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Von Michael Paproth

Esslingen – „Als ich klein war, glaubte ich, Geld sei das wichtigste im Leben. Heute, da ich alt bin, weiß ich: Es stimmt.“ Sagt der irische Schriftsteller Oscar Wilde, der 1900 im Alter von 46 Jahren verarmt in Paris starb. Hätte er gespart, wäre ihm womöglich manches erspart geblieben. Jedenfalls werben Sparkassen und Volksbanken seit Jahrzehnten dafür, regelmäßig Geld auf die Seite zu legen: Der Weltspartag ist zu einer deutschen Institution geworden. Dumm nur, dass die Europäische Zentralbank die Zinsen im Euroraum abgeschafft hat – mit weitreichenden Folgen für Banken und Sparer. Dennoch verändern viele Bundesbürger ihr Anlageverhalten nicht. Die Sparquote – das Verhältnis von Erspartem und verfügbarem Einkommen – betrug im ersten Halbjahr 9,7 Prozent. Das entspricht in etwa dem langjährigen Durchschnitt, und zeigt, dass die Deutschen weiter tapfer Geld zur Seite legen. Dabei steht der Wunsch nach Sicherheit an erster Stelle, vor Flexibilität und Verfügbarkeit. Hier ein Überblick:

Sparbuch und Tagesgeld

Diese beiden, bei den als risikoscheu geltenden Deutschen besonders beliebten Anlagemöglichkeiten, werfen keine Rendite mehr ab. Zinssätze von 0,01 oder sogar 0,0 Prozent bei Sparkonten sind keine Seltenheit. Bei den täglich verfügbaren Tagesgeldern sieht es kaum besser aus. Lediglich einzelne Angebote meist ausländischer Banken versprechen für Tagesgeld noch bis zu einem Prozent Zins. Unter dem Strich ist allerdings festzuhalten: Rentabel ist anders – und dennoch verändern viele Deutsche ihr Anlageverhalten nicht. Eine Esslingerin, die 20 000 Euro auf einem Tagesgeldkonto bei ihrer Hausbank liegen hat, sagt trotz europäischer Einlagensicherung entschieden: „Ich überweise mein Geld nicht ins Ausland. Notfalls zahle ich auch Negativzinsen.“ Bargeld und Einlagen bei Banken sind der Deutschen Bundesbank zufolge mit etwas mehr als 2128 Milliarden Euro nach wie vor der größte Posten des Geldvermögens der privaten Haushalte in Deutschland.

Gold

Das gelbe Edelmetall hat seit dem Allzeithoch vor fünf Jahren bei 1920 Dollar deutlich an Wert verloren. Mit ein Grund dafür dürfte sein, dass es seine klassische Rolle als Absicherung gegen die Geldentwertung nicht mehr so spielen kann, wie das früher der Fall war. Schon länger sind nämlich die Inflationsraten tief. Gefahr droht eher von der Deflation, einer Spirale aus fallenden Preisen. Kein Wunder, dass in diesem Umfeld Anleger beim Goldkauf zurückhaltend sind und nicht in den sicheren Hafen steuern. In diesem Jahr war etwas anders: Der Goldpreis erholte sich zwischenzeitlich in der Spitze um knapp 30 Prozent auf 1375 Dollar. Nun kostete die Feinunze (31,1 Gramm) wieder nur noch 1130 Dollar. Die Märkte erwarten, dass nach Donald Trumps Wahlsieg durch höhere Staatsausgaben die Inflationsgefahren steigen, was die US-Notenbank dazu veranlassen könnte, die Zinsen stärker anzuheben als gedacht. Da Gold bekanntlich keinen Zins abwirft, ist es bei steigenden Zinsen in den USA als sichere Anlage weniger attraktiv als vor Monaten.
Anlageexperten empfehlen Gold als Beimischung im Depot mit einem Anteil von fünf bis zehn Prozent. Das Verbraucherportal Finanztipp stellt fest: „Der Rendite wegen sollten Sie kein Gold kaufen.“ Wer jedoch Angst vor einem Währungscrash habe und den Totalverlust seiner sonstigen Anlagen fürchte, der könne einen kleinen Anteil seines Vermögens in physisches Gold umwandeln. In der Tat: Weil die Goldreserven weltweit begrenzt sind, behält das Edelmetall höchstwahrscheinlich einen gewissen Sachwert. Von Anlagemünzen ist der Krügerrand am beliebtesten.

