Bereits vor einem Jahr hat die CDU-Gemeinderatsfraktion den Ausschluss des Palästinakomitees aus dem Forum der Kulturen gefordert. Jetzt erneuert sie diese Forderung – und zwar„kompromisslos“. Das Forum der Kulturen sieht das anders.
Der CDU im Gemeinderat „reicht’s“, wie sie betont. Nach jüngsten Verlautbarungen des Palästinakomitees Stuttgart fordert sie die Stadtverwaltung auf, darauf hinzuwirken, dass der Verein aus dem Forum der Kulturen, dem Dachverband von rund 170 Migrantenvereinen in Stuttgart, ausgeschlossen wird. In einem Antrag heißt es zur Begründung, das Palästinakomitee habe sich wiederholt antisemitisch geäußert und verherrliche Terrororganisationen. Die Stadt solle außerdem rechtlich prüfen, ob dem Verein der Eintrag als kulturelle Einrichtung auf der städtischen Homepage entzogen werden kann und unter welchem Voraussetzungen Demonstrationen des Palästinakomitees verboten werden könnten
Als „größter finanzieller Unterstützer des Forums der Kulturen“ sieht die CDU die Stadt in der Verantwortung. Es dürfe nicht sein, dass Antisemiten von Steuergeld und städtischer Infrastruktur profitierten. Staatliche Institutionen müssten „gerade in diesen Zeiten mit Taten vorangehen, um unseren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu zeigen, dass wir Antisemitismus auf deutschem Boden niemals wieder dulden werden“. Die CDU verweist dabei auch auf die Satzung des Forums der Kulturen, wonach „Vereine mit parteipolitischen oder vorrangig religiösen Zielsetzungen“ von der Mitgliedschaft ausgeschlossen seien.
Facebook-Postings als Beleg für antisemitische Äußerungen
Die CDU-Gemeinderatsfraktion hatte die Forderung nach einem Ausschluss bereits kurz nach dem Terrorangriff der Hamas vom 7. Oktober 2023 erhoben. Die FDP schloss sich dem an. Das Forum der Kulturen erklärte daraufhin, das Gespräch mit dem Palästinakomitee suchen zu wollen. Aus Sicht der CDU war dies fruchtlos: „Heute, ein Jahr nach dem Massaker an den Israelis, sind wir an einem Punkt angekommen, an dem wir kompromisslos den Ausschluss des Palästinakomitees fordern“, heißt es in dem jetzt eingereichten Antrag. Die antisemitischen Äußerungen des Palästinakomitees hätten zuletzt deutlich an Schärfe zugenommen.
Zum Beleg verweist die CDU auf Facebook-Postings des Vereins. Darin würden Palästinenser in Arabisch aufgefordert, den Widerstand und die Selbstverteidigung für Freiheit und Würde auf dem gesamten Boden des besetzten Landes fortzuführen. Damit werde die Forderung erhoben, „dass der Staat Israel von der Landkarte verschwinden soll“. Mittels eines Übersetzungsprogramms lägen diese Äußerungen offen.
Die Stadt hatte strikte Auflagen für die Demonstration gemacht
Bei einer Demonstration am Jahrestag des Massakers am 7. Oktober auf dem Schlossplatz und anschließendem Zug durch die City hatte das Palästinakomitee die Hisbollah und die Hamas zu legitimen Vertretern palästinensischer Interessen erklärt. Eine der Rednerinnen, Fanny-Michaela Reisin von der Organisation „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ und Ex-Präsidentin der Internationalen Liga für Menschenrechte, sagte, die Hamas sei keine Terrororganisation, sondern „eine nationale Widerstands- und Befreiungsbewegung“. Ein anderer Redner erklärte: „Diese Organisationen vertreten den Nahen Osten. Dahinter stehen Millionen Menschen.“ Anschließend wurde den „politischen Führern unseres Volkes, die getötet wurden“ mit einer Schweigeminute gedacht. Dem Verein war seitens der Stadt untersagt worden, Symbole der Hisbollah und der Hamas zu zeigen. Auch der Ruf „From the River to the sea“ war verboten. Darauf wies ein Redner auch ausdrücklich hin. Gleichzeitig sagte er: „Die Behörden können uns nicht verbieten vom historischen Palästina zu reden – und das ist ,From the river to the sea’“.
Rolf Graser, der Geschäftsführer des Forums der Kulturen, äußerte sich auf Anfrage zu der CDU-Forderung nach einem Ausschluss des Vereins. Mit dem Palästinakomitee und dessen Äußerungen zum Krieg im Nahen Osten haben man sich immer wieder beschäftigt. Gewaltfreiheit und das Bekenntnis zur Demokratie seien zentral für eine Mitgliedschaft im Forum der Kulturen, betonte er: „Aber für einen Ausschluss sieht das Vereinsrecht hohe Hürden vor.“ Man sei im Dialog mit Verfassungsschutz und Polizei, habe von dort jedoch keine Erkenntnisse, die einen solchen Schritt rechtfertigen würden. Die Stadt habe selbst bereits zweimal versucht, das Palästinakomitee von der städtischen Webseite zu streichen, sei damit aber vor dem Verwaltungsgericht gescheitert. „Wir stehen für Dialog, nicht für Ausgrenzung“, sagte Graser. Und: „Stuttgart ist mit diesem Weg bisher gut gefahren.“
Das Forum der Kulturen wird laut Stadtverwaltung in diesem Jahr mit rund 660 000 Euro aus dem städtischen Haushalt unterstützt. 2025 steigt die Summe auf knapp 710 000 Euro. Die Mitgliedsvereine können eine Förderung für Projekte beantragen. Das Palästinakomitee hat laut Graser noch nie eine Förderung beantragt, also auch kein Geld erhalten.