Die Deutsche Umwelthilfe fordert, wegen der Energiekrise auf Weihnachtsbeleuchtung zu verzichten. In Stuttgart sollen die Glanzlichter und die Eislaufbahn auf dem Schlossplatz wegfallen. Anderswo in der Region will man auf wenig verzichten.
Er kann es gar nicht richtig machen. Dieses Gefühl trägt Armin Dellnitz derzeit mit sich herum. Einerseits würde der Geschäftsführer von Stuttgart- und Regio-Marketing in der Adventszeit gerne so viele Lichterketten, Weihnachtssterne und Tannenbaumkerzen wie möglich aufhängen, damit die Menschen gerne nach Stuttgart zum Einkaufen kommen, „wir tragen eine Verantwortung für den Einzelhandel und die Attraktivität der Innenstadt“. Auf der anderen Seite ist da eine handfeste Energiekrise. „Da wollen auch wir einen Beitrag leisten und ein Zeichen setzen.“ Diese beiden Pole müssen Dellnitz und seine Kollegen zusammenbringen – wie, das weiß er auch nicht genau. „Wir sind uns sehr unsicher“, gibt Dellnitz zu.
Wintertraum am Stuttgarter Schlossplatz soll wegfallen
Derzeit ist die Idee, dass die Lichtfiguren auf dem Schlossplatz dieses Jahr nicht aufgebaut werden, die Königstraße aber „maßvoll“ beleuchtet wird, sagt Dellnitz. Das würde bedeuten: Nur die Hälfte der sogenannten Glanzlichter findet statt. Außerdem soll die Eislaufbahn am Schlossplatz dieses Jahr aus Energiespargründen nicht aufgebaut werden, das Riesenrad hingegen schon. Das hat der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne) am Montag gegenüber unserer Zeitung erklärt. Die Stadt Stuttgart hat dies noch nicht bestätigt.
Auch in Ludwigsburg wird diesen Winter kein Eis fürs Schlittschuhlaufen produziert, stattdessen lässt man die Kunststoffplatten liegen, auf denen man sommers wie winters Schlittschuhlaufen kann. Zudem wird die Adventsbeleuchtung in den Ludwigsburger Einkaufsstraßen reduziert, der Weihnachtsmarkt muss mit weniger Licht auskommen, das Heilbad Hoheneck muss aus Energiespargründen sogar den Winter über schließen.
Umwelthilfe fordert: Ein beleuchteter Baum pro Kommune
In Esslingen sind keine so strengen Einschnitte geplant. „Die Giebelbeleuchtung und die Lichterketten in der mittelalterlichen Altstadt wird es auch dieses Jahr geben“, sagt Michael Metzler, der Geschäftsführer von Esslingen Marketing. Bereits 2014 sei man in Esslingen vollständig auf LED-Lampen umgestiegen, was eine Energieeinsparung von 90 Prozent gegenüber den alten Halogen-Leuchten bedeute. Zudem seien 85 Prozent der Adventsbeleuchtung mit Zeitschaltuhren geregelt, argumentiert Metzler.
Erst am Montag hatte die Deutsche Umwelthilfe angesichts des Kriegs in der Ukraine, der Energieknappheit und aus Gründen des Klimaschutzes den Verzicht von Weihnachtsbeleuchtung gefordert; in Privathaushalten, aber auch in Städten. Der Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch hatte vorgeschlagen, pro Stadt oder Gemeinde nur einen einzigen Baum zu beleuchten.
Weniger Beleuchtung in Böblingen und Waiblingen
„In einer 2500-Einwohner-Kommune ist es vielleicht eine Option, nur einen Baum zu beleuchten – aber nicht in einer 52 000-Einwohner-Stadt mit einer starken Infrastruktur“, kommentiert Gianluca Biela, der Sprecher der Stadt Böblingen. Man werde in Böblingen aber die Einschaltzeiten der Weihnachtsbeleuchtung diesen Winter reduzieren sowie generell weniger Lichterketten an den Bäumen aufhängen, kündigt er an. Das tue auch den Bäumen gut, meint Biela.
Ähnlich wie in Böblingen plant man auch in Waiblingen (Rems-Murr-Kreis). Völlig verzichten auf Weihnachtsbeleuchtung will man nicht. „Gerade in Krisenzeiten braucht es positive Signale“, meint Marc Funk, der Geschäftsführer der Waiblinger Wirtschaft-, Marketing- und Tourismusgesellschaft. „Ein wärmendes Signal in der dunklen Jahreszeit zu senden erscheint uns wichtig.“