Ein rekonstruierter Grabhügel, der ursprünglich über einem keltischen Krieger errichtet wurde. Foto: /Robert Korell

Am Rande des Siebenmühlentals verbergen sich im Stadtwald von Echterdingen Spuren der Kelten. Ein Waldspaziergang, der Wissensdurst stillt und die Fantasie anregt.

Zwischen Bäumen und Tümpeln verbirgt sich im Stadtwald von Leinfelden-Echterdingen, nördlich des Siebenmühlentals, ein uraltes Geheimnis. Die Überreste einer keltischen Befestigungsanlage, einer sogenannten Viereckschanze, liegen am Rande eines großen Grabhügelfeldes, das beinahe 30 noch sichtbare Gräber umfasst. Die über 2000 Jahre alten Grabmale im westlichen Ausläufer des Landkreises Esslingen laden vor allem geschichtsinteressierte und fantasievolle Menschen zu einem Ausflug ins schattige Grün ein. Für Wanderer gibt es außerdem gleich mehrere Routen durch das Siebenmühlental in unmittelbarer Nähe. Die Stadt, das Staatliche Forstamt sowie das Landesamt für Denkmalpflege führen mit einem Lehrpfad zu den wichtigsten Überbleibseln der einstigen Bewohner.

Was ist eine keltische Viereckschanze?

Lange herrschte in der Forschung die Meinung vor, dass es sich bei den viereckigen Bauten um Tempelanlagen der Kelten handelte. Mittlerweile gehen Archäologen jedoch davon aus, dass die zumeist quadratischen Anlagen befestigte Höfe waren. Die Schächte, die man einst für Opferstellen hielt, dienten wohl als Brunnen zur Wasserversorgung der Bevölkerung. Von der um 100 v. Chr. entstandenen Riesenschanze bei Echterdingen, die eine Fläche von beinahe einem Hektar einschließt, ist heute nur noch andeutungsweise der Wall zu erkennen. Rundherum verläuft ein flacher Graben, die Ecken sind leicht erhöht. Der bedeutendste archäologische Fund ist eine einfache Tonscherbe. Für Besucher, die sich gerne in der Natur aufhalten, hat die Schanze in der Federlesmahd, wie das Waldstück heißt, dennoch etwas zu bieten. Der tunnelartige Gang über den ehemaligen Wall ist faszinierend, besonders im goldenen Licht der Nachmittagssonne. Das Wissen, in einer Jahrtausende alten Siedlung zu wandeln, mag zudem bei manchem die Fantasie beflügeln. Eine von zehn Informationstafeln des Lehrpfades liefert zudem Fakten zum ehemaligen Hof.

Gibt es weitere keltische Spuren?

Neben dem einstigen Leben spielt auch der Tod der Kelten für den Lehrpfad eine bedeutende Rolle. Insgesamt 29 Hügelgräber, die etwa 2500 Jahre alt sind, kann man noch heute im Wald erkennen. „Bei dem Versuch, alle zu finden, würde man aber wahrscheinlich kein Glück haben“, sagt der Stadtarchivar Jürgen Helmbrecht, der auch an der Neuauflage des 1984 angelegten Lehrpfades beteiligt war. Bereits im 19. Jahrhundert wurden bei Grabungen verschiedene Keramikgefäße und Schmuckstücke gefunden. Einer der Hügel ist heute wieder in seiner ursprünglichen Form und Größe rekonstruiert und wird von einem grob behauenen Sandstein bekrönt. Bei der Untersuchung dieses Grabes durch die örtliche Volkshochschule und das Landesdenkmalamt wurde unter anderem eine Lanzenspitze gefunden. Offenbar handelte es sich um eine Grabbeigabe. Neben dem Hügel sind fünf steinerne Götterstelen nachgebildet. Die Originalsteine sind im Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart zu sehen.

Wer waren die Kelten?

Der Begriff wurde bereits etwa 500 v. Chr. von griechischen Gelehrten geprägt. Er bezeichnet verschiedene Stämme einer gemeinsamen Kultur. Da die Kelten selbst keine schriftlichen Aufzeichnungen hinterließen, stammen viele Erkenntnisse über sie von antiken griechischen oder römischen Schreibern. Die frühesten archäologischen Funde, die der keltischen Kultur zugeordnet werden, sind mehr als 3000 Jahre alt und gehören zur sogenannten Urnenfeldkultur. Auch heute sind keltische Sprachen in Europa noch verbreitet, etwa in Irland, Schottland und Wales.

Für wen lohnt sich ein Ausflug?

Wer gewaltige Mauern bestaunen möchte, wird auf der Federlesmahd eher enttäuscht. Wer jedoch einen gemütlichen Waldspaziergang in einer Teils mystischen Atmosphäre genießen möchte, kann hier gleichzeitig einiges über die Geschichte des Waldes und die Bewohner der Region von der Steinzeit bis ins Mittelalter erfahren. Der zweieinhalb Kilometer lange Rundweg informiert unter anderem über die Geschichte des Waldes sowie die alte Poststraße. Vor den Kelten lebten bereits in der Steinzeit die ersten Menschen auf den Fildern. Aufgrund der fruchtbaren Böden wird schon seit 5000 v. Chr. Landwirtschaft betrieben. Neben den festen Stationen gibt es für das wache Auge auch Tümpel und allerlei Tiere zu beobachten. Für Familien lohnt sich der Rundgang ebenfalls, die Strecke ist nicht zu lang und für Kinder kurzweilig.

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Wie ist der Lehrpfad zu erreichen?

Am einfachsten fällt die Anreise mit dem Auto. Start und Ziel des Rundwegs liegen direkt am Wanderparkplatz an der Kreuzung der Alten Poststraße mit dem Waldheimweg. Doch auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln lässt sich der Lehrpfad erreichen. Von der Bushaltestelle Tübinger Straße in Echterdingen ist jedoch noch ein Aufstieg über die Waldenbucher Straße nötig, bis zum Beginn des Lehrpfades führt die etwa einen Kilometer lange Strecke fast ausschließlich bergauf. Auch mit dem Fahrrad ist der Beginn des Weges aus verschiedenen Richtungen gut zu erreichen, Fahrradständer am Parkplatz oder an der Spielwiese gibt es jedoch nicht.

Ausflugsziele in der Region

Serie
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Wanderwege in der Nähe
Vom Wanderparkplatz an der Alten Poststraße gibt es mehrere Wanderwege mit unterschiedlich langen Strecken. Eine Informationstafel des Schwäbischen Albvereins am Parkplatz schreibt 18 Routen mit einer Länge zwischen zweieinhalb und gut siebeneinhalb Kilometern aus. Manche davon führen durch das malerische Siebenmühlental. Andere Wege bieten eine tolle Aussicht auf die Filderebene oder den Stuttgarter Flughafen.

Grillplatze
Ganz in der Nähe der Viereckschanze liegt eine Spielwiese. An einem gemauerten Grillplatz können mitgebrachte Speisen zubereitet werden. Tische und Bänke gibt es ebenfalls, auch ein überdachter Bereich ist öffentlich zugänglich.