Anneliese Welz führt Besucher durch die Burg Wäscherschloss – und erzählt zum Beispiel, wie früher Feste gefeiert wurden. Foto: Michael Steinert

Die romantische Legende, dass der verliebte Kaiser Barbarossa einer armen Wäscherin die Burg Wäscherschloss geschenkt hat, ist zu schön, um wahr zu sein. Dennoch hat das Bauwerk im Kreis Göppingen ein Alleinstellungsmerkmal, das einen Besuch lohnt.

Die Geschichte wäre so schön: Jedes Mal, wenn der Stauferkaiser Friedrich Barbarossa vom Grab seiner Vorfahren in Kloster Lorch unterwegs zum Hohenstaufen ist, hört er die liebliche Stimme einer singenden Frau. Er will herausfinden, woher die Stimme kommt – und trifft an einem Bachbett auf die arme Wäscherin Rosa. Die beiden reden, lernen sich kennen, entdecken ihre Liebe zueinander. Und irgendwann fragt er sie: „Was singst du denn da immer?“ Da gesteht sie ihm, dass sie sich das Lied selbst ausgedacht habe und es von ihrem Traum handele, keine arme Wäscherin mehr zu sein, sondern reich mit einer eigenen Burg. Barbarossa lächelt und sagt zu ihr: „Diese Burg, die hier gebaut wird, gehört dir. Ich schenke sie dir.“ Die Burg im damaligen Stauferland und im heutigen Kreis Göppingen erhielt den Namen Wäscherschloss.

Ist die Geschichte wahr?

Nein, denn zu der Zeit, als die Burg gebaut wird, ist Kaiser Barbarossa schon seit 30 Jahren tot. Und selbst wenn er noch gelebt hätte, hätten die beiden niemals eine Beziehung miteinander führen können, erklärt Anneliese Welz, die Besucher durch die Burg Wäscherschloss führt. „Barbarossa stand als Kaiser ganz oben in der Hierarchie, eine Wäscherin ganz unten.“ Das wäre undenkbar gewesen. Auch die andere Legende, dass auf der Burg die Wäsche für die Herren vom Hohenstaufen gewaschen worden, kann nicht stimmen. Denn das nächste fließende Wasser zur Burg ist der Beutenbach im Tal – viel zu weit weg von der Burg.

Woher stammt also der Name?

Die wahre Geschichte ist weniger spektakulär. Zwischen 1220 und 1250 wurde auf dem Areal ein Wehr- und Wohnturm gebaut, Auftraggeber war der staufische Reichsministeriale Walter von Schüpf. Da er selbst häufig auf Reisen war, überließ er den Wohnturm seinen Vertretern. Von 1271 lebte dann der Ritter Konrad „der Wascher“ auf der Burg. Dessen Beiname, der vermutlich auf den im Welzheimer Wald fließenden Waschbach zurückgeht, wurde schließlich namensgebend für die Burg.

Warum ist die Burg so besonders?

Um die 40 Burgen gab es einst im Stauferland, also dem Stammland der berühmten mittelalterlichen Herzöge, Könige und Kaiser. Von den meisten Burgen sieht man fast nichts mehr. Die Burg Wäscherschloss ist von allen am vollständigsten erhalten. Besonders ist die Burg aber auch wegen ihrer Gestalt: Sie ist relativ klein und hat eine fast zehn Meter hohe Mauer, die auch den fünfeckigen Burghof umschließt. Und man sieht von der Burg aus perfekt zum Hohenstaufen, dem Stammsitz der Stauferdynastie.

Wie haben die Ritter hier gelebt?

Bei einer Führung lernt man, wie Gemeinschaften im Mittelalter funktionierten und wie der Alltag auf einer Burg aussah. „Ein Ritter musste sich um seine Leute kümmern, aber war gleichzeitig dem König oder Kaiser verpflichtet“, erklärt Annemarie Welz. Die Bürger bezahlten dem Ritter Abgaben, welche mit Steuern zu vergleichen sind.

Dennoch lebten Rittersfamilien nicht in Saus und Braus. An normalen Tagen gab es Suppen und Brei zu essen, lediglich bei Festen wie Hochzeiten wurde groß aufgetischt, dann kamen auch Gaukler und Minnesänger, später wurde getanzt. In dem schmalen Ehebett schlief nicht nur der Burgherr mit seiner Frau, sondern auch der Diener sowie die Kinder; locker fünf Personen. Das war aber auch nötig, „damit es nachts nicht so eiskalt wurde“, sagt Anneliese Welz. Mit sieben Jahren kamen Kinder auf andere Burgen; Jungs lernten dann Reiten, Schwimmen, den Umgang mit Waffen und unterschiedliche Wappen kennen, um selbst Ritter zu werden. Mädchen lernten Lesen und Schreiben und lebten oftmals bereits als Kind bei dem Mann, den sie mal heiraten sollten.