Immobilien

Die Preise für Wohnungen und Häuser steigen seit Jahren. Wer schon länger eine Immobilie besitzt, kann sich über einen erklecklichen Wertzuwachs freuen. Für weiter steigende Preise spricht, dass der Wohnungsbau vielerorts mit der Nachfrage nicht mithält. Allerdings kursieren immer wieder Warnungen vor einer Immobilienblase in Deutschland. Davon will die Bundesbank aber nach wie vor nichts wissen. Anders ist die Lage in Europa. Nach Einschätzung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken droht der Markt für Wohnimmobilien in EU-Ländern wie Dänemark, Österreich, Belgien, Finnland, Luxemburg, Schweden, den Niederlanden und in Großbritannien zu überhitzen – allerdings gerade nicht in Deutschland. Es bestünden mittelfristig Risiken wegen überschießender Immobilienpreise oder einer zu starken Verschuldung der Haushalte, erläutert der Ausschuss.

Durch die extreme Niedrigzinspolitik der EZB sind die Kosten für Kredite stark gesunken. Investments in Wohnimmobilien wurden besonders attraktiv. Wer eine Immobilie als Geldanlage kaufen will, hat es einerseits mit stark gestiegenen Preisen zu tun, andererseits ist Baugeld sehr günstig zu haben. Dies gilt es, gegeneinander abzuwägen. Doch aufgepasst: Nach Angaben der Frankfurter Finanzberatung FMH haben seit der US-Wahl mehr als 20 Banken in Deutschland die Zinsen für Baukredite aller Laufzeiten angehoben. Die staatseigene KfW-Bank etwa hat die Zinsen für ihre geförderten Baukredite um bis zu 0,35 Prozentpunkte angehoben „Wir erwarten aber keine Zinswende“, sagt ein Experte. Signifikante und dauerhafte Anstiege werde es in den nächsten Monaten nicht geben. Das Institut der Deutschen Wirtschaft macht unterdessen all jenen Mut, die sich für ein Eigenheim entscheiden. Sie kämen langfristig günstiger weg als jene, die zur Miete wohnen.

Staatsanleihen

Staatsanleihen sind festverzinsliche Wertpapiere, ausgegeben von Staaten. Die vorher vereinbarten Zinsen werden jährlich ausgeschüttet, die Rückzahlung erfolgt am Ende der vereinbarten Laufzeit, die oft zehn Jahre beträgt. Es gibt auch kürzere und längere Laufzeiten. Bis zur Staatsschuldenkrise, in deren Mittelpunkt die mehrfach gerade noch durch internationale Hilfe abgewendete Pleite Griechenlands stand, galt diese Anlagemöglichkeit als sicher – was nicht stimmte, wie etwa die Staatspleite Argentiniens zeigte. Manche Staatsanleihen bieten hohe Zinsen, bergen aber hohe Risiken. Wie überall gilt: je höher die Renditen, desto größer das Risiko. Ein sicherer Hort sind deutsche Staatspapiere, die Bundesrepublik gilt als erstklassiger Schuldner. Das Problem: Es gibt kaum Zinsen, die Rendite von Bundesanleihen lag sogar im Minus. Etwas mehr ist mit soliden Unternehmensanleihen zu erzielen – soliden wohlgemerkt. Etliche mittelständische Firmen, die Anlegern ihre Anleihen mit hohen Zinsen schmackhaft machten, gingen in den vergangenen Jahren pleite. Windreich aus Wolfschlugen ist ein Beispiel.

