Schutzgebiete, Biotopvernetzung und ökologische Landwirtschaft helfen den Tieren – das zeigt eine neue Erhebung. Der Rückgang ist dennoch dramatisch.
Seit vier Jahren untersucht die Landesanstalt für Umwelt in Karlsruhe, wie es in Baden-Württemberg um die Insekten steht – dieses Monitoring war eingeführt worden, nachdem die berühmte und bis heute erschreckende Krefelder Studie 2017 ergeben hatte, dass die Zahl der Insekten innerhalb von 27 Jahren um drei Viertel zurückgegangen war. Seit 2018 nun wurden im Südwesten in 6100 Proben 342 000 Schmetterlinge, Laufkäfer und Widderchen gezählt. Und was sind die Ergebnisse?
Sie bestätigen im Wesentlichen, was man dem Gefühl nach schon bisher wusste. So konnten die Experten der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) nachweisen, dass die Zahl der Individuen in den untersuchten 40 Flächen in Naturschutzgebieten um zwei- bis dreimal höher ist als in den je 80 beobachteten Flächen im „normalen“ Grün- und Ackerland. Auch Biotope in der Landschaft sorgen für mehr Artenvielfalt.
BUND sieht fünf weitgehend verlorene Jahre
Daneben wurde deutlich, dass Laufkäfer sich auf Äckern der ökologischen Landwirtschaft wohler fühlen als auf konventionell bewirtschafteten Böden. Bei Schmetterlingen machte die Bewirtschaftungsform keinen Unterschied: „Auf den Äckern ist kein Platz mehr für Schmetterlinge“, resümierte Florian Theves, der das Monitoring leitet.
Martin Bachhofer, der Landesgeschäftsführer des BUND Baden-Württemberg, zeigte sich enttäuscht von den Ergebnissen – es sei nichts Neues dabei: „Um dem rasanten Artensterben Herr zu werden, hätte man die letzten fünf Jahre besser nutzen können, statt Altbekanntes durch Daten zu bestätigen“, sagte Bachhofer. Nicht analysiert wurde übrigens der Rückgang der Insektenzahlen – dafür seien vier Jahre zu kurz. Die Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) sieht Baden-Württemberg dennoch auf dem richtigen Kurs. Die Ergebnisse zeigten, wie wichtig es sei, den Anteil der ökologischen Landwirtschaft bis 2030 auf 30 bis 40 Prozent zu steigern – so der Plan der Landesregierung. Die Menge an Pestiziden soll bis zum gleichen Jahr möglichst halbiert werden. Daneben müsse in die Kulturlandschaft ein Anteil von rund 15 Prozent an Biotopen eingestreut und vernetzt werden. Walker räumte aber ein: „Wir haben schon noch etwas zu tun.“
Der Südwesten steht wohl nicht besser da als andere Bundesländer
Angesichts anderer Studien ist das mehr als untertrieben. So hatte die LUBW schon nach dem ersten Monitoringjahr, also 2019, Zahlen zur Biomasse veröffentlicht. Danach waren pro Tag gerade noch fünf Gramm an Insekten in die Fallen gegangen – das entspricht recht genau den Messungen der Krefelder Studie. Baden-Württemberg scheint sich demnach beim dramatischen Abwärtstrend nicht von anderen Bundesländern zu unterscheiden trotz einer mittlerweile zwölfjährigen grünen Regierung.
Schwebfliegen und Schlupfwespen vor dem Verschwinden
Die Zählungen an einer Forschungsstation am Randecker Maar (Kreis Esslingen), die teilweise seit 50 Jahren laufen und damit europaweit einmalig sind, ergaben 2020 gar Rückgänge bei Schwebfliegen von 97 Prozent und bei Schlupfwespen von 86 Prozent.
Das Insektenmonitoring ist Teil eines Sonderprogramms für den Artenschutz, das nach Bekanntwerden der Krefelder Studie gestartet wurde. 2020 kam das „Biodiversitätsstärkungsgesetz“ dazu. Seit 2011, dem Beginn der grünen Regierung, wurde zudem der Naturschutzetat von 30 auf rund 115 Millionen Euro aufgestockt.