Es kommt auch auf die Feinheiten an: Arbeitsminister Hubertus Heil zu Besuch in einem Holzwerk. Foto: dpa/Basil Wegener

Hubertus Heil war einmal der Offensivspieler der SPD. Bei den Themen Bürgergeld und der Integration von Ukrainerinnen und Ukrainern in den Arbeitsmarkt ist er nun unter Druck geraten. Unterwegs mit einem, der kämpfen muss.

„Wo kommen Sie her? Was haben Sie in ihrer Heimat gearbeitet?“ Und: „Wie geht es Ihnen hier im Betrieb?“ Arbeitsminister Hubertus Heil ist zu Besuch in den Dold Holzwerken in Buchenbach im Schwarzwald. Er hat sich durch das Werk führen lassen und unter Anleitung eine kleinere Maschine bedient. Jetzt stellt der Minister, der eine orangene Weste über dem Anzug trägt, jede Menge Fragen. Denn in dem Unternehmen gelingt die Integration von ukrainischen Geflüchteten gut.

Heil war mal der erfolgreichste Offensivspieler für die SPD. Er hat in der großen Koalition mit der Union sozialdemokratische Politik durchgeboxt – und das in der Ampel auch so fortgesetzt. Doch nun steht der 51-Jährige unter Druck, die Integration der Ukrainerinnen und Ukrainer in den Arbeitsmarkt zu beschleunigen. Und das Bürgergeld – eine Reform, die Heil erfolgreich mit den Koalitionspartnern und der Union verhandelt hat – ist bei vielen Menschen im Land in Verruf geraten. Heil hat es gerade alles andere als leicht. Er muss jetzt kämpfen.

Eine hässliche Stimmung

Unterwegs auf Sommerreise

Der Arbeitsminister ist auf Sommerreise unterwegs. Solche Reisen dienen dazu, in Unternehmen hineinzuschauen. Es geht um eine breite Palette von Themen: von Künstlicher Intelligenz in der Landwirtschaft bis hin zu einem Besuch im Entwicklungszentrum von Porsche. Im Holzwerk steht die Frage der Jobintegration von Ukrainern im Mittelpunkt. Es herrscht mittlerweile eine hässliche Stimmung rund um dieses Thema. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat gefordert, Ukrainer sollten arbeiten oder zurück in ihr Heimatland. Heil sagt dazu, Dobrindt wolle „mit dumpfen Gefühlen Menschen gegeneinander ausspielen“. Einigkeit besteht allerdings über eins: Die Integration in den Arbeitsmarkt sollte schneller gehen.

Heils politische Erfahrung ist, dass man gelegentlich etwas aushalten muss, um aus der Defensive zu kommen. „Jetzt stellen Sie sich mal vor, dass keine Journalisten dabei wären“, sagt Heil dem Personalchef der Dold Holzwerke, in Begleitung von etwa 20 politischen Berichterstattern aus der Hauptstadt. Martin Wiedemann – ein Mann mit einer Brille mit dünnen Rändern – entgegnet, die Arbeitgeber bräuchten einen zentralen Ansprechpartner. Es seien zu viele Behörden involviert, sagt der Personalchef. „Gerade am Anfang ging alles zu langsam“, kritisiert er. Dann sagt er aber auch, mit dem Job-Turbo – also dem Programm von Hubertus Heil, das die Vermittlung in den Arbeitsmarkt beschleunigen soll – ginge jetzt einiges besser.

Heil möchte als Pragmatiker gesehen werden – und keinesfalls als einer, der vor allem den Bezug von Sozialleistungen fördern will. Er hat die Bürgergeldreform durchgeboxt, aber er hat auf die harte öffentliche Kritik an dem Gesetz im vergangenen Jahr auch reagiert. Totalverweigerern kann jetzt bis zu zwei Monaten das Bürgergeld komplett gestrichen werden. Ergebnis der Haushaltsverhandlungen in der Ampel ist nun, dass bei den Sanktionen noch mal nachgeschärft wird. Künftig soll zudem ein Arbeitsweg von bis zu drei Stunden täglich zumutbar sein.

Ein „lernendes System“

Politik als lernendes System

Heil sagt, er sei froh, dass es nun eine Gesamteinigung beim Haushalt gebe – mit vielen Kompromissen. Hält er die vereinbarten Verschärfungen beim Bürgergeld für richtig? Oder handelt es sich um eine Rolle rückwärts der eigenen Politik? Nein, sagt er. „Das Bürgergeld bleibt die Grundsicherung für Menschen, die in Not geraten sind“, betont Heil. Richtig ist, dass nun an einigen Stellen nachgesteuert werde. „Wir sind ein lernendes System in der Politik.“

Bei den Dold Holzwerken – wo man das Holz auch intensiv riechen kann – berichteten drei geflüchtete Frauen, die noch sehr holprige Deutschkenntnisse haben, Hubertus Heil von ihrer Geschichte. Eine ist in der Heimat Choreografin gewesen, jetzt ist sie Hilfsarbeiterin im Werk. Eine der Frauen ist noch ganz neu im Unternehmen, sagt aber schon: „Alle hier haben mich sehr gut aufgenommen.“ Der Personalchef sagt, das Unternehmen brauche die Arbeitskräfte. Wer arbeite, sei gleich besser integriert, sagt Heil. Auch darum gehe es: dass geflüchtete Menschen auf diese Weise in erster Linie als Kolleginnen und Kollegen gesehen würden.