Ein Aufregerthema in Altbach: die Vorschriften für Hundebesitzer auf den Feldwegen des Ortes. (Symbolbild) Foto: Imago/Rolf Poss

Wo dürfen Hunde in Altbach (Kreis Esslingen) frei herumlaufen? Diese Frage erhitzt die Gemüter im Gemeinderat. Eine Seite führt die Bedürfnisse der Hundebesitzer ins Feld, die andere argumentiert mit möglicherweise getöteten Wildtieren. Die Abstimmung wird zum Krimi.

Achim Weber hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg, als es im Altbacher Gemeinderat um das Thema Leinenpflicht geht. „Das macht mich fassungslos“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der SDP-Fraktion in der jüngsten Sitzung des Gremiums. Stein des Anstoßes ist für ihn eine Beschlussvorlage, die eine Änderung in der Polizeiverordnung des Ortes vorsieht. Konkret dreht sich der Streit um die Frage, in welchen Bereichen außerorts auf dem Gemeindegebiet Hunde an die Leine genommen werden müssen.

Bereits ihm vergangenen Jahr hatte die Verwaltung einen Vorschlag eingebracht, der einen Leinenzwang auf einzelnen Feldwegen vorsah. Das ging der Unabhängigen Wählervereinigung (UWV) nicht weit genug. Die neue Vorlage umfasst deshalb ein Gebiet vom Feldweg in der Verlängerung der Hofstraße im Westen bis zum Feldweg bei der Straße Beim hohen Baum im Osten. Alle Wege und Felder dazwischen sind eingeschlossen, bis zur Waldgrenze.

Getötete Rehe in Altbach als Argument

Damit sind allerdings Teile der SPD-Fraktion nicht einverstanden. Für Weber steht fest: Das Gebiet ist zu groß. Seine Fraktionsvorsitzende Andrea Barth sprang ihm bei. Sie habe volles Verständnis für eine Leinenpflicht auf einzelnen Feldwegen, vor allem im Bereich des Waldkindergartens der evangelischen Gemeinde. Über die neue Vorlage sagte sie jedoch: „Damit schränken wir etwa drei Viertel der Wege für Hundehalter ein. Ich glaube, das geht zu weit.“

Mathias Lipp vertritt die Gegenposition. Der Fraktionsvorsitzende der UWV sagte: „Ich als Spaziergänger habe auch meine Rechte, nicht nur die Hundebesitzer.“ Der Vorteil an der neuen Regelung ist für ihn, dass sie Klarheit schaffe. „Jeder Hundeführer weiß so, wo er inner- und außerorts den Hund an die Leine zu nehmen hat.“

Das sei auch deshalb wichtig, weil man 2024 sechs durch Bisse getötete Rehe auf Altbacher Gebiet gefunden habe. „In mindestens drei der Fälle waren es eindeutig Hundebisse“, ergänzte Lipps Fraktionskollege Peter Schnirzer. Er sei selbst Jagdpächter und wisse deshalb aus Erfahrung: „So etwas passiert, wenn Hunde einfach frei rumlaufen.“ Lipp zeigte sich erstaunt ob der Debatte. Er sagte: „Das verwundert mich etwas, weil ich in der vorherigen Sitzung zu diesem Thema eigentlich einen Konsens festgestellt hatte.“

Verhältnismäßigkeit der Leinenpflicht angezweifelt

Dem widersprach Michael Euchenhofer. Seine CDU-Fraktion habe den Eindruck gehabt, es sei damals um den Bereich rund um den Waldkindergarten gegangen. „Und da brauchen wir auf jeden Fall eine Leinenpflicht.“ Das Ausmaß der neuen Vorlage habe ihn aber überrascht. „Da stellt sich für uns schon die Frage, ob das nicht ‚too much’ ist“, sagte Euchenhofer.

Die Leinenpflicht spaltet den Altbacher Gemeinderat. Foto: Roberto/ Bulgrin

Andrea Barth verwies zudem auf die Kommunen in der Nachbarschaft Altbachs und sagte: „Außer in Plochingen gilt der Leinenzwang dort überall nur innerorts.“ Die SPD-Gemeinderätin bezweifelt, dass die mögliche Satzungsänderung überhaupt einer juristischen Überprüfung standhalten würde. Sie sieht „ein Problem bei der Verhältnismäßigkeit.“

Knappe Abstimmung im Altbacher Gemeinderat

Bürgermeister Martin Funk entgegnete ihr: „Ein genereller Leinenzwang im gesamten Gemeindegebiet wäre nicht verhältnismäßig, aber in bestimmten Gebieten ist er es schon, auch außerorts.“ Deshalb brachte der Schultes den Vorschlag nach der hitzigen Diskussion zur Abstimmung. Dabei zeigte sich noch einmal, wie sehr die Leinenpflicht den Gemeinderat polarisiert. Acht Gremiumsmitglieder votierten gegen die Vorlage, darunter neben der CDU-Fraktion auch Barth und Weber von der SPD. Allerdings schlossen sich zwei ihrer SPD-Fraktionskollegen der UWV an und stimmten dafür.

Am Ende der Auszählung stand das knappstmögliche Ergebnis: Neun Ja-Stimmen, acht Gegenstimmen, dazu eine Enthaltung. Somit ist die Satzungsänderung der Altbacher Polizeiverordnung beschlossen. Hundehalter müssen ihre Tiere in weiten Teilen des Gemeindegebiets künftig an der Leine führen.

Kommunen entscheiden über Leinenpflicht

Verantwortung
 Das Land Baden-Württemberg schreibt keine generelle Regelung zum Leinenzwang vor. Es überlässt die Entscheidung bei diesem Thema den Städten und Gemeinden.

Vergleich
 Die Plochinger Polizeiverordnung besagt, dass Hunde auf zahlreichen Feldwegen außerhalb des bebauten Gebiets angeleint sein müssen. Dagegen gilt die Leinenpflicht in Esslingen – wie in vielen anderen Kommunen auch – nur innerorts.