Ein 56-Jähriger wurde zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er einen Autofahrer ausgebremst und bedroht hat. Foto: Archivfoto: Tom Weller - Archivfoto: Tom Weller

Ein 56-Jähriger wurde vom Esslinger Amtsgericht zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er einen Autofahrer auf der B 10 ausgebremst und bedroht hat.

Esslingen/DeizisauWeil er einen anderen Autofahrer „maßregeln“ wollte und ihn darum rechts überholt und ausgebremst hatte, stand am Mittwochmorgen ein 56-Jähriger aus Stuttgart vor dem Esslinger Amtsgericht. Die Anklage lautete auf gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr.

Der Mann war am 6. März 2019 auf der B 10 bei Deizisau unterwegs, als er einen anderen Autofahrer erst rechts überholt und dann stark ausgebremst haben soll. Im Anschluss soll er neben dem Wagen des Opfers her gefahren sein und den Fahrer mit einer „Halsabschneider“-Geste bedroht haben. Der Angeklagte gab zunächst an, sich nicht an den Vorfall zu erinnern. Zur Tatzeit sei er noch bei der Arbeit gewesen. Er habe auch einen Zeugen, einen jungen Kollegen, den er zu der Zeit gerade zum Bahnhof gefahren hätte.

Im Hinblick auf die Angaben, die der Angeklagte bereits bei seiner Vernehmung durch die Polizei gemacht hatte, richtete Richterin Kubik einige sehr offene Worte an den 56-Jährigen. Sie habe in jüngster Zeit gleich mehrere Falschaussagen vor Gericht gehört und es habe für die Zeugen stets hohe Strafen gegeben. Sie riet ihm, zu überdenken, ob er seinen Zeugen wirklich zu einer Falschaussage anhalten wolle.

Als erster Zeuge trat das Opfer auf. Der 52-jährige Maurermeister beschrieb detailliert, aber nicht übertrieben, wie er am Tattag mit seinem weißen Mercedes-Bus zwischen zwei Baustellen gependelt sei. „Es war Mittag, vielleicht früher Nachmittag. Das Wetter war gut, die Verkehrslage war ruhig. Ich fuhr auf der rechten Spur auf einen Lastwagen zu, der natürlich langsamer unterwegs war. Der Verkehr vor dem Lkw ist normal gerollt“, beschrieb er. „Ich habe dann in den Rückspiegel geguckt, habe den Blinker gesetzt und bin ausgeschert. Auf einmal höre ich wildes Hupen und sehe einen grünen Mercedes hinter mir.“ Der Zeuge gibt an, er habe den Lastwagen regulär überholt und sei zurück auf die rechte Spur gefahren. „Als ich an dem Lkw vorbei war, kommt er mit seinem Wagen zwischen mir und dem Lkw durch, überholt rechts und setzt sich vor mich und bremst fast vollständig ab.“ Im Anschluss sei der 56-Jährige wieder auf die linke Spur gewechselt und neben dem 52-Jährigen gefahren. „Er hatte die linke Hand am Lenkrad, hat sich rübergelehnt, sodass ich ihn sehen konnte und machte so mit der Hand.“ Zu diesem Zeitpunkt fuhr sich der Zeuge mit dem rechten Zeigefinger waagerecht über die Kehle. Er habe nicht gedacht, dass ein Verfahren eröffnet würde, sagte der Zeuge. Aber er fahre sehr viel und so ein Verhalten sei ihm noch nie untergekommen. Darum habe er den Vorfall am nächsten Tag bei der Polizei zur Anzeige gebracht.

Eine Wendung nahm die Verhandlung, als der Geschädigte beiläufig erwähnte, dass er ein Foto vom Auto des Angeklagten gemacht habe. Nach einer kurzen Unterbrechung, in der der 52-Jährige sein Laptop aus dem Auto holte, wurde dieses in Augenschein genommen. Der Angeklagte wählte diesen Zeitpunkt, um seine Aussage vom Beginn der Sitzung zu korrigieren. „Ich bin da gerade von der Arbeit gekommen. Ich bin auf der linken Spur gefahren, weil rechts besetzt war“, so der Angeklagte. „Ich fuhr gerade an einem weißen Mercedes-Bus vorbei, als der plötzlich ausscherte und mich ausbremste. Er hat’s als erster gemacht, das Ausbremsen.“ Im Folgenden räumt der Angeklagte ein, den 52-Jährigen rechts überholt und ausgebremst zu haben. „Ich wollte ihn maßregeln. Dass es so krass ausgeht, wollte ich nicht.“

In seinem Plädoyer forderte der Vertreter der Staatsanwaltschaft eine viermonatige Freiheitsstrafe wegen Nötigung in Tateinheit mit Bedrohung. Für die ursprüngliche Anklage – Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr – fehlte der sogenannte Schädigungsvorsatz. Der Oberstaatsanwalt sprach sich für eine Haftstrafe aus, da eine vorherige Geldstrafe für einen fast identischen Vorfall im Jahr 2017 offensichtlich ohne Wirkung geblieben sei. „Diese Fahrweise ist sehr gefährlich. Jeder macht mal Fahrfehler, aber ein solches Verhalten im Verkehr ist nicht zu tolerieren, sagte der Oberstaatsanwalt. „Zu Ihren Gunsten wirkt sich aus, dass Sie Ihrem Zeugen eine Falschaussage erspart haben, indem Sie die Tat teilweise eingeräumt haben.“

Richterin Kubik lehnte ihr Urteil stark an der Empfehlung der Staatsanwaltschaft an. Der Angeklagte muss seinen Führerschein abgeben und darf ihn mindestens zehn Monate lang nicht neu beantragen. Zudem wurde eine dreimonatige Haftstrafe verhängt, die zur Bewährung auf zwei Jahre ausgesetzt wurde. Neben den Kosten des Verfahrens muss der 56-Jährige einen Betrag von 2000 Euro an die Bewährungshilfe Stuttgart zahlen.