Unsere Streaming-Empfehlungen fürs Wochenende: „Simpsons: Bille trifft Lisa“, „Gaslit“, „Anatomie eines Skandals“, „Slow Horses“ und „Wiedersehen in Howards End“ (von links oben im Uhrzeigersinn) Foto: Disney+, Starzplay, Netflix, Apple TV+, imago/United Archives

Welche Serie sollten Sie jetzt bingen? Welchen Film schauen, wenn Sie am Wochenende nur wenig Zeit vor dem Bildschirm verbringen wollen? Welche Kostbarkeiten haben Sie bei Netflix, Amazon und Co. oder Mediatheken der öffentlich-rechtlichen Sender vielleicht übersehen? Hier erfahren Sie, was sich gerade zu schauen lohnt.

So viele Streamingdienste, so viele Mediatheken, so viele Serien, Filme und Dokus – und so wenig Zeit. Und weil das Wochenende viel zu kostbar ist, um es vor dem Fernseher bei einem schlechtem Programm zu vergeuden, verraten wir Ihnen hier, was sich jetzt besonders zu schauen lohnt.

► Ich habe nur vier Minuten und liebe Billie Eilish und die Simpsons

Die Simpsons: Billie trifft Lisa

Kurzfilm, verfügbar bei Disney+

Dolly Parton hat es getan, Björk, Justin Bieber oder Ozzy Osbourne waren da, die Ramones, Daft Punk, Elton John und Lady Gaga ebenfalls. Dass jetzt auch Billie Eilish bei den Simpsons in Springfield vorbeischaut, ist eigentlich keine Überraschung: Wer etwas auf sich hält im internationalen Showgeschäft, muss früher oder später einen Gastauftritt als Trickfilmfigur in Matt Groenings Serie haben, sonst ist man nicht wirklich ein Star.

Dem Popwunderkind Billie Eilish haben die „Simpsons“-Macher jetzt sogar einen kleinen eigenen Kurzfilm spendiert. Die Story: Lisa Simpsons landet bei der Suche nach einem Ort, an dem sie ungestört Saxofon spielen kann, irgendwann unter einer Brücke. Als zufällig Billie Eilish mit ihrem großen Bruder Finneas vorbeifährt, fühlt sie sich bei Lisa exzentrischen Saxofontönen an John Coltrane erinnert – und beschließt zusammen mit ihr Musik zu machen und die Titelmelodie der „Simpsons“ neu zu interpretieren.

Die vier Minuten, die „Billie trifft Lisa“ dauert, sind sehr gut investierte Wochenendzeit. Nicht nur wegen dieser musikalischen Einlage, sondern wegen der vielen liebevollen Boshaftigkeiten (Billies Eilishs Haarfarbe!), die die „Simpsons“-Macher in diesen Kurzfilm gepackt wurden. (gun)      

► 007s kaputte, gescheiterte Agentenkollegen – genau mein Humor

Slow Horses

Serie, sechs Folgen, verfügbar bei Apple TV+

Der weltläufige Playboy James Bond in der Sean-Connery-Variante ist vielleicht immer noch der beliebteste Geheimagent der Welt. Aber Kino und Fernsehen haben oft auch viel grimmigere Varianten des Agentenlebens vorgelegt. Und doch noch nie eine so rücksichtslos pessimistische und zugleich verboten vergnügliche Version eines Geheimdienstes wie in der Serie „Slow Horses“. Hier gibt es einen halbtoten Seitenarm des britischen Geheimdienstes MI5, der intern Slough House heißt.

Hier werden die Sünder und Versager geparkt, manche lebenslänglich, manche nur für eine gewisse Bußezeit. Sie müssen zumeist langweiligen Aktennonsens abarbeiten. Vor allem aber werden sie vom Chef der Abteilung, einem gelinde gesagt problematischen Charakter, schonungslos gemobbt. In dieser Rolle ist Gary Oldman so fies in Hochform wie faszinierend verwandelt. Der schon zu Beginn seiner Karriere in Slough House landende River Cartwright (Jack Lowden) will verständlicherweise unbedingt wieder weg.

