Die neue Anzeigenrichtlinie des Sozialen Netzwerks ist seit dem 1. Juli in Kraft. Foto: imago images/ZUMA Wire/Thiago Prudencio via www.imago-images.de

Kein Platz für Body-Shaming: Auf dem Sozialen Netzwerk Pinterest ist seit dem 1. Juli Diät-Werbung verboten. Ein Stuttgarter Ernährungstherapeut erklärt, was er davon hält – und welche Auswirkungen solche Anzeigen haben können.

Stuttgart - Egal auf welcher Plattform man gerade ist – die Sozialen Medien sind mittlerweile voller Werbung. Dabei handelt es allerdings nicht nur um Anzeigen für Kleidung, Kosmetik oder ähnliches: Auch Diätprogramme oder Produkte zum Abnehmen werden auf Social Media beworben. Das Soziale Netzwerk Pinterest hat nun jedoch eine neue Anzeigenrichtlinie eingeführt, die alle Formen der Werbung für Gewichtsabnahme auf der Plattform verbietet. Das Netzwerk will so die mentale Gesundheit der User schützen und Body-Shaming verhindern.

Bei Pinterest handelt es sich um eine Art Online-Pinnwand: Nutzer geben zu Beginn ihre Interessen an und bekommen, wenn sie die Anwendung nutzen, Bilder zu diesen Themengebieten gezeigt. Fotos, die den Usern gefallen, können sie in Pinnwänden abspeichern und mit Freunden teilen. 478 Millionen Menschen sind laut der Plattform jeden Monat auf Pinterest aktiv, 60 Prozent der weltweiten Nutzer sind Frauen. Die große Mehrzahl der User ist laut dem Portal futurebiz zwischen 18 und 24 Jahre alt.

Alle Körperformen gehören auf Pinterest

Der Grund für die neue Werbe-Richtlinie: Viele Menschen hätten nach 15 Monaten in der Corona-Pandemie mit ihrem Körperbild und ihrer mentalen Gesundheit zu kämpfen, argumentiert die Plattform. Gerade im Sommer mache sich das bemerkbar. „Pinterest ist der Ort, den Menschen für Inspiration aufsuchen, um das Leben zu erschaffen, das sie lieben“, so das Netzwerk zu der Richtlinie. „Hier gehört jeder hin – egal welche Körperform oder Kleidergröße.“ Pinterest wolle es seinen Usern ermöglichen, ohne Diät-Werbung ihren Sommer zu planen. Dadurch könnten sich die Nutzer besser auf das konzentrieren, was wirklich wichtig ist.

Seit dem ersten Juli ist deshalb die neue Werbe-Richtlinie auf der Plattform in Kraft. Verboten sind nun Bilder und Texte zum Thema Gewichtsverlust, Erfahrungsberichte zum Abnehmen und alles, was bestimmte Körperformen idealisiert oder brandmarkt. Auch darf auf Pinterest nun nicht mehr mit dem Body-Mass-Index oder vergleichbaren Indizes geworben werden. Anzeigen für Abnehm-Produkte, die auf der Haut angebracht oder aufgetragen werden, sind ebenfalls nicht mehr erlaubt.

Plattform ergänzt bestehende Werbe-Regeln

Schon vor Veröffentlichung der neuen Richtlinien setzte sich Pinterest gegen Diät-Werbung auf der Plattform ein. Beispielsweise war es bereits verboten, für Abnehm-Pillen oder Eingriffe wie Fettabsaugungen zu werben. Pinterest erlaubte außerdem zuvor auch keine Vorher-Nachher-Fotos im Zusammenhang mit Gewichtsabnahmen sowie Bilder und Texte, die sich über bestimmte Körperformen lustig machen.

Pinterest ist durch die neue Richtlinie die einzige Plattform, die sämtliche Formen der Diät-Werbung verbietet. Auf Instagram werden bisher nur für Minderjährige Werbebeiträge für Produkte zur Gewichtsabnahme verborgen. Facebook formuliert einige Anforderungen an Anzeigenkunden in ihren Richtlinien. Dort heißt es, Werbeanzeigen für Gesundheitsprodukte dürften keine Vorher-Nachher-Bilder oder Fotos mit unwahrscheinlichen Ergebnissen beinhalten. Außerdem sei es nicht erlaubt, durch die Werbung eine negative Selbstwahrnehmung zu fördern, um eigene Produkte für eine Diät oder Gewichtsabnahme besser verkaufen zu können. Pinterest fordert die anderen Sozialen Netzwerke dazu auf, seinem Beispiel zu folgen. Sie sollen anerkennen, dass es mehr als nur eine Körperform gibt.

Das meint ein Stuttgarter Ernährungsexperte zum Verbot

Auch Sven Bach, Ernährungstherapeut aus Stuttgart, betrachtet Abnehm-Werbung in den Sozialen Medien kritisch. Er beobachte gerade auf Facebook oder Instagram, dass oft unwissenschaftliche Dinge zum Thema Gewichtsverlust beworben werden. Dazu gehören beispielsweise Stoffwechselanalysen. „Da wird versucht, schnelles Geld zu machen“, erklärt Bach. Dass Werbung für unerforschte Produkte und unseriöse Diäten auf einer Plattform verboten werden, könne er deshalb verstehen.

Anzeigen zum Thema Gewichtsverlust bringen laut dem Ernährungstherapeuten aber auch andere Probleme mit sich – je nach dem, wer sie sich anschaut. „Grundsätzlich kann Werbung für Diäten gerade bei jungen Frauen gefährlich und kritisch sein“, erklärt er. „Solche Anzeigen können ein falsches Idealbild vorgaukeln.“ Vor allem junge Mädchen würden oft versuchen, diesem Körperbild oder schlanken Personen aus den Medien nachzueifern – und könnten dadurch auch in eine Essstörung rutschen. „Man bekommt eine falsche Ansicht zu Ernährung, Gewicht und Gesundheit“, sagt Sven Bach. Aus seiner Erfahrung mit Personen dieser Altersgruppe weiß er: „Dieser Druck auf sich selbst macht die Leute nur verrückt.“

Verschieden Körperformen seien normal

Der Ernährungstherapeut spricht sich auch gegen solche idealisierte Körperbilder aus. „Man kann nicht sagen, dass jemand so aussehen muss“, so Bach. „Fakt ist, dass es Menschen mit unterschiedlichen Figuren gibt.“ Personen, die gleich groß sind und gleich viel essen, hätten häufig trotzdem einen anderen Körperbau und ein unterschiedliches Gewicht. „Sie sind einfach genetisch anders, solche Unterschiede gibt es“, erläutert der Ernährungstherapeut.