Verhandelt wird vor dem Landgericht in Stuttgart. Foto: dpa/Marijan Murat

Das Landgericht Stuttgart geht in einem weiteren Prozess gegen den 37-Jährigen aus Markgröningen (Kreis Ludwigsburg), der Tabitha E. ermordet hat, älteren Spuren von sexuellen Belästigungen nach.

Am vierten Tag des Vergewaltigungsprozesses gegen den 37-jährigen Mann, der wegen Mordes an Tabitha E. zu lebenslanger Haft verurteilt worden ist, ist die 2. Große Strafkammer des Landgerichts Stuttgart früheren Hinweisen auf sexuelle Belästigungen nachgegangen. „Wir haben bei bestimmten Punkten damals nicht tiefer nachgefragt, weil unser Fokus auf den Ermittlungen wegen des Tötungsdelikts von Tabitha lag“, räumte ein 31-jähriger Kriminalbeamter ein. Es seien ihm und seinen Kollegen aber mehrfache sexuelle Annäherungsversuche des Angeklagten gegenüber den Mädchen im Teenageralter aus Markgröningen bekannt geworden.

Seit Anfang Februar muss sich der 37-Jährige wegen Vergewaltigung verantworten. Er soll am 3. April 2021 an einer ihm aus einer Clique bekannten 15-Jährigen in seiner Wohnung sexuelle Handlungen vorgenommen haben. Es sei auch gegen deren explizit geäußerten Willen zu einem Eindringen in den Intimbereich mit einem Finger gekommen.

Angeklagter bestreitet Vorwurf

Dies hat der Angeklagte am ersten Verhandlungstag bestritten. Nach seiner Aussage hat er die 15-Jährige lediglich oberhalb der Kleidung massiert, als sie bei ihm auf dem Bett lag – und das auf ihre Bitte hin. Anschließend habe er sie nach Hause gefahren, und bis zu seiner Verhaftung im Juni 2022 habe sie ihm auch noch regelmäßig via WhatsApp geschrieben. Warum die 15-Jährige ihn bei der Polizei angezeigt habe, wisse er nicht. Er vermute, die Clique um Tabitha wolle ihn „fertig machen“, damit er nie wieder aus dem Gefängnis komme.

Tatsächlich steht in diesem Prozess auch im Raum, ob die besondere Schwere der Schuld festgestellt werden soll. Dies würde bedeuten, dass der Angeklagte nicht automatisch nach 15 Jahren entlassen würde, sondern noch länger in Haft bleiben muss.

Ein 30-jähriger Kriminalbeamter erklärte, Ende 2020 sei ein Verfahren gegen den Angeklagten wegen eines Sexualdelikts eingeleitet worden. Aufhänger war, dass eine 15-Jährige aus der Clique um Tabitha E. wegen eines Ladendiebstahls mit einem Taschenmesser bei der Polizei verhört worden war und angegeben hatte, dieses habe sie bei sich, um sich zu verteidigen. Sie sei schon einmal von dem Angeklagten sexuell belästigt worden. Das Verfahren sei dann aber eingestellt worden, da die 15-Jährige im Beisein ihrer Eltern nicht detailliert aussagen wollte und sich die Vorwürfe nicht beweisen ließen.

Es gab ein Annäherungsverbot

Bekannt wurde auch, dass diese 15-Jährige ein Annäherungsverbot gegen den Angeklagten erwirkt hatte. Demnach durfte er sich ihr nicht mehr als 150 Meter nähern und durfte keinen Kontakt zu ihr via Telefon, SMS oder soziale Medien aufnehmen.

Auch im Mordprozess Tabitha E. vor der 1. Großen Strafkammer im Jahr 2023 war immer wieder Thema gewesen, dass sich der Angeklagte mit deutlich jüngeren und zum Großteil minderjährigen Mädchen umgab und Frauen als „Puppen“ und „Spielzeug“ bezeichnete. Die mutmaßlich geschädigte 15-Jährige in diesem Prozess war 2023 als Zeugin vernommen worden, teilweise unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Den Vorwurf der Vergewaltigung hatte die damals 15-Jährige aber erst 2023 erhoben, also rund eineinhalb Jahre nach der mutmaßlichen Tat im April 2021. Anders als in diesem Prozess hat der Angeklagte im Mordprozess bis zum Ende geschwiegen.

Dieser Prozess wird am 24. Februar fortgesetzt, das Urteil soll am 12. März verkündet werden.