Pressewart Johannes Menzel und der Vorsitzende Günter Richter vom Fischereiverein Wendlingen (von links) beklagen eine Zunahme der Schwarzfischerei. Foto: Kerstin Dannath

Wer ohne Erlaubnis im Land angelt, begeht Wilderei – und das ist eine Straftat. Nötig ist neben dem Fischereischein auch eine Erlaubniskarte für das jeweilige Gewässer. Die Fälle im Regierungsbezirk Stuttgart nehmen zu.

Immer mehr Menschen entdecken ihr Herz für den Angelsport, was sicherlich auch eine Folgeerscheinung der Coronapandemie ist. Doch egal warum – wer hierzulande seine Angel an Flüssen, Seen oder Teichen auswerfen will, muss sich an die Gesetze halten. Wer keinen Fischereischein plus eine Erlaubniskarte für das jeweilige Gewässer besitzt, muss mit Konsequenzen rechnen. Und die sind nicht ohne.

„Angeln ohne gültige Papiere ist kein Kavaliersdelikt“, bestätigt Günter Richter. Im Gegenteil: „Schwarzfischen ist keine Ordnungswidrigkeit, sondern gilt als Wilderei und ist damit eine Straftat“, erklärt der langjährige Vorsitzende des Fischereivereins Wendlingen. Geahndet werden kann das mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren beziehungsweise einer Geldstrafe, dabei geht es um Summen bis in den vierstelligen Bereich. Dazu kommt ein Vermerk im polizeilichen Führungszeugnis: „Das kann etwa bei einer Berufsbewerbung Folgen haben“, warnt Richter.

Oft nur mündliche Verwarnung

Doch nicht nur die Wendlinger Petrijünger beklagen, dass sich Fälle von Schwarzfischerei häufen. „Die Fischwilderei hat in den letzten fünf bis sechs Jahren deutlich zugenommen“, sagt Richter. Die Wendlinger haben das Fischereirecht am Wendlinger Hüttensee, wo sich ihr bewirtschaftetes Vereinsheim „Fischerhütte“ befindet, am benachbarten Schäferhausersee sowie an Abschnitten von Neckar und Lauter. Besonders die Lauter steht bei den Schwarzanglern hoch im Kurs. In ihrem klaren Wasser sind die Fische oft gut zu sehen, das verlocke wohl, die Angel auszuwerfen, meint Richter.

Viele der Schwarzangler hätten Migrationshintergrund: „Ich schätze, 80 bis 90 Prozent. Sie kennen sich oft nicht aus und dort, wo sie herkommen, braucht man keine amtlichen Dokumente.“ So drücken die Kontrolleure des Vereins zunächst meist ein Auge zu und belassen es bei einer mündlichen Verwarnung. „Nur wenn es jemand partout nicht einsehen will und mehrfach erwischt wird, folgt eine Anzeige wegen Fischwilderei“, so der Vorsitzende weiter. Früher wurden an den Gewässern des Wendlinger Fischervereins jährlich zehn bis 15 Wilderer auf frischer Tat ertappt, im vergangenen Jahr waren es laut Richter schon rund 20 Personen. In den ersten vier Monaten in diesem Jahr wurden bereits acht Schwarzangler erwischt – die Tendenz steigt also.

Foto: Kerstin Dannath

Was laut der für die Fischerei im Land zuständigen Behörde, dem Regierungspräsidium Stuttgart (RP), überall der Fall ist, wie der stellvertretende Pressesprecher Korbinian Ruff bestätigt: „Grundsätzlich nehmen wir eine Zunahme des Fischens ohne Fischereischein oder Erlaubnisschein im gesamten Regierungsbezirk wahr.“ Für die Kontrolle werden staatliche sowie zum Teil ehrenamtliche Fischereiaufseher, etwa Mitglieder der jeweiligen Vereine, berufen. Auch Beamte des Polizeivollzugsdienstes und der jeweiligen Ortspolizeibehörden sind zuständig. „Am Neckar abwärts von Plochingen ist auch die Wasserschutzpolizei ein wichtiger Partner in der Fischereikontrolle“, sagt Ruff. Das RP stellt jährlich zwischen 5500 bis 6500 Fischereischeine neu aus beziehungsweise verlängert vorhandene Dokumente. „Im Zuge der Coronapandemie war ein gesteigertes Interesse an Aktivitäten in der Natur wie der Angelfischerei spürbar. Deshalb war 2020 ein starkes Jahr, in dem im Regierungsbezirk Stuttgart über 8000 Fischereischeine ausgestellt wurden“, sagt Ruff.

