Unsere Streaming-Empfehlung fürs Wochenende: „Queenpins“, „Buffy – Im Bann der Dämonen“, „Ray & Liz“, „Severance“, „The Cuphead Show“ (von oben von links nach rechts) Foto: STXfilms,

Welche neue Serie sollten Sie jetzt bingen? Welchen Film schauen, wenn Sie am Wochenende nur wenig Zeit vor dem Bildschirm verbringen wollen? Gibt es bei Netflix, Amazon und Co. Schätze, die Sie übersehen haben? Und was lohnt sich in den Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender? Hier erfahren Sie, was sich gerade zu schauen lohnt.

Stuttgart - So viele Streamingdienste, so viele Mediatheken, so viele Serien, Filme und Dokus – und so wenig Zeit. Und weil das Wochenende viel zu kostbar ist, um es vor dem Fernseher bei einem schlechtem Programm zu vergeuden, verraten wir Ihnen hier, was sich jetzt besonders zu schauen lohnt.

► Welche neue Serie lohnt sich bei Apple TV+?

Severance

Bisher sind drei Episoden bei Apple TV+ verfügbar.

Marc hat er den ödesten Job aller Jobs: Er sortiert an einem monochromen Computerbildschirm Zahlen hin und her, ohne zu wissen, warum. Einer seiner Kollegen glaubt, sie reinigen mit solchen geheimnisvollen Zahlenreihen der Meeresboden, ein anderer ist davon überzeugt, dass sie so Schimpfwörter aus Filmen entfernen. Was wirklich dahinter steckt, weiß keiner.

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Doch das ist den Leuten, die bei Lumon Industries arbeiten, ziemlich egal. Denn jedes Mal, wenn sie das Büro verlassen, werden sie zu einem anderen Menschen und vergessen ihren Job: Sie haben ihr Gehirn freiwillig in zwei Teile trennen lassen. Privatmensch Marc weiß nicht, was sein arbeitendes Ich den ganzen Tag so treibt. Doch ist man in der selbstgewählten Schizophrenie noch Mensch? Was passiert in dem geheimnisvollen Pausenraum? Und wofür stehen all die Zahlen tatsächlich? „Severance“ ist ein skurril-bösartiger Arbeitsplatz-Thriller – großartig besetzt, ausgestattet und fotografiert und stilsicher von Ben Stiller in Szene gesetzt. (gun)

► Ich habe Lust auf eine überdrehte Komödie

Queenpins

Zu sehen bei Amazon Prime Video

Die Vorstadtfrau Connie Kaminski (Kristen Bell) wird einfach nicht schwanger und hat einen lieblosen Ehemann. JoJo Johnson (Kirby Howell-Baptiste) ist ideenreich, aber nicht mehr kreditwürdig, seit ihr Online die Identität gestohlen wurde. Eines Tages entdecken die beiden den Handel mit Coupons, Produktgutscheinen. Der ist natürlich illegal. Connie und JoJo machen viel Geld, aber praktisch alles falsch, woran eine Beratung durch die Identitätsdiebin (Bebe Rexha) nichts ändert. Bald haben sie einen Coupon-Kontrolleur (Paul Walter Hauser) sowie einen Ermittler der Post (Vince Vaughn) auf den Fersen.

Kristen Bell spielt Connie als sympathisches Sonnenscheinchen, dem man seine Naivität gerne nachsieht, die Britin Kirby Howell-Baptiste ist köstlich als hyperaktive Online-Verkäuferin. Paul Walter Hauser liefert die perfekte Karikatur eines zwangsneurotischen Ekels, Vince Vaughn einen Sheriff dritter Klasse, der sich sehr, sehr ernstnimmt.

Die Konstruktion ist natürlich völlig überdreht – und stellenweise wahnsinnig komisch. „Queenpins“ wird keine Oscars bekommen, zur abendlichen Erheiterung in düsteren Zeiten eignet sich diese Filmkomödie aber ganz hervorragend. (ha)    

► Ich mag die Filme von Ken Loach und Mike Leigh. Was sollte ich da in den öffentlich-rechtlichen Mediatheken schauen?

Ray & Liz

Verfügbar bis 25.12.2022 in der ARD-Mediathek

Richard Billingham ist einer der beeindruckendsten britischen Fotografen der Gegenwart. Seine Karriere kam mit einem großen Streit in Gang. 1996 zeigte er in einer Ausstellung im National Museum of Photography, Film and Television in Bradford und im Fotoband „Ray’s a Laugh“ Bilder seiner Eltern – von mehr oder weniger verwüsteten Veteranen jener Stützeempfängerwelt, die sonst für skrupellose Scripted-Reality-Shows herhalten muss. Manche Kritiker meinten, auch Billingham betriebe schamlose Ausbeutung wehrloser Opfer. Andere erkannten, dass da eine ganz andere Sensibilität am Werk war, ein Bekenntnis zur Herkunft – vor allem ein Wille zum Hinschauen, zum Zurkenntnisnehmen, der mehr Respekt enthält als ales verschämte Wegschauen.

