Lewis Hamilton hält den Helm von Michael Schumacher in den Händen und ist ergriffen von der Geste des Sohnes des Rekordweltmeisters. Foto: imago/Zak Mauger

Der Mercedes-Pilot bleibt in der Formel 1 hartnäckig auf WM-Kurs und egalisiert auf dem Nürburgring die Bestmarke von Michael Schumacher. Als Mick Schumacher auftaucht, ist der Brite aber sprachlos.

Nürburg/Stuttgart - Ganz kurz war Lewis Hamilton sprachlos. Trotz Kappe auf dem Kopf und Mund-Nasen-Schutz im Gesicht war dem 35-Jährigen anzusehen, dass er ergriffen war wie selten zuvor in seiner Karriere. Wenige Sekunden zuvor war Mick Schumacher neben ihm erschienen, der Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher, und drückte ihm einen Helm seines Vaters in die Hände. „Das ist ein besonderer Moment“, sagte Hamilton, „den werde ich lange in Erinnerung behalten.“ Beim Großen Preis der Eifel hatte der Mercedes-Pilot seinen 91. Grand-Prix-Sieg routiniert wie häufig in den vergangenen Jahren abgeholt, der auf dem Nürburgring war ein besonderer: Damit zog der Brite mit der Legende nach Rennerfolgen gleich. Er stellte einen Rekord der Formel 1 ein, der vor 14 Jahren als Bestmarke für die Ewigkeit apostrophiert worden war. Am 1. Oktober 2006 hatte Michael Schumacher in China seinen 91. Grand-Prix-Erfolg gefeiert und sich wenige Wochen später aus der Hochgeschwindigkeitsgesellschaft verabschiedet.

Mercedes-Teamchef Toto Wolff hält den Ball flach

Wenn einem Historisches gelingt, darf man emotional sein. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll“, meinte Hamilton mit dem Helm im Arm, „ich bin aufgewachsen, Michael fahren zu sehen, er war ein Idol, mit all der Qualität, die er besaß. In Autorennen auf Video bin ich in seine Rolle geschlüpft. Unglaublich.“ Die Ergriffenheit war kaum gespielt, der Brite hat oft seinen Respekt vor dem Rekordweltmeister betont, auch wenn die Einstellung dieser Marke so zwangsläufig gekommen war wie auf Heiligabend der erste Weihnachtsfeiertag folgt. Bei der Überlegenheit des Silberpfeils war klar, dass dies früher oder später in dieser Saison passieren würde.

Grand-Prix-Erfolg Nummer 91, siebter Saisonsieg im elften Rennen der Saison, im WM-Klassement mit 230 Punkten satte 69 Zähler vor Teamkollege Valtteri Bottas, dem ersten und einzigen technisch ebenbürtigen Verfolger – bei sechs ausstehenden Großen Preisen darf man flapsig formulieren: Wer jetzt ein Vermögen auf einen anderen Champion als Hamilton setzt, besitzt entweder zu viel Geld oder zu wenig Verstand. Oder er heißt Toto Wolff. Der hält als Mercedes-Teamchef den Ball flach und bemüht die Mathematik. „Ich sehe das noch nicht. Erst, wenn es punktemäßig so weit ist“, antwortete der Österreicher auf die Gretchenfrage. 69 Punkte Vorsprung sind beinahe drei Rennsiege, die Bottas gelingen müssten, dabei sollte Hamilton fast leer ausgehen.

Daimler-Chef lobt den Nürburgring-Sieger

Danach sieht es ganz und gar nicht aus. So ziemlich alles spielt dem Titelverteidiger in die Karten. Bottas, der in der Eifel die Pole-Position erobert und beim Start energisch verteidigt hatte, musste seinen Silberpfeil früh mit einem Defekt parken. Und Max Verstappen fehlt im Red Bull das gewisse Etwas, um mit seinem Auto gegen den Silberpfeil anstinken zu können. „Ich habe versucht, an Lewis dranzubleiben, aber Mercedes ist für uns zu schnell“, sagte der Niederländer, der als Zweiter ins Ziel gerast war. Bei Mercedes war es ein Feiertag, den der Daimler-Konzernchef proklamierte. „Das ist ein historischer Tag. Lewis hat diesen Sieg verdient. Was er alles erreicht auf der Rennstrecke, ist einmalig“, lobte Ola Källenius. Wenn kein Motorsport-Wunder geschieht, egalisiert Lewis Hamilton noch dieses Jahr den nächsten Rekord, den Michael Schumacher für die Ewigkeit gezimmert hatte – und wird zum siebten Mal Weltmeister.