Der Jugendgemeinderat Ludwigsburg hat am Mittwochabend eine Diskussion mit Bundestagskandidaten veranstaltet – und erntet Kritik von der radikalen Linken. Die jungen Räte fühlen sich ins falsche Licht gerückt.
Es ist ein ungewöhnliches Bild: Am Mittwochabend reihen sich zehn Polizeiautos vor dem Kulturzentrum in Ludwigsburg aneinander, Dutzende Beamte beobachten die Menschen, die durch eine Sicherheitskontrolle in das Gebäude geschleust werden. In einigen Metern Abstand schwenken rund zehn Personen rote Fahnen, skandieren Parolen und halten ein Transparent hoch: „Keinen Raum der AfD“.
Die Antifaschistische Aktion der Region (Antifa) hat gegen die Diskussionsrunde „Pizza & Politik“ demonstriert. Grund war der Besuch des AfD-Bundestagsabgeordneten Marin Hess, der an der Veranstaltung teilnahm. Die Organisatoren von Jugendgemeinderat und Landeszentrale für politische Bildung (LpB) erklären die Teilnahme des AfD-Politikers und zeigen sich von der Antifa-Aktion enttäuscht.
Aktion für Demokratie
Sie hätten am Morgen per Instagram-Post mitbekommen, dass die Antifa einen Protest plant, sagt Jugendgemeinderat Tim Tibi. Das Organisationsteam habe sich vor den Kopf gestoßen gefühlt, die aufgewühlten und teils kritischen Kommentare unter dem Instagram-Post hätten unter den jungen Räten Ärger ausgelöst. „Wir haben der Antifa auf Instagram sachlich geantwortet.“
„Ich bin enttäuscht von der Antifa-Aktion“, sagt Jugendgemeinderat Abdi Ahmed. „Wir setzen uns mit dem Event gegen Politikverdrossenheit ein. Wir sorgen dafür, dass junge Menschen mit Politikern in Kontakt kommen, Fragen stellen können und gehört werden.“ Dass die Antifa so eine Veranstaltung verunglimpft, könne er nicht verstehen. Aus seiner Sicht hätte die Antifa ihre Kritik konstruktiv vortragen können, man hätte ins Gespräch kommen können.
In die rechte Ecke gerückt
Das Orga-Team des Jugendgemeinderats hat sich laut eigener Aussage damit auseinandergesetzt, ob Martin Hess eingeladen werden soll oder nicht. Das Ergebnis: Der Rat und die Mitorganisatoren der LpB sind überparteilich, die AfD ist Teil des Bundestages und auch für die kommende Wahl eine relevante Partei – Martin Hess soll dabei sein.
Dass die Antifa nun versuche, den Jugendgemeinderat mit dem Slogan „Pizza mit Nazis“ in die rechte Ecke zu rücken, sei total unangebracht, sagt Jugendgemeinderätin Baran Rahimi. „Die Einladung bedeute nicht, dass wir die Ideologie dieser Partei teilen“, sagt die Schülerin. In der Diskussion wolle man vielmehr aufzeigen, wie problematisch die Standpunkte der AfD sind. Abdi Ahmed ergänzt: „Wenn man die AfD nicht einlässt, befeuert das nur deren Opfernarrativ.“ Die Partei würde aus dem Ausschließen einen Vorteil für sich ziehen.
Positionen der Antifa
Die Antifaschisten verteidigen ihre Kritik am Jugendgemeinderat. Wer sich als Brandmauer gegen die AfD inszeniert, könne ihnen nicht gleichzeitig eine Bühne geben, sagt eine Sprecherin der Gruppe: „Faschismus ist keine legitime Meinung in der Demokratie.“ Mit solchen Kooperationen unterstütze der Jugendgemeinderat die AfD auf ihrem Weg nach oben. Die Organisatoren hätten ihr Neutralitätsgebot einhalten und dennoch einen eigenen „kreativen Protest“ organisieren können, um sich von der in Teilen rechtsextremistischen Partei abzugrenzen.
Erfolgreiche Veranstaltung
Während die Antifa friedlich auf dem Rathaushof demonstrierte, war die Diskussionsrunde „Pizza & Politik“ laut der Organisatoren ein Erfolg. „So ein Angebot von und für Jugendliche ist schon etwas Besonderes“, sagt Jugendgemeinderat Tim Tibi. Rund 160 vor allem jüngere Teilnehmer hätten sich kritisch und fair beteiligt.
Nach der Podiumsdiskussion gab es die Möglichkeit, an den drei Thementischen Wirtschaft, Sicherheit und Soziales mit den Bundestagsabgeordneten direkt ins Gespräch zu kommen. Laut Jugendgemeinderat Abdi Ahmed sind besonders viele an den Tisch mit Martin Hess gegangen und hätten kritische Fragen zur Politik der AfD gestellt.