Ohne Wirkung ist dieses Verbotsschild am Ortsrand von Ruit. Foto: Roberto Bulgrin

Viele Autofahrer ignorieren das Verbotsschild am Ortsrand von Ruit: Um schnell ins Neckartal zu kommen, benutzen sie den Schleichweg nach Weil – sehr zum Ärger der Anlieger.

Ostfildern - Wer frühmorgens oder abends nach der Arbeit zwischen Neckartal und Filder pendeln muss, kennt das Problem: Auf den Hauptrouten reiht sich Auto an Auto, Staus sind an der Tagesordnung. Ortskundige, die ihr Nervenkostüm nicht strapazieren und Zeit sparen wollen, haben sich deshalb eine Schleichstrecke ausgesucht, auf der sie alle Hindernisse bequem und vor allem schnell umfahren können. In wenigen Minuten ist man von der Hedelfingerstraße in Ruit unten in Weil – allerdings auf einer für den öffentlichen Verkehr gesperrten Strecke. Aber das ist augenscheinlich vielen egal. Die Zahl derer, die dort verbotenerweise unterwegs sind, hat sich nach den Beobachtungen von Anliegern deutlich erhöht. So sehr, dass Spaziergänger auf der Hut sein müssen, wenn sie auf der kurvigen Strecke nicht von einem plötzlich auftauchenden Auto angefahren werden wollen.

„Das sind keine Anlieger“

Rose Scherbaum hat gerade in den vergangenen Wochen etliche brenzlige Situationen erlebt. „Da lebst du gefährlich“, schimpft sie. Weil sie die abgeschiedene Gegend mag und den schönen Blick ins Neckartal genießt, ist die Rentnerin dort dreimal am Tag unterwegs und führt ihren Hund Gassi. Und jedesmal ärgert sie sich über die Rücksichtslosigkeit vieler Autofahrer. Weil für Scherbaum nun das Maß voll ist, hat sie für diesem Montagabend den EZ-Reporter eingeladen, damit der sich vor Ort selbst ein Bild über die Zustände machen kann. Tatsächlich: Man ist kaum auf den schmalen Weg eingebogen, schon kommt das erste Auto daher. Aber der Fahrer schaut wenigstens und kurvt langsam an den Fußgängern vorbei. Im Drei-Minuten-Takt folgen weitere, die das Schild „Durchfahrt verboten“ einfach ignorieren. Sind das möglicherweise Stückles-Besitzer, die nur zu ihrem Grundstück fahren und die sich deshalb auf den Zusatz „Land- und forstwirtsch. Verkehr frei“ berufen können? „Ausgeschlossen“, sagt Scherbaum. Mittlerweile kennt sie die Leute und weiß, dass sie nur der Abkürzung wegen auf dem Sträßchen unterwegs sind, auch wenn es viele schadhafte Stellen gibt und man so manches Schlagloch umfahren muss. Das bestätigt ein älteres Ehepaar, das gerade von seinem Grundstück aufgebrochen ist und nach getaner Arbeit nach Hause läuft. „Da ist keiner ein Anlieger. Den würden wir kennen“, sagt der Mann. Die von Rose Scherbaum monierte Rücksichtslosigkeit hat das Ehepaar schon häufig erlebt: „Die Zischen da runter. Da bist du deines Lebens nicht mehr sicher.“ Die Zahl der Schwarzfahrer habe deutlich zugenommen. „Das war früher längst nicht so schlimm.“

Das deckt sich mit den Erfahrungen von Karin Gallus, die oben am Beginn der kleinen Straße wohnt und zu den Stoßzeiten gerne mal zählt, wie viele den verbotenen Weg befahren. Sieben Autos in nur 20 Minuten, wie sie der EZ-Reporter an diesem frühen Abend gezählt hat, sind nach Gallus’ Aussagen keine Seltenheit. Manchmal sind es noch deutlich mehr.

Beschwerden nicht ernst genommen

Selbst Taxi-Fahrer benutzten den Weg, hat Rose Scherbaum beobachtet. Dass Spaziergänger in Gefahr gebracht werden, ist für sie schon übel genug. Hinzu komme, dass auf der Strecke, an der es einen Bachlauf gibt, massenweise Kröten, Blindschleichen und in wärmeren Monaten auch Salamander überfahren würden. Von letzteren hat sie mal acht Stück zerquetscht auf der Straße liegen sehen.

An wen sich die Rentnerin gewendet hat, nirgends habe man ihr Anliegen ernst genommen. Beim Polizeiposten habe sie die Auskunft erhalten: „Da können wir auch nichts machen.“ Beim Nabu hat man ihr geraten, eine Unterschriftenaktion zu starten. Und in der Stadtverwaltung sei sie mehrfach auf taube Ohren gestoßen, berichtet Scherbaum.

Dem Vorwurf, die Stadt kümmere sich nicht um die Sache, widerspricht OB Christof Bolay. Natürlich sei dort schon kontrolliert worden. Aber mit eindeutigem Ergebnis: „Die überwältigende Mehrheit der Autofahrer, die wir kontrolliert haben, hatte ein Anliegen.“ Doch wolle er nicht ausschließen, dass sich das mittlerweile geändert habe. Deshalb werde man auch in Zukunft ein Auge auf mögliche Schwarzfahrer haben.