Grünkohl mit Salzkartoffeln, Pinkel und Kasseler ist ein typisches Wintergericht. Dazu schmeckt mittelscharfer Senf. Foto: Pixabay

Wer das Familienrezept für Grünkohl mit Pinkel haben will, der muss dafür ackern. Das hat die EZ-Reporterin Julia Theermann kürzlich herausgefunden.

Esslingen - Wenn es ein Gericht gibt, das dem Spargel in seiner Beliebtheit und seiner Saisonalität Konkurrenz macht, dann ist es der Grünkohl. Die ostfriesische Palme. Zwar hat wohl jede ostfriesische Familie ihr eigenes Rezept, aber die Grundzüge dürften sich ähneln: Grünkohl, Hafergrütze, Pinkel oder Rauchwurst, Speck oder Kasseler, Kartoffeln und Senf.

Nachdem die Schreiberin dieser Zeilen über den Jahreswechsel auf die traditionelle Heimkehr zu Eltern und Schwiegereltern verzichtet hat, erkundigte sie sich bei den Eltern kürzlich nach dem Familienrezept. Immerhin möchte sie trotz Lockdown und Ausgangssperre nicht auf den Winterklassiker der ostfriesischen Küche verzichten.

Rätseln über Mengen

Der Vater war der Erste, der im Gruppenchat antwortete. Immerhin ist er es, der im elterlichen Haushalt derzeit meist den Kochlöffel schwingt. „Zwiebel anschwitzen, Kohl rein, etwas Salz, mit Gemüsebrühe angießen. Mit Wurst, evtl. Kasseler köcheln“, schrieb er. „Hafergrütze und Pinkel nicht zu früh rein. Mit Pfeffer und Senf abschmecken.“

Gut zu wissen, dachte sich die Autorin. Aber zu einem Rezept gehören ja eigentlich Mengenangaben. Auf die entsprechende Frage hin verneinte der geübtere Koch. Man entwickle ein Gefühl dafür, in welchen Mengen Kohl und Wurst zueinander stehen müssten. „Learning by cooking“, so der Vater. Auch die Schwester äußerte sich im Chat kritisch über die fehlende Genauigkeit: „Was heißt nicht zu früh? Die Grütze soll ja nicht mehr hart sein“.

„Schwung“ und „Schluck“

Insgesamt aber, überlegte die Autorin beim Lesen der Nachrichten, kann sie sich noch glücklich schätzen. Als sie mal die Mutter nach ihrem Pfannkuchenrezept fragte, bekam sie Angaben wie „einen guten Schluck Wasser hinzugeben“ oder „einen Schwung Mehl“.

Und wenn es beim ersten Grünkohlversuch mit dem Mengenverhältnis nicht so ganz hinhaut, gibt es das Essen halt mehrere Tage. Immerhin weiß man ja, dass Grünkohl am zweiten Tag erst so richtig gut schmeckt.