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Wann gibt es Führungen?

Die Burg Wäscherschloss hat zwischen Anfang Mai und Ende Oktober geöffnet; donnerstags bis sonntags sowie an Feiertagen, jeweils von 12 bis 17 Uhr. Der Eintritt kostet 4 Euro, ermäßigt 2 Euro, für Familien 10 Euro. An Sonn- und Feiertagen wird um 15 Uhr eine Familienführung angeboten, bei der Anneliese Welz und ihr Kollege explizit auch auf Interessen von Kindern und Jugendlichen eingehen. Die Führung dauert eine Stunde und kostet inklusive Eintritt 7 Euro für Erwachsene, 3,50 Euro ermäßigt und für Familien 17,50 Euro. Wer möchte, kann den Besuch auf der Burg Wäscherschloss mit einem Besuch im Kloster Lorch verbinden. Ein Kombiticket kostet 8 Euro für Erwachsene, ermäßigt 4 Euro, für Familien 20 Euro. Wer Interesse an Sonderführungen hat, welche sich eher für Erwachsene eignen, sollte Kontakt mit der Burgverwaltung aufnehmen oder sich auf der Internetseite informieren.

Kann man zur Burg wandern oder radeln?

Ja, das geht. Von Lorch im Ostalbkreis aus liegt die Burg sieben Kilometer entfernt. Für Wanderer eignet sich zudem der Löwenpfad namens Staufer-Runde. Beginn ist am Wäscherschloss, die Tour führt auch am Hohenstaufen vorbei (elf Kilometer Strecke, 364 Höhenmeter). Für Radfahrer wird die „König Philip von Schwaben“-Tour empfohlen, die am Kloster Lorch beginnt und am Kloster Adelberg sowie am Wäscherschloss vorbeiführt. Von dort geht es zurück nach Lorch (37 Kilometer Strecke, 371 Höhenmeter).

Wo kann man einkehren?

Direkt bei der Burg Wäscherschloss ist Einkehren schwierig. Das Restaurant im Gasthof Wäscherschloss hat zurzeit nur montags bis samstags geöffnet mit Küchenzeiten von 17.30 bis 19.30 Uhr. Das nahe gelegene Waldcafé im Beutental ist momentan wegen Krankheit geschlossen. In den Orten Wäschenbeuren, Birenbach und Hohenstaufen gibt es aber eine kleine Auswahl an Lokalen, die auch an Wochenenden geöffnet haben.

Unterwegs in der Region

Serie
Auf Erkundungstour in der Region – zu geheimnisvollen Burgen und Ruinen, prächtigen Schlössern und eindrucksvollen Kirchen. Wir machen uns in und um Stuttgart auf die Suche nach Schlossgespenstern, erzählen spannende Geschichten aus vergangenen Tagen und liefern Wissenswertes zu mächtigen Mauern in luftigen Höhen. Unsere Sommerserie widmet sich diesen kulturellen und historischen Sehenswürdigkeiten und bietet Anregungen für Ausflüge, die sich lohnen. Wetten, dass auch für Sie etwas dabei ist?

Anfahrt
Mit dem Auto fährt man über die B 29 bis nach Lorch, dann weiter über die B 297 bis zur Burg Wäscherschloss. Alternativ geht es auch über die B 10 bis zur Ausfahrt Göppingen-Faurndau/ Uhingen-Ost/ Schloss Filseck, dann über die B 297 bis zur Burg. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln geht es zunächst nach Göppingen, von dort mit der Buslinie 931 oder 932 Richtung Schwäbisch Gmünd bis zur Haltestelle Wäschenbeuren Wäscherhofstraße. Alternativ fährt von Lorch aus die Buslinie X 93 Richtung Göppingen ebenfalls zur Wäscherhofstraße. Von dort ist es noch eine Viertelstunde zu Fuß.

Gastronomie
Deutsch-Griechisches Vereinsrestaurant Hüftgold, Maitiser Straße 16, in Wäschenbeuren. Mexikanisches Restaurant Los Amigos, Manfred-Wörner-Platz 2, in Wäschenbeuren.

Weitere Informationen online unter:
www.unsere-burgen.de