50 bis 60 Teilnehmer pro Jahr

Den Fischereischein bekommt man allerdings nur, wenn ein entsprechender Sachkundenachweis vorliegt. Diesen Sachkundenachweis erhält man nach einem Vorbereitungslehrgang inklusive Praxistag und Prüfung. Inhalte des Lehrgangs sind allgemeine Fischkunde, Gewässerökologie, Fischhege, aber auch Kenntnisse der fischereirechtlichen und anderer für die Fischerei wichtiger Vorschriften wie Schonzeiten. Für diese Vorbereitungslehrgänge gibt es in Baden-Württemberg verschiedene Ausbildungsträger. Einer davon ist der Wendlinger Fischereiverein, dessen jährlicher Kurs meist zwischen 50 bis 60 Teilnehmer zählt.

Naturschutz spiele eine Rolle

„Der Fischereischein weist nach, dass man die Sachkunde besitzt, berechtigt aber erstmal nicht dazu, an einem Gewässer zu angeln“, betont Ruff. Hierfür benötigt man zusätzlich für das jeweilige Gewässer einen Erlaubnisschein. „Den gibt es in der Regel bei den jeweiligen Vereinen“, ergänzt Richter von den Wendlinger Fischern. Allerdings sind auch diese Erlaubnisscheine begrenzt – denn hier kommt der Naturschutz ins Spiel. „Wir entnehmen nicht mehr Fische als der natürliche Ertrag und der hängt von der verfügbaren Wasserfläche ab“, erklärt Richter. So stellt der Wendlinger Fischereiverein pro Jahr nur etwa 230 Erlaubnisscheine aus, was noch nicht mal für alle 260 Mitglieder des Vereins ausreicht.

Interessenten gibt es indes um ein Vielfaches mehr: „Wir führen schon lange eine Warteliste“, sagt der Vorsitzende. Wer einen Erlaubnisschein besitzt, muss seinen Fang darauf notieren. Daran orientiert sich wiederum der jährliche Fischbesatz – also welche Arten und wie viele davon wieder eingesetzt werden. Das ist nicht billig: Der jährliche Fischbesatz kostet den Wendlinger Verein zwischen 17 000 und 21 000 Euro.

Auch der Kormoran ist ein Problem

Fischjäger
Es gibt auch gefiederte Schwarzfischer, die sich jeglichen Kontrollen entziehen, aber große Schäden anrichten. Allen voran der Kormoran, der seit 1994 wieder in Baden-Württemberg brütet. „Schon vier Kormorane fressen fast soviel Fisch pro Jahr, wie unser ganzer Verein aus dem Wasser zieht“, klagt Günter Richter vom Fischereiverein Wendlingen. In Zahlen: Ein Kormoran frisst in zwölf Monaten rund 180 Kilo Fisch, die Wendlinger entnehmen pro Jahr rund 780 Kilo Fisch.

Schutzstatus
Kormorane sind in Baden-Württemberg geschützt. Die Kormoranverordnung des Landes erlaubt zwar gezielte Maßnahmen gegen fischereiwirtschaftliche Schäden, in der Praxis ist das allerdings oft schwer umzusetzen. „Wenn wir hier am Neckar anfangen, Kormorane zu schießen, gibt es einen Aufschrei in der Bevölkerung“, mutmaßt Richter. Deswegen fordern die Fischer im Land seit langem eine Novellierung der Verordnung etwa durch maßvolle ganzjährige Eingriffe in die Kormoranpopulation sowie ein gezieltes Bestandsmonitoring.

Klimawandel
Insgesamt habe der Fischbestand im Neckar in den letzten 30 Jahren drastisch verringert, sagt Richter, der seit langem für den Landesnaturschutzverband die Gewässer im Landkreis Esslingen betreut. Eine große Rolle dabei spielt der Klimawandel: „Es gibt insgesamt weniger Wasser und das Wasser wird wärmer. Das gefällt nicht allen Fischarten“, erklärt Richter.