Das Ganze basiert auf den Romanen des Briten Mick Herron, der als Erneuerer des Genres gelobt wird, und hat unter anderem vom Komiker Will Smith (nein, nicht dem Ohrfeigenmann) schöne Drehbuchvarianten verpasst bekommen. Obendrein verlässt sich „Slow Horses“ nicht auf den tollen Stoff und den wunderbaren Cast, sondern ist auch fulminant ins Bild gesetzt. Das hätte jederzeit auch auf der großen Kinoleinwand entzückt. (tkl)

► Ich will einen neuen Blick auf den Watergate-Skandal

Gaslit

Politserie, bisher eine Episode bei Starzplay verfügbar

Die vermeintlichen Nebenfiguren des Watergate-Skandals werden in „Gaslit“ zu den zentralen Protagonisten. Da ist der fanatische G. Gordon Liddy (Shae Whigham), der den Einbruch in den Watergate-Gebäudekomplex anführt. Da ist der ständig mit seinem Gewissen ringende Jurist John Dean (Dan Stevens aus Maria Schraders „Ich bin dein Mensch“), der zum Watergate-Kronzeugen werden wird. Und da ist Martha Mitchell (Julia Roberts), die eigenwillige Frau von Nixons Justizminister John Mitchell (nicht wiederzuerkennen: Sean Penn). (gun)  

► Ich mag Kostümstücke, aber ich will nicht, dass alles verklärt wird

Wiedersehen in Howards End

Spielfilm, in der ZDF-Mediathek verfügbar

Gerade ist im Kino der neue „Downton Abbey“-Film angelaufen: die Sippschaft der Crawleys und der Menschen um sie her fasziniert noch immer. Überhaupt hat das „gute“ alte Großbritannien Millionen Fans auch jenseits der Insel – wobei die meisten wissen, dass ihr schöner Traum von einer geordneten Gesellschaft und die frühere soziale Realität ganz weit auseinander liegen. Ein Team, das immer wieder mit der Faszinationskraft des Vorgestern gerungen hat, waren der Regisseur James Ivory und die Drehbuchautorin Ruth Prawer Jhabvala.

Das Meisterstück des Duos ist „Wiedersehen in Howards End“ von 1992 – die Verfilmung eines Romans von E. M. Forster mit einem grandiosen Wunschlisten-Cast, unter anderem Emma Thompson, Helena Bonham Carter, Vanessa Redgrave, Anthony Hopkins und Samuel West. Es geht nicht um den Hochadel, sondern ums vornehme und steife Bürgertum der viktorianischen Ära, um Sitten, Zwänge und Verbohrtheiten hie und die Wünsche des Herzens da. Unterschiedliche Familien und Generationen reiben sich aneinander, und der Film zeigt so leise wie gnadenlos, wie sich brutale Borniertheit ganz fein verkleiden kann. (tkl)

► Ich liebe Gerichtsdramen und habe ein Netflix-Abo

Anatomie eines Skandals

Miniserie, sechs Episoden bei Netflix verfügbar

Liebe verzeiht alles. Deshalb wahrt Sophie zunächst die Form, als sie von der Affäre ihres Mannes erfährt. Denn er ist nicht irgendjemand, sondern Abgeordneter und ein enger Freund des Premierministers. „Anatomie eines Skandals“ führt mitten hinein in die britische Politik und die Abgründe der Upper Class. An deren Machtgefüge will die Staatsanwältin rütteln – und es scheint ihre große Stunde gekommen zu sein, als die Geliebte dem Politiker plötzlich Vergewaltigung vorwirft.

Viele Szenen spielen im Gerichtssaal und zeigen spannende verbale Gefechte, aber Rückblenden geben auch Einblicke in die Bünde der Eliten, die schon in Cambridge geschlossen wurden. Vor allem Sienna Miller als Sophie ist schauspielerisch stark, aber auch ihre Figur selbst ist beeindruckend, sie ringt zwischen Liebe, Loyalität und Anstand. Nach dieser Serie wundert man sich nicht mehr über Schlagzeilen zu Boris Johnson und Co. (adr)