2018 ging Billingham seine Kindheit und deren Milieu dann in seinem ersten Spielfilm „Ray & Liz“ an, der jetzt im Original mit Untertitel in der ARD-Mediathek zu finden ist. Wir sehen in der Jetztzeit des Films den nun getrennt lebenden Vater (kantig, ergreifend, mätzchenfrei authentisch gespielt von Patrick Romer), der vor sich hinsäuft und seine kleine Sozialblockbude nicht mehr verlässt. Von hier führen zwei Rückblendeepisoden in Billinghams Kindheit. Die Bilder sind eng und trostlos, aber nie auf Skandal gebürstet. Ein Gefühl stillstehender Zeit stellt sich ein, eine Erfahrung der Zähigkeit und des Festklebens, die alles andere als Langeweile auf den Zuschauer überträgt. Uns wird völlig klar, dass hier keiner der Erwachsenen mehr Antrieb hat, dass sich keiner herausbewegen wird aus dem Schlamassel.

Wir sehen, dass diese Zustände eine permanente Gefährdung des Kindeswohls darstellen, wir erleben grelle Momente unbeaufsichtigten Risikos – aber da kommt keine Spur von wohlfeilem Tadel in den Film. Ein fast zärtlicher Fatalismus wird da spürbar. Gerade Großbritannien hat eine lange Tradition des sozialrealistischen Films, der unter armen Leuten spielenden Geschichten. „Ray & Liz“ aber fällt auch in der illustren Gesellschaft der Filme etwa von Ken Loach und Mike Leigh als ganz besonders gelungen auf. (tkl)

► Ich möchte etwas Außergewöhnliches für die ganze Familie auf Netflix

The Cuphead Show

Eine Staffel – zu sehen bei Netflix

Wissen Sie, was man unter dem „Rubber Hose“-Stil versteht? Nein? Nicht schlimm. Stellen Sie sich einfach die Cartoon-Animationen von Micky Mouse oder Popeye in den 1930er Jahren vor: schlicht gezeichnet, kurvige Arme und manchmal auch Beine. Mit der „The Cuphead Show!“ gibt es diesen Stil nun frisch aufpoliert bei Netflix zu sehen. Die Serie basiert, wie es der Name vermuten lässt, auf dem beliebten Computerspiel „Cuphead“ aus dem Jahr 2017.

Netflix zeigt damit nach der „League of Legends“-Serie „Arcane“ ein weiteres Mal, dass die Streamingplattform Videospieladaptionen kann. Das Resultat ist eine zehnteilige Serie (je rund 15 Minuten), die durch ihren Humor und ihre skurrilen Animationen sowohl für Kinder als auch für Erwachsene geeignet ist. Letztere werden – so ihnen das Videospiel bekannt ist – einige Situationen und vor allem Charaktere wiedererkennen, müssen sich deshalb aber nicht um ihre Heranwachsenden sorgen. So ist zum Beispiel das Casino aus dem Videospiel kinderfreundlich mit einem Jahrmarkt ersetzt worden.

Ohne die Story an dieser Stelle zu viel zu spoilern: Die „The Cuphead Show!“ erzählt die Geschichte von Tassilo und seinem Bruder Pottkopp (ja, es sind beides animierte Tassen), wie sie ein Abenteuer nach dem nächsten bestehen – alles mit einer großen Bedrohung im Nacken. (xan)

► Mit welchem Serienklassiker bei Disney+ kann ich das ganze Wochenende verbringen?

Buffy – Im Bann der Dämonen

Sieben Staffeln – zu sehen bei Disney+

Stellen Sie sich vor, Sie wachen eines Morgens in einem Musical auf. Die Straßenkehrer führen mit ihren Besen Stepptänze auf. Ein Anzugträger schmettert im Heldentenor eine Hymne auf das Reinigungsunternehmen, das den Senffleck aus seinem Sakko entfernt hat. Die Falschparkerin fleht in einer herzzerreißenden Arie den Polizisten um Nachsicht an. Die Vampire aus der Nachbarschaft tanzen so leidenschaftlich, dass sie Feuer fangen. Und auch Sie selbst bleiben nicht verschont: Wann immer Sie etwas Kluges sagen wollen, fangen Sie stattdessen an zu singen und zu tanzen – herzlich willkommen an einem ganz normalen Tag in Sunnydale, Kalifornien, auch bekannt als der Höllenschlund, die Heimat von Buffy Summers, der Dämonenjägerin.

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Joss Whedon hat sich zwischen 1997 und 2003 in der Serie „Buffy – Im Bann der Dämonen“ ständig solche kuriosen Dinge ausgedacht. Nicht nur in der Musical-Episode „Once More With Feeling“, für die er sogar selbst die Musik schrieb. Auch sonst war man bei ihm nie vor irrwitzigen Einfällen sicher, mit denen er unverfroren das Fantasy- und Horror-Genre mit Komödien- und Dramenelementen durcheinanderbrachte. Mal ließ er alle seine Helden durch einen üblen Zauber verstummen und eine ganze Episode lang ohne Worte gegen das Böse kämpfen („Hush“). Mal tat er so, als sei eine tölpelhafte Nebenfigur der Serie der eigentliche Held von Sunnydale („Superstar“). Mal ließ er Buffy auf Graf Dracula persönlich treffen, der sich als ziemlich arroganter Snob erwies („Buffy vs. Dracula“). (gun)