Angela Merkel mit Italiens Giuseppe Conte im Schlossgarten von Meseberg – es geht darum, die harten fronten im EU-Milliardenpoker um ein Corona-Konjunkturpaket aufzubrechen. Foto: AP/Tobias Schwarz

Die Kanzlerin bereitet in Meseberg mit Italiens Premierminister Conte den EU-Gipfel vor. Eine Einigung am Wochenende in Brüssel ist aber noch keine ausgemachte Sache.

Berlin - Reihum werden Europas Staats- und Regierungschefs in diesen Tagen bei Angela Merkel vorstellig: Vergangene Woche hat sie Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und den niederländischen Premier Mark Rutte empfangen. Am Montag kam Italiens Premier Giuseppe Conte nach Meseberg ins Gästehaus der Bundesregierung, an diesem Dienstag ist Spaniens Regierungschef Pedro Sanchez im Kanzleramt. Es geht darum, die verhärteten Fronten im EU-Milliardenpoker um das europäische Corona-Konjunkturpaket aufzubrechen.

Die „Sparsamen Vier“ kritisieren die Zuschüsse

Vor dem Showdown Ende der Woche in Brüssel, wo ein neuer EU-Haushaltsrahmen für die nächsten sieben Jahre und ein multimilliardenschwerer Wiederaufbaufonds aus der Taufe gehoben werden sollen, verhandelt nicht nur Merkel pausenlos. Conte und Sanchez, die Ministerpräsidenten der beiden am härtesten von der Pandemie getroffenen EU-Staaten, waren am Freitag beziehungsweise Montag auch in Den Haag zu Gast. Die Niederlande gehören mit Dänemark, Österreich und Schweden zu jenen „Sparsamen Vier“, die die deutsch-französische Initiative kritisch sehen, mit EU-Schulden 500 Milliarden Euro an Zuschüssen zu gewähren. Sie bevorzugen rückzahlbare Darlehen. Immerhin wurde eine weniger harte Haltung beim Wiener Bundeskanzler Sebastian Kurz ausgemacht.

Während nun „alle mit allen reden“ , wie es in deutschen Regierungskreisen heißt, fällt der dienstältesten Regierungschefin Merkel dennoch eine Sonderrolle zu. Formal führt zwar EU-Ratschef Charles Michel als Gipfelgastgeber die Verhandlungen, während Deutschland als Land der rotierenden Präsidentschaft dafür eigentlich nur in den Ministerräten zuständig ist. Der Belgier, der erst gerade einen Kompromissvorschlag vorgelegt hat, macht dabei jedoch nicht nur nach Ansicht von Florian Hahn, dem europapolitischen Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, keinen guten Job.

Kritik an der Vereinbarung

„Zu viele Fragen hat er offen gelassen wie zum Beispiel die Höhe des Wiederaufbaufonds und ein austariertes Verhältnis von Zuschüssen und Darlehen“, so Hahn gegenüber unserer Zeitung. Hinsichtlich der geplanten Verknüpfung von EU-Zahlungen und rechtsstaatlichen Standards habe der Ratspräsident „wieder seine ursprüngliche wirkungslose Regelung vorgeschlagen“. Kurz gefasst lautet Hahns Botschaft so: „Michel hat nicht geliefert, Merkel muss es richten.“ Das sieht seine grüne Amtskollegin Franziska Brantner ganz ähnlich. Auch sie fordert, dass „Frau Merkel jetzt ihr gesamtes politisches Gewicht einbringen“ müsse – Michels Kompromissvorschlag sei „ein zahnloser Tiger“ mit zu wenig Biss bei der Rechtsstaatlichkeit und dem Klimaschutz.

Merkel einverstanden

So negativ wollte Merkel Michels Vorarbeit am Montag nicht bewerten. Conte und sie seien, so die Kanzlerin auf der gemeinsamen Pressekonferenz in Meseberg, „mit der Grundstruktur einverstanden“, die der Belgier dem Wiederaufbaufonds verpassen will. Dazu gehört, dass wirtschaftspolitische Reformempfehlungen die Basis für die Unterstützung bilden und die Projektförderung am Schluss mit Zwei-Drittel-Mehrheit vom EU-Ministerrat bewilligt werden muss. „Es muss klare Regeln geben“, sagte auch Conte. Gleichwohl sagte die Kanzlerin, dass eine Einigung im ersten Anlauf keineswegs sicher sei und es notfalls noch ein zweites Treffen „vor Ablauf des Sommers“ geben müsse, damit die Finanzhilfe rechtzeitig mit dem neuen Jahr fließen kann: „Due Wege sind noch weit, die zu gehen sind.“

Merkel zeigte sich in Meseberg zwar kompromissbereit gegenüber den „Sparsamen Vier“. Doch dürfe der Wiederaufbaufonds „nicht verzwergt“ werden, die EU müsse „etwas Wuchtiges“ beschließen, so die Kanzlerin: „Das hat eine politische Dimension jenseits der Zahlen.“ Conte ergänzte: „Jetzt ist die Zeit der Solidarität.“