Nur Dächer für PV-Anlage zu nutzen, reicht aus Sicht der Experten nicht aus. Foto: /Philipp Braitinger

Der Ausbau der Solarenergie müsse schneller gehen, mehr Flächen müssten genutzt dafür werden. Das war der Tenor eines Informationsabends in Plochingen.

Der Ausbau der erneuerbaren Energien hat durch den Konflikt mit Russland eine neue Dringlichkeit bekommen. Entsprechend groß war das Interesse an einer Informationsveranstaltung zu dem Thema „Energiewende vor Ort – mit Photovoltaik“, zu der Bündnis 90/Die Grünen und die Offene Grüne Liste (OGL) in Plochingen eingeladen hatten. Rund 50 Gäste wollten am Donnerstagabend die Vorträge im Foyer der Stadthalle hören.

Als Referenten eingeladen waren Jann Binder vom Verein Solar-Cluster Baden-Württemberg, Florian Hoffmann von der Klimaschutzagentur des Landkreises Esslingen und die Kirchheimer Rechtsanwältin für Steuerrecht Antje Krause. Die Rolle des Moderators hatte Andreas Schwarz, Wahlkreisabgeordneter und Grünen-Fraktionsvorsitzender im Landtag. Er sagte: „Putin setzt Energie als Waffe ein. Wir sind alle aufgerufen, ihm ein Schnippchen zu schlagen.“

Schwarz betonte, dass neben der energiepolitischen Unabhängigkeit von Russland der Klimaschutz ein starkes Argument für mehr Photovoltaik (PV) sei. „Wir haben alle noch den heißen Sommer in Erinnerung“, sagte er. Der Ausbau der Solarenergie solle verstärkt werden. „Wir müssen einen Zahn zulegen“, forderte Schwarz. Aber es gehe nicht allein um mehr Solarenergie, sondern um die ökologische Modernisierung von Wirtschaft und Gesellschaft.

Dachflächen werden zu wenig genutzt

Die große Aufgabe sei es, den Ausbau der Solarenergie wirtschaftlich zu ermöglichen. „Ich weiß, die hohen Energiepreise machen vielen zu schaffen“, sagte der Fraktionsvorsitzende. Aber beispielsweise Dachflächen würden bislang zu wenig genutzt. Dabei gebe es da „viel Potenzial“. Das Land wolle auf den Dächern seiner Gebäude bis 2030 PV-Anlagen installieren. „Wir werden die Dächer im Land zu Tankstellen für die Sonnenenergie machen“, versprach Schwarz. Darüber hinaus sollen Flächen wie Lärmschutzwände oder ungenutzte Grundstücke neben Straßen für Solaranlagen genutzt werden. Bis zum Jahr 2040 werde siebenmal so viel Strom aus Photovoltaik und Windkraft benötigt wie bisher.

Ohne die Nutzung von Dachflächen zur Stromgewinnung könnten die Ziele kaum erreicht werden, meinte Jann Binder vom Verein Solar-Cluster Baden-Württemberg. Doch Dächer allein würden nicht ausreichen. Es müssten weitere Freiflächen genutzt werden, so der Fachmann. Eine sinnvolle Alternative dazu gebe es kaum. „Die Kohle geht irgendwann zu Ende“, sagte Binder. Die Sonne liefere dagegen nahezu unbegrenzt Energie, die in Strom umgewandelt werden könne.

Wer auf seinem Dach eine Solaranlage aufstellen möchte, muss allerdings steuerrechtlich einiges beachten. Darauf wies die Rechtsanwältin Antje Krause hin. Wer Strom einspeise, handle zunächst gewerblich. „Es sind viele Formulare, die Sie ausfüllen müssen“, sagte sie. Etwas einfacher werde es, wenn man die Anlage gegenüber dem Finanzamt als Liebhaberei deklariere. Das Liebhabereiwahlrecht und eine Kleinunternehmerregelung ermöglichten eine etwas einfachere steuerrechtliche Behandlung. Ganz ohne steuerrechtliche Hürden ist der Betrieb einer PV-Anlage aber nicht zu haben. Eigentlich könne man mit dem Thema einen ganzen Abend füllen, sagte Krause.

Mehrere Stellen bieten Beratung an

Wer sich mit den technischen, rechtlichen und steuerlichen Aspekten überfordert fühlt, findet an unterschiedlichen Stellen Beratung. „An Information und Wissen fehlt es nicht“, sagte Florian Hoffmann von der Klimaschutzagentur des Landkreises. Darüber hinaus erklärte der Plochinger CDU-Stadtrat Reiner Nußbaum, dass sich in Plochingen eine Regionalgruppe gegründet habe, die das Thema zusammen mit den Teckwerken durch Beratung und Informationsveranstaltungen voranbringen möchte. „Wir haben ein Riesenpotenzial, und es tut sich wenig“, brachte es Nußbaum auf den Punkt. Offenbar seien vielen Menschen die bisherigen Regelungen zu kompliziert.

Erster Informationsabend Am Mittwoch, 9. November, geht es um 19 Uhr im Plochinger Umweltzentrum (Am Bruckenbach 20) um das Thema Balkonmodule.

140 Photovoltaikanlagen pro Tag

Photovoltaik
  Baden-Württemberg will bis 2040 klimaneutral sein. Eine tragende Säule ist der Ausbau der Photovoltaik. Wie viele Solarstromanlagen bis zum Zwischenziel im Jahr 2030 konkret erforderlich sind, hat das Solar Cluster Baden-Württemberg berechnet. Allein auf Hausdächern müssen demnach rund 140 neue mittelgroße Photovoltaikanlagen pro Tag installiert werden.

Pflicht
Um mehr Solaranlagen auf die Dächer zu bekommen, müssen bei allen privaten Neubauten und größeren Renovierungen von Dächern PV-Anlagen installiert werden. Seit 1. Mai 2022 gilt eine Photovoltaik-Pflicht für Eigentümer von neuen Wohngebäuden. Ab 1. Januar 2023 müssen die Eigentümer bei einer grundlegenden Dachsanierung eine Solarstromanlage errichten. Für neu errichtete Bürogebäude, Schulen oder Supermärkte ist die Photovoltaikpflicht seit diesem Jahr in Kraft. Es müssen ferner auf neuen Parkplätzen Photovoltaikanlagen installiert werden.