerlei rechtlichen und finanziellen Folgen.
Wie es mit der Sanierung weitergeht, steht derzeit in den Sternen. So hangelt sich Brunner von Jahr zu Jahr. Und hat damit das Problem, dass es sich für ihn nicht lohnt, unbekannte Bands auf die Bühne zu holen, die sich über die Jahre entwickeln, bekannter werden, mal wieder zurückkommen und ihm den Laden füllen. Genau so wenig ergebe es Sinn eine Partyreihe ins Leben zu rufen, die ein Jahr brauche, um ins Bewusstsein der Gäste zu gelangen.
Wie geht es weiter?
In der Machbarkeitsstudie für den Charlottenplatz ist auch ein Platz fürs Nachtleben eingeplant. Aber so bald die Sanierung beginnt, mache der Betrieb wenig Sinn, sagt Brunner. Eine Baustelle lässt sich mit einem Club schwer vereinbaren. Und bei den mittlerweile üblichen Bauzeiten ist man da schnell bei ein paar Jahren. Deshalb halte er die Ohren offen, ob sich was anderes ergibt. „Aber es ist fraglich, ob es für meine Zwecke einen Laden gibt, der passt und bezahlbar ist.“ Vorerst allerdings wird weiter im Goldmarks Musik gemacht und getanzt. Und mal schauen, wann tatsächlich genug Geld für den Umbau des Charlottenplatzes da ist. Gutmöglich, dass da noch einige Jahre ins Land gehen.