Gottfried Böhm (1920–2021) Foto: dpa/Hartmut Reeh

Er gilt als einer der bedeutendsten deutschen Architekten der Nachkriegszeit und hat auch in Stuttgart zwei Bauten hinterlassen. Nun ist Gottfried Böhm im Alter von 101 Jahren gestorben.

Köln - Der international renommierte Architekt Gottfried Böhm ist tot. Er starb am Mittwoch im Alter von 101 Jahren, wie das Architekturbüro Paul Böhm am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Köln bestätigte. Böhm schuf Architektur-Ikonen wie die Wallfahrtskirche im rheinischen Neviges, ein Kinderdorf, das Potsdamer Theater oder die Stadtbibliothek Ulm.

1986 erhielt Böhm als erster Deutscher den amerikanischen Pritzker-Preis, der als „Nobelpreis für Baukunst“ gilt. Das umfangreiche Œuvre des Baukünstlers, das sich nahezu ausnahmslos auf Deutschland beschränkt, enthält mit dem Züblin-Bau in Möhringen und dem Pausenpavillon des Opernhauses auch zwei Stuttgarter Bauten. Mit dem Kuppelbau zwischen Verwaltungstrakt und Opernhaus hatte Gottfried Böhm 1984 ein Schmuckstück geschaffen. Inzwischen ist der Pavillon für den Pausenansturm viel zu klein – ein Abriss des Architektur-Kleinods ist vorgesehen.

Beton, Stahl und Glas

Typisch für Böhmes Bauten aus Beton, Stahl und Glas sind eine kühne Statik mit Hängedächern, Kuben, Zylindern oder Kegeln. Böhm wurde am 23. Januar 1920 in Offenbach am Main als Sohn des Architekten Dominikus Böhm geboren. Sein erster eigenständiger Bau war die Kapelle „Madonna in den Trümmern“, die 1947 bis 1950 in der Ruine der Kölner Pfarrkirche Sankt Kolumba errichtet wurde. Heute ist sie in das 2007 eröffnete Kölner Diözesanmuseum Kolumba integriert.

Wallfahrtskirche in Neviges als wichtigstes Werk

Als Böhms bedeutendstes Werk gilt die Wallfahrtskirche in Neviges. Neben rund sechzig Kirchen plante er auch viele Wohn-, Geschäfts- und Rathäuser, Verwaltungszentren, Theater und Bürobauten, darunter die WDR-Arkaden in Köln, sowie das Kinderdorf im Stadtteil Bensberg von Bergisch Gladbach. Der Architekt war auch für die Wiederherstellung und Renovierung der Dome von Trier und Eichstätt verantwortlich. Zu seinen jüngeren Objekten zählt die Stadtbibliothek in Ulm in Form einer gläsernen Pyramide und das Hans Otto Theater in Potsdam.

Kein Brutalismus?

Experten, die in seinen wuchtigen Betonbauten eine brutalistische Architektur sehen, widersprach Böhm. Er wolle doch nicht als brutaler Mensch gelten, sagte er im Interview der KNA zu seinem 100. Geburtstag. „Nur weil ich Beton verwende? Sind Kirchen in Granit dann auch brutalistisch?“ Ihm gehe es darum, dass seine Bauten „innen drin und auch außen Wärme ausstrahlen“.