Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt verfehlt die AfD das Ziel, stärkste Kraft zu werden. Das wird im Bundestagswahlkampf Debatten über den Kurs der Partei befeuern.

Magdeburg/Berlin - Für die AfD auf Bundesebene wird das Ergebnis der Landtagswahl von Sachsen-Anhalt reichlich Anlass zu Debatten bieten: Die Rechtsaußenpartei ist nach den Hochrechnungen deutlicher als gedacht an dem Ziel vorbeigeschrammt, erstmals in ihrer Geschichte bei einer Wahl stärkste Kraft zu werden. Von einem solchen „Beben“ hatte sich die Partei auch eine erhebliche Schubwirkung für die Bundestagswahl erhofft. Nach den Zwischenergebnissen wird die AfD nun stattdessen erneut zweitstärkte Kraft und verliert im Vergleich zu 2016 leicht.

Sowohl Parteichef Tino Chrupalla als auch Spitzenkandidat Oliver Kirchner deuteten am Wahlabend dieses Ergebnis als Erfolg. Wichtigste Botschaft: Die AfD sei neben der CDU die einzige Volkspartei im Bundesland. Die Zahlen stützen diese Einschätzung. Die AfD sei eine neue regionale Volkspartei, sagte der Parteienforscher Heinz Rudolf Korte im ZDF – was lange Zeit für die Linke galt.

AfD als regionale Volkspartei

Sowohl Kirchner als auch Chrupalla betonten am Wahlabend allerdings ein anderes Ziel, welches die Partei erreicht habe: „Wichtig für uns war, dass wir wieder von den Linken unsere Arbeiter zurückholen, weil wir genau diese Wählerschicht bei uns haben wollen“, sagte Kirchner in der ARD. Auch Chrupalla behauptete, seine Partei habe Wähler aus der Mittel- und Arbeiterschicht hinzugewonnen.

Unabhängig von der Platzierung kann die AfD ihre Argumentation aufrechterhalten, wonach in Sachsen-Anhalt eine „konservative Mehrheit“ aus AfD und CDU existiere, wie Kirchner gerne sagt. Die AfD weiß dabei genau, dass die CDU jegliche Kooperation – ob Koalition oder Tolerierung – ausgeschlossen hat.

Die Strategie der Selbstverharmlosung

Das Wahlergebnis wird in der Bundespartei möglicherweise Debatten um den Kurs der Partei befeuern. Für die AfD wäre eine Führungsposition ein großer Schritt in Richtung ihres Ziels gewesen, nicht als radikal wahrgenommen zu werden. Denn gerade in Sachsen-Anhalt fährt die AfD ein besonders radikales Programm, der Landesverband wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet.

Verluste an die „Sonstigen“?

Ein besonderes Augenmerk dürfte auch auf der Wählerwanderung liegen. Als die AfD 2016 in den Landtag einzog, kamen die meisten Stimmen von ehemaligen Nichtwählern, die mobilisiert werden konnten und aus dem Lager der Sonstigen. Bei der Wahl jetzt wuchs die Zahl der Sonstigen im Vergleich zu 2016 stark um etwa sechs Prozent – und dies könnte die Frage aufwerfen, ob die AfD Protestwählerpotenzial verliert. Hinzu kommen die Gewinne der FDP und der CDU. Zum Richtungsstreit innerhalb der Bundespartei zählt die Frage, auf welches Wählerreservoir sich die Partei konzentrieren soll.