Fonds und ETFs

Wer etwas gegen die kläglichen Renditen tun will und ein gewisses Risiko nicht scheut, kommt am Aktienmarkt nicht vorbei. Rolf Drees vom deutschen Fondsverband BVI sagt unserer Zeitung: „Im Leben gibt es nichts umsonst.“ Er sagt aber auch: „Wenn ich ein Anlageprodukt nicht verstehe, sind meistens irgendwo Risiken versteckt. Dann heißt es: Finger weg!“ Einzelne Aktien könnten im schlimmsten Fall wertlos werden, ganze Aktienmärkte aber nicht. Wer sich die Auswahl einzelner Wertpapiere nicht zutraue, für den seien breit streuende Aktienfonds sowie offene Immobilienfonds eine gute Wahl. Immobilienfonds erwirtschaften derzeit Renditen von zwei bis drei Prozent. Aktienfondsbesitzer erzielten in den vergangenen zehn Jahren mit deutschen Fonds Renditen von durchschnittlich fünf Prozent im Jahr.
Eine Frage ist, ob man dem Fondsmanager vertraut oder lieber einen Indexfonds (ETF) kauft. Fondsmanager können durch Kauf und Verkauf Einfluss nehmen auf die Gewichtung der Wertpapiere im Fonds. Das lassen sie sich bezahlen. ETFs zeichnen die Entwicklung etwa des Deutschen Aktienindexes, des Euro-Stoxx-50 oder des S&P-500 nach – und bilden die allgemeine Marktentwicklung ab. Die Gebühren sind geringer als das bei gemanagten Fondsprodukten der Fall ist. ETFs eignen sich besonders für Sparpläne – jeden Monat wird eine feste Summe investiert. Das geht natürlich auch bei Aktienfonds. Ein Vorteil ist, dass die Sparer flexibel bleiben und jederzeit Anteile verkaufen können. Zudem kommt es durch die immer gleichen monatlichen Raten zur Nivellierung der Kursschwankungen.

Aktien

Schaut man auf einen langen Zeitraum, waren Aktienbörsen alles andere als Geldvernichtungsmaschinen. Im Gegenteil: Trotz vieler Krisen haben sich Aktien langfristig als renditestarke Anlage bewährt. Ein Gedanke: In preiswerten Aktien steckt ein höheres Risiko, sonst wären sie nicht preiswert. Umgekehrt sind teuere Aktien höher bewertet, weil sie die Anleger nicht oder kaum enttäuscht haben. Ob eine Aktie teuer ist oder nicht, lässt sich am Kurs-Gewinn-Verhältnis ablesen. Wenn die Wirtschaft wächst, steigen in der Regel die Gewinne der Unternehmen. Das ist der Treibstoff für steigende Aktienkurse. Nichtsdestotrotz hat es und wird es Verlierer geben. Die Energiewende in Deutschland beispielsweise, eingeleitet nach dem Atomunglück in Fukushima, zerlegte die Börsenkurse von Eon und RWE. Die Telekom dümpelte noch kürzlich um ihr Niveau des Börsengangs von vor zwanzig Jahren. Wer dieses Wertpapier aber kurz vor dem Zusammenbruch des Neuen Marktes kaufte – in der Spitze notierte die Aktie sogar mit mehr als 100 Euro – verlor viel Geld. Gestern notierte sie wenigstens knapp über 16 Euro. Auch Bankaktien gehören zu den Verlierern. Anders verhält es sich etwa mit Beiersdorf. Wer vor zehn Jahren das Dividendenpapier bei 45 Euro erworben, hat bis heute allein gut 35 Euro Gewinn einfahren. Oder der Chiphersteller Infineon. Dessen Kurs stieg in fünf Jahren sogar um 180 Prozent, was zeigt: Investitionen in einzelne Aktien können sehr lukrativ sein, bergen aber ein größeres Risiko.