Garik Harutyunyan (rechts) beobachtet mit Saeid Mollaei einen Kampf. Quelle: Unbekannt

Der Armenier hat in dieser Bundesligasaison keinen Kampf verloren und lernt kräftig Deutsch.

EsslingenWenn Garik Harutyunyan für den KSV Esslingen kämpft, hat er seinen eigenen kleinen Fanclub. „Garik, Garik“, rufen dann Kinder am Mattenrand. Sie feuern ihren Judo-Trainer an. Und das hilft: Noch keinen Kampf hat der 26-jährige Armenier in dieser Bundesliga-Saison verloren. Im Finale am Samstag kam er allerdings nicht zum Einsatz.„Ich habe nur eine Richtung, und die ist, zu gewinnen“, sagt Harutyunyan „Meine Gegner sind für mich alle gleich, egal ob sie besser oder schlechter sind als ich.“

Das war aber nicht immer so. „Als er neu war in Deutschland, war er sehr aufgeregt. Er wollte es besonders gut machen“, erzählt KSV-Teamchef Carsten Finkbeiner. Harutyunyan tat sich schwer, zu gewinnen. „Je mehr Sicherheit er hier bekommen hat, integrierter wurde und merkte, dass wir auf ihn setzen, desto mehr konnte er sein volles Leistungspotenzial abrufen“, sagt Finkbeiner. „Er ruht in sich und ist mental sehr stark.“ Allerdings: „Garik hatte noch keinen Weltklassegegner, keinen aus den Top 20“, sagt Finkbeiner. „Ich würde es ihm wünschen, aber bisher ist es noch nicht dazu gekommen.“

Seit vier Jahren ist Harutyunyan in Deutschland, kämpfte zunächst für den Nord-Bundesligisten Hamburger JT, mit dem er 2016 Meister wurde. 2017 kam er dann nach Esslingen zum KSV. Dort, wo auch ein älterer Bruder Gor 2015 bereits kämpfte. „Ich wusste, dass es hier gut ist, die Leute nett und freundlich sind und ich optimale Bedingungen habe“, sagt Harutyunyan.

Er lebt in der Einliegerwohnung der KSV-Arena. So hat er es zu den Trainings nicht weit: Bevor er selbst mit der Bundesliga-Mannschaft abends trainiert, gibt er seit Februar Trainings für sämtliche Jugenden des KSV. Zuvor war er auch schon Trainer in seinem Heimatland Armenien, hat dort Sportwissenschaften studiert. „Ich mag am Trainersein, dass ich in jedem Training den Kindern etwas Neues beibringen kann. Als Trainer musst du ein Freund sein, aber auch Disziplin vermitteln“, sagt Harutyunyan. Diese Disziplin liebt er am Judo. Und mit ähnlicher Disziplin lernt er Deutsch. Er besucht Kurse, aber schaut auch Filme auf Deutsch, hört deutsche Musik. „Am liebsten Lieder von Joel Brandenstein“, sagt Harutyunyan. „Er singt so langsam, das verstehe ich gut.“

Garik Harutyunyans Bruder Gor ist mittlerweile U-18-Nationaltrainer in Armenien, wo der Rest der Familie lebt. Diese hat Garik Harutyunyan seit drei Jahren nicht gesehen, sein Asylstatus lässt es nicht zu. Er hat immerhin mittlerweile eine Aufenthaltserlaubnis. „Ich hoffe, ich kann bald internationale Kämpfe bestreiten und zu EM, WM und Olympia“, träumt Harutyunyan, der seit 20 Jahren auf der Matte steht. Sein größter internationaler Erfolg war der U-20-Europameistertitel 2011.

Die Sehnsucht nach der Familie ist natürlich groß. Aber Harutyunyan sagt auch, dass seine neue Heimat Esslingen und der KSV sind: „Das ist meine Mannschaft, ich will für immer hierbleiben.“