Immer häufiger zu sehen: Solarmodule an Balkon oder Fassade. Foto: Thorsten Hettel

Spätestens die Energiekrise hat die Nachfrage nach Solarmodulen gesteigert. Stecker-Solarmodule eignen sich theoretisch für jeden. In der Praxis wagen sich aber nicht alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen heran.

Rund 25 000 Stecker-Solarmodule bundesweit sind bei der Bundesnetzagentur registriert. Doch die Dunkelziffer dürfte beträchtlich sein. Schätzungen zufolge ernten derzeit 300 000 bis 500 000 Plug-in-Paneele an Balkonbrüstungen und Fassaden in der Bundesrepublik Sonnenkraft; dieses Bild geben die Verkaufszahlen her. Dass das Interesse wächst, bestätigen Energieberater und Verbraucherzentralen. Obschon die Module vom Prinzip her normale Haushaltsgeräte sind und mit einem Preis von etwa 500 Euro erschwinglich sind, wagen sich nicht alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen heran.

Für wen eignet sich ein Stecker-Solarmodul?

Grundsätzlich können die Plug-in-Module eine Stromquelle für Mieter und Eigentümer sein. Wer ein Set bestellt und keine zwei linken Hände hat, kann schon bald Strom produzieren. Erlaubt sind derzeit maximal 600 Watt, das sind meist zwei Paneele. Durch ihre Mobilität sind die Stecker-Module auch oder sogar besonders für Mieter konzipiert, sagt Hans-Joachim Horn, Energieberater für die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Bisher, so sagt es Horn und weitere Experten, sind es jedoch vor allem Eigentümer, die sich Balkon-Kraftwerkchen anschaffen.

Welche Hürden gibt es bei Balkon-Solarenergie?

Die Installation ist recht simpel, die Anmeldung beim Netzbetreiber und der Bundesnetzagentur auch. Allerdings, und das ist entscheidend, brauchen Mieter die Zustimmung des Vermieters. Eigentümer benötigen die Mehrheit der Miteigentümer. Allerdings: Stellt man das Modul auf die Terrasse oder auf den Balkon, braucht es kein Okay. Eine andere Hürde ist die heiß diskutierte Stecker-Frage. Die einen sagen, es braucht zwangsläufig einen speziellen Wielandstecker. Die anderen geißeln dies als Verhinderungstaktik, sie sagen, ein normaler Schutzkontaktstecker reiche völlig aus. Fakt ist: Es handelt sich um eine Norm, nicht um ein Gesetz. Es ist eine Grauzone. Gerade für Mieter kann es zudem entscheidend sein, eine Steckdose auf dem Balkon zu haben. Denn ein Loch zu bohren, um ein Kabel durchzulegen, dürfte ihnen eher versagt bleiben.

Warum sind Mieter bei dem Thema so zurückhaltend?

Rüdiger Knabbe, Rechtsanwalt für den Mieterverein Stuttgart, bestätigt, dass Mietparteien mit Balkon-Kraftwerken aus seiner Sicht Einzelfälle seien. „Das Thema kommt kaum voran“, er sehe große Berührungsängste, was er schade finde. Er berichtet zudem von einer grundsätzlichen Zurückhaltung, die er bei Mietern beobachte. „Sie sind froh, ihre Ruhe zu haben“, sagt Knabbe. Die Mieter wollten nichts riskieren: „Es ist eine schlechte Zeit, um mit so einem Ansinnen zu kommen.“ Aus Knabbes Sicht ist diese Furcht durchaus begründet. „Vermieterparteien treten teils wirklich gruselig auf.“ Jedenfalls sei das bei jenen Fällen so, die beim Mieterverein aufschlagen.

Wie können Mieter alternativ bei der Energiewende mitmachen?

Die einfachste Möglichkeit ist es, einen Öko-Stromtarif zu wählen. Damit investiert man gewissermaßen in erneuerbare Energien. Der Ausbau als solcher scheint allerdings anderen vorbehalten zu sein: den Eigentümern. Das Stuttgarter Start-up Metergrid möchte Anreize schaffen, dass Eigentümer von Mehrfamilienhäusern Solarenergie auf dem Dach installieren und direkt an die Haushalte verkaufen. „Das ist lohnenswert für alle Parteien“, sagt der Geschäftsführer Martin Lowinski. Metergrid bietet eine Software, die die Stromverteilung und den Papierkram mit den Behörden vereinfacht, wie Lowinski sagt. Nach einer Stunde sogenanntem On-Boarding seien die Kunden fit, das Kraftwerk zu verwalten, heißt es. Die Vision von Metergrid: dass Mieterstrom zum Mainstream wird. Dieses Ziel hat sich auch die Bundesregierung gesetzt, weshalb Mieterstrom entsprechend Aufwind erfahren könnte.