Brian Frank sagt, dass sein Kampf jetzt so richtig losgehe Foto: red

Brian Frank, 19-jähriger Handballer der SG BBM Bietigheim, erleidet ein schlimmes Schicksal. Das Engagement des Vereins für seinen Amateurspieler zeigt, wie der Sport im besten Sinne Brücken bauen kann.

Stuttgart - Brian Frank sagt, dass er stark sein wolle. Für seine Familie. Wenn es ihm schlecht gehe und er das ausstrahlt, dann gehe es auch seiner Familie schlecht. Seiner Mutter, dem Vater, der Schwester. Also erklärt Brian Frank: „Ich will nicht Trübsal blasen.“ Weil Traurigkeit niemandem weiterhelfe.

Brian Frank (19) hat Blutkrebs. Er bangt um sein Leben. Und er sagt dies: „Ich habe nicht vor, von dieser Erde zu gehen. Ich bin jung und habe noch ein bisschen was vor.“

Der Mann, der den Kontakt vermittelt, sagt, dass Brian ein bisschen nervös sei, da er noch nie ein Interview gegeben habe. Felix König ist Sportlicher Leiter der SG BBM Bietigheim – dort also, wo Brian von klein auf Handball spielt. Er ist nicht bei den Profis angekommnen, die zwischendurch in der ersten Liga waren und jetzt wieder in der zweiten Liga spielen. Brian Frank war zuletzt in der Verbandsliga, in der zweiten Mannschaft, aktiv. Die Mutter trainierte bis vor Kurzem die Minis. Die Franks sind eine Handballerfamilie. Und Brians Krankheit treibt nun den ganzen Verein um.

Alles wird getan

Es gibt Spendenaktionen und Aufrufe für die Stammzellenspende, in enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS), die Mitte November mit der SG BBM eine Online-Aktion für die Registrierung startete („Wir für Brian“) und einen Internetauftritt schuf (www.dkms.de/brian). Alles wird getan. Für Brians Leben.

Später wird Brian selbst irgendwann sagen, dass „die SG BBM meine zweite Familie ist“. Dass das Engagement seines Vereins für ihn unglaublich sei, von den Männern in der zweiten Liga über die Frauen in der ersten bis nach unten in die Amateurteams. Und dass das zeige, was der Sport für eine Kraft habe. „Heimstärke zeigen“, das ist ein Motto des Clubs – „Stärke zeigen für Brian“ in diesen Wochen ein anderes.

Ein Club hält zusammen. Oder anders: Alle für einen. Alle für Brian.

Wie also soll man in dieses Gespräch einsteigen mit diesem Brian, mit diesem Unbekannten, der Krebs hat? Was soll man ihn fragen? Brian Frank ist nervös, und das beruht am anderen Ende der Telefonleitung auf Gegenseitigkeit.

Doch dann geht es schnell. Denn nicht der Fragesteller bricht das Eis, das erledigt Brian Frank selbst. Er erzählt vom Treppensteigen, das nach elf Wochen mit Bestrahlungen und der Chemotherapie heftig sei: „Da brennen die Oberschenkel“, sagt Brian. „Am Anfang hatte ich üblen Muskelkater.“ Das sei aber auch kein Wunder, wenn man 24 Stunden lang an irgendwelche Geräte angeschlossen sei: „Da bewegt man sich null.“

Schwindel beim Treppensteigen

Es gehe ihm gut, das sagt Brian Frank immer wieder. Er redet ruhig und mit Bedacht. Aber die Stimme, sie ist fest. Dann sagt Brian den Satz mit dem Starksein. Für die Familie, für seine echte, für die erste vor der zweiten namens SG BBM.

Brian Frank erzählt seine Krankengeschichte. Seine Mutter sieht im Frühsommer dieses Jahres, dass ihr Sohn immer bleicher wird im Gesicht. Er selbst fühlt sich immer schlapper, er kann kaum noch Treppen steigen ohne Schwindelgefühle. Es wird immer schlimmer. Brian wird Blut entnommen. Die Werte sind miserabel. Die endgültige Diagnose gibt es dann am 7. September: Blutkrebs. „Es war ein Montag“, sagt Brian, „den Tag werde ich nie vergessen.“

Seither verbringt Brian Frank insgesamt 13 Wochen im Krankenhaus, mit zwei Chemotherapie-Blöcken. Vor ein paar Wochen sagt er in diesem ersten Telefongespräch, dass er hoffe, dass er an Weihnachten zu Hause bei der Familie sein könne.

Die SG BBM holt die DKMS ins Boot

Wegen Corona darf ihn irgendwann nur noch eine Person besuchen im Krankenhaus in Stuttgart, es ist die Mutter. Der Vater und die Schwester leiden, weil sie in den schwersten Stunden nicht da sein können. Kontakt gibt es nur per Videochat. Krebs und Corona, das ist für alle Beteiligten eine fürchterliche Kombination.

Seine zweite Familie gibt währenddessen draußen alles: Die SG BBM schildert der DKMS den Fall und holt sie ins Boot. Die Suche nach dem Spender, nach dem sogenannten genetischen Zwilling, läuft. Und die dafür benötigten Spendengelder für die DKMS laufen ein. „Die Resonanz war bisher überwältigend“, sagt Felix König, der Sportliche Leiter: „Wir haben sogar von Handballclubs aus Norddeutschland gehört, die Hilfe angeboten und gespendet haben.“

Die SG BBM organisiert Spendenläufe für Brian, die Profiteams aus Liga eins (Frauen) und zwei (Männer) spenden an die DKMS, die zweite Herrenmannschaft spendet Teile des Gehalts. Es gibt von November an Flyer, Videobotschaften und dazu das volle Verlinkungs- und Aufrufprogramm im Netz.

Der Kampf geht richtig los

Nun also steht Weihnachten kurz vor der Tür – und damit die Frage, ob Brian daheim sein kann bei der Familie. Ein nächster Anruf. Und die frohe Kunde übers Handy: Die Blutwerte sind okay. Brian ist an Heiligabend und den Feiertagen zu Hause.

Und es wird noch besser. Viel besser.

Kurz vor Weihnachten bekam Brian in dieser Woche in einer Besprechung nach einer Kontrolle die nüchterne Mitteilung: Es gibt ihn, den potenziellen Stammzellenspender. Der genetische Zwilling scheint gefunden. Brian Frank spricht von „einer sehr schönen Nachricht“. Dann schmunzelt er. Er weiß, dass er gerade untertrieben hat, und das maßlos.

Am 26. Januar soll die Transplantation erfolgen. Ob sich der Spender aufgrund der Aufrufe der SG BBM auftat oder ob er vorher schon registriert war, das weiß man nicht. Es ist aber gut möglich, dass das große Engagement der Bietigheimer Handballfamilie zum ersten großen Ziel geführt hat. Der Sport als Brückenbauer, im allerbesten Sinne.

Brians Körper muss nun Ende Januar diese Spende annehmen, es ist eine hohe Hürde – und nicht selbstverständlich. „Mein Kampf“, sagt Brian Frank, „der geht jetzt erst so richtig los.“

Die ersten Runden aber hat er schon überstanden.