Von Sabrina Erben

Stuttgart - Wie sieht eine Bank für vermögende Kunden eigentlich aus? Brokatvorhänge, Kronleuchter oder schwere Teppiche sucht man bei Ellwanger & Geiger vergeblich. Das Interieur ist modern und puristisch. Am Börsenplatz 1 in Stuttgart liegt das Stammhaus zwar zentral, aber versteckt im Gebäude der L-Bank. „Wir sind bodenständig“, sagt Andreas Rapp, Leiter des Privatkundengeschäfts. Der diplomierte Bankbetriebswirt - er ist seit 2010 für die Vermögensverwaltung zuständig - läuft in schnellen Schritten den Gang entlang und erklärt nebenbei die Auswahl der Gemälde an den Wänden. Sie stammen von Vernissagen verschiedener Künstler, die das Institut immer wieder veranstaltet. „Wir wollen keinen großen Luxus darstellen. Der Kunde soll sich wohlfühlen“, sagt Rapp. Seit 1912 betreut die Bank vermögende Kunden in Stuttgart.

In Zeiten niedriger Zinsen ist nicht nur der normale Sparkassensparer verunsichert. Auch Reiche wissen nicht, wohin mit ihrem Vermögen. Die Anlagestrategie der berühmten Comicfigur Dagobert Duck, die ihre „Fantastilliarden“ im hauseigenen Gelspeicher hält, ist wohl für kaum jemanden eine Alternative. „Das Thema niedrige Zinsen ist in jedem Kundengespräch von uns präsent“, betont Rapp. Allerdings kann nicht jeder Sparer sein Geld bei der Privatbank anlegen. Es wird „ab einem sechsstelligen Betrag“ interessant. Das ist das Eintrittsgeld, um die Tore am Börsenplatz 1 zu öffnen.

Werbung macht die Privatbank keine. Es wird auf Exklusivität und Unabhängigkeit gesetzt. „Wir nutzen das Empfehlungsmanagement“, sagt Rapp. Das heißt: Es gibt Kamingespräche in guten Restaurants. Organisiert von Ellwanger&Geiger. Eingeladen sind Kunden, die einen Nicht-Kunden mitbringen können. Referiert wird an solchen Abenden nicht nur über Finanzthemen. „Wir hatten schon einen Pianisten zum Vortrag eingeladen“, erzählt Rapp.

Die Erstgespräche finden im Stammhaus in Stuttgart statt. „Es gibt zwei bis drei intensive Gespräche am Anfang“, beschreibt Rapp das Kennenlernen. Es sei auch eine Art Test für den Berater. „Es ist ein Vertrauensverhältnis notwendig. Der Kunde muss seine Vermögensverhältnisse offen legen.“ Diskretion ist dabei ein wichtiger Punkt. Das sei Rapp zufolge vor allem in schwäbischen Gefilden getreu dem Motto: „Über Geld spricht man nicht, man hat es“, wichtig. Und es ist eine Herausforderung für die Berater. „Je größer der Einblick ist, der uns in die Vermögensverhältnisse gewährt wird, desto individueller können wir beraten.“

Kreativität bei der Anlage

Bei der Analyse wird nach persönlichen Dingen gefragt: Wie sieht die Altersvorsorge aus? Wie die Familienplanung oder die Erbschaftsregelung? Welchen Teil des Vermögens möchte man investieren? Zudem, so Rapp, seien die Vermögensverhältnisse bei reichen Kunden oft verzwickt. Teilweise wisse der Kunde selbst nicht genau, wie viel Geld er eigentlich besitze. Vor allem Kapital aus einer überraschenden Erbschaft könne am Anfang auch belastend sein.

Und wie und in was investieren Vermögende? Studien über das Anlageverhalten gibt es nur wenige. Man spricht nicht gerne über Geld. Der LGT Private Banking Report - LGT ist ein Finanzunternehmen aus Liechtenstein - ist eine der wenigen Studien, die das Investment vermögender Privatpersonen in Deutschland, der Schweiz und Österreich untersucht. Die aktuellste Studie aus 2016 zeigt auf, dass die Mehrheit der vermögenden Anleger nach wie vor auf klassische Anlageformen setzt. Rohstoffe oder alternative Anlagen fristen ein Schattendasein. Allerdings erfreuen sich Hedgefonds und Private Equity - das bedeutet privates Beteiligungskapital - in Deutschland einer hohen Nachfrage.

„Vermögenden Kunden geht es vor allem um den Werterhalt“, sagt Rapp. Das Vermögen soll vermehrt werden - aber unter allen Umständen erhalten werden. Nach und nach steigen Rapp zufolge wieder Aktien im Kurs der Vermögenden. „Ein langer Anlagehorizont ist wichtig, ein zwischenzeitlicher Kursverlust sollte aber nicht nervös machen.“

Reiche Menschen machen aber in der Regel eines: Sie verteilen ihr Geld - weil sie mehr zu verteilen haben. Das verteilt auch das Risiko. „Wichtig ist eine breite Diversikation“, sagt Rapp. Das gelte auch für das Aktienportfolio.

Viel Geld beflügelt auch die Kreativität bei der Anlage. Immerhin sind Gemälde, Oldtimer oder Skulpturen Investitionsmöglichkeiten. Es gebe auch Kunden, die in einen Oldtimer investieren möchten - das ist Rapp zufolge die Minderheit. Das sind emotionale Anlagen. „Investieren sollte man nur in das, was man auch versteht“, sagt Rapp. Kauft ein Kunstbanause ein Gemälde als Investition, ist das eben schwierig. Nur zwölf Prozent der Vermögenden sehen sich der Studie aus Liechtenstein zufolge als emotionale Investoren. Deutschland weist im Vergleich zur Schweiz und Österreich einen höheren Anteil an rationalen Investoren auf.

Und können Vermögende in rentablere Anlagen als ein Kleinsparer investieren? „In manche Anlageklassen ist der Zugang erst ab einem bestimmten Vermögen möglich“, sagt Rapp. Aber auch wenn Vermögenden andere Finanzprodukte zur Verfügung stehen, seien sie nicht risikofreudiger.

Die „richtigen Superreichen“ legen ihr Geld in der Regel übrigens nicht direkt bei Banken an, sondern besitzen ihr eigenes sogenanntes Family Office als Vermögensverwaltung. Die empfohlene Mindestgröße liegt bei 500 Millionen Euro.