Quelle: Unbekannt

Mit dem Geld ist es so eine Sache. Viele versuchen, dem Kontostand nicht allzu große Bedeutung im Leben einzuräumen. Reich sein mache nicht glücklich, heißt es dann - aber dennoch brauche man das Geld. Unsere Redakteurin Melanie Braun hat mit einigen bekannten Persönlichkeiten aus Esslingen und der Region darüber gesprochen, was Geld für sie bedeutet, wie sie es anlegen und welche Auswirkungen die Niedrigzinsphase auf ihr persönliches Leben hat. Bei einem sind sich alle einig: Geld ist nicht alles - aber es ist trotzdem existenziell.

Für Oberbürgermeister Jürgen Zieger ist Geld existenziell: „Geld ist die Daseinsvorsorge für mich und meine Familie.“ Allerdings habe er keine romantische Vorstellung von großem Besitz: „Ich denke, Reichtum macht nicht glücklich. Es ist keine Verheißung für mich, immer noch mehr Geld zu haben.“ Allerdings müsse man auch bedenken: „Armut macht natürlich auch nicht glücklich.“ Er brauche so viel Geld, dass er seinen Lebensunterhalt finanzieren könne, mehr nicht.

In Geldangelegenheiten sei er konservativ, sagt Zieger: „Spekulative Anlagen sind nichts für mich.“ Verzockt hat er sich daher noch nicht - auch wenn es im Nachhinein wohl nicht so klug gewesen sei, ein Jahr vor seiner Wahl zum Esslinger OB einen Wintergarten an sein Haus im früheren Wohnort gebaut zu haben. Heute liegt Ziegers finanzielles Hauptengagement auf der Abzahlung der Hypotheken des Hauses in Esslingen, da sei die Niedrigzinsphase eher förderlich. Schwieriger sei das bei seiner Lebensversicherung, in die er gefühlt seit ewigen Zeiten einzahle. „Aber insgesamt gleicht sich das aus“, findet der OB. Zieger zeigt sich zufrieden mit seinen finanziellen Entscheidungen - die beste davon sei die Finanzierung des Studiums seiner drei Kinder. Aber auch seine erste größere Investition hat der OB noch in guter Erinnerung: Von seinem ersten selbst verdienten Geld habe er sich eine Spiegel-Reflex-Kamera gekauft, um dem Hobby zu frönen, das ihn auch heute noch begeistert - wenngleich er inzwischen öfter mal das Smartphone statt der Kamera zückt.

„Geld bedeutet für mich Sicherheit, es ist meine Lebensgrundlage“, sagt Andreas Arndt, Direktor des Esslinger Amtsgerichts. Es sei daher wichtig - aber nicht alleinbestimmend in seinem Leben. „Aber das lässt sich natürlich leicht sagen, wenn man sich in einer gesicherten Position befindet“, räumt er ein. Arndt ist sehr besorgt ob der aktuellen Niedrigzinsphase. Denn diese bedeute große Umwälzungen: „Dass man Kapital ansammelt und irgendwann davon lebt, das gibt es ja gar nicht mehr.“ Große Geschäftsmodelle wie etwas das Bausparen seien jetzt obsolet. Er kenne auch einige Leute, die gespart haben, um im Alter vom Zinseszins zu leben - deren Rechnung gehe jetzt nicht mehr auf. Geld sei nicht mehr das Wirtschaftsgut, das es vorher war. Er selbst sei ein eher konservativer Mensch bei Geldanlagen, sagt Arndt. „Ich war lange Vorsitzender einer Wirtschaftsstrafkammer. Ich weiß, dass das Versprechen von hohen Zinsen schnell zu falschen Entscheidungen führen kann.“ Deshalb verzichte er lieber auf hohe Renditen und spare ganz normal - auch wenn man kaum noch Zinsen dafür bekomme. Aber Kapital sei aus seiner Sicht am Finanzmarkt nur zu erzielen, wenn man große Risiken dafür in Kauf nehme. Arndt war von Anfang an vorsichtig: Von seinem ersten selbst verdienten Geld gönnte er sich nicht etwa eine besondere Anschaffung oder eine Reise, sondern investierte es direkt in einen Bausparvertrag. Einmal hat sich Arndt aber dann doch mit großem Erfolg am Finanzmarkt versucht: „Als Student habe ich mal in AEG-Aktien angelegt, als das Unternehmen in der Krise war“, erzählt er. „Das war meine beste Geldanlage.“ Denn er habe die Aktien praktisch zum Nulltarif gekauft und mit 300 oder 400 Prozent Gewinn wieder veräußert. Insgesamt sei das zwar kein enormer Betrag gewesen, „aber für mich war das damals viel Geld.“

Heinz Fohrer, Vorstandsmitglied der Volksbank Esslingen, findet, dass die Höhe der Zinsen überhaupt nichts mit dem Sinn des Sparens zu tun habe. „Ich spare, um mir zu einem späteren Zeitpunkt etwas Größeres leisten zu können.“ Und man gebe nicht alles sofort aus, um möglichst immer flüssig zu sein. Dennoch habe die Niedrigzinsphase deutliche Auswirkungen auf sein persönliches Leben: „Mir steht irgendwann eine etwas kleinere Altersvorsorge zur Verfügung, als ich vor vielen Jahren annahm.“ Andererseits bezahle er auf seine Baufinanzierung auch deutlich weniger Zinsen als ursprünglich angenommen. Allerdings seien die niedrigen Zinsen bei seiner Arbeit als Bankenvorstand noch viel deutlicher spürbar, etwa beim Wegfall des Zinses als Regulativ für Investitionen, im Hinblick auf Sozialsysteme, Stiftungen oder Immobilienpreise und auch im Zusammenhang mit der Bereitschaft der Bürger, höhere Risiken einzugehen als sie eigentlich wollten.

Nachdem Fohrer als Jugendlicher nur auf eins sparte - auf ein Moped -, legt er heute viel Wert darauf, sein Geld auf verschiedene Anlageformen zu verteilen. So hat er sowohl ein Tagesgeldkonto als auch Lebensversicherungen sowie Anlagen in Investmentfonds und Aktien. „Damit habe ich für mich eine gute Balance zwischen Verfügbarkeit und Rendite“, sagt Fohrer. „Meine Anlagestrategie wähle ich nur so, dass ich damit gut schlafen kann.“ Schließlich sei Geld letztendlich nur Mittel zum Zweck und die Möglichkeit, diese Mittel aufzubewahren. Vom Geld könne man leben, sich damit aber auch Wünsche erfüllen und Ziele erreichen. „Geld ist Sicherheit, Möglichkeit und Verantwortung zugleich“, sagt Fohrer.

Für Burkhard Wittmacher, Vorstandsvorsitzender der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen, ist Geld ein Zahlungsmittel sowie ein Mittel, um sich Wünsche zu erfüllen, aber auch ein Wertspeicher, um für die Zukunft vorzusorgen. Gerade deshalb sei es auch in Niedrigzinsphasen wichtig, zu sparen: Eigentlich müsste man bei niedrigen Zinsen viel mehr sparen, um den gleichen Betrag zu erreichen wie bei höheren Zinsen“, sagt Wittmacher. Letztlich sehe es in Deutschland in dieser Hinsicht aber noch ganz gut aus: Im internationalen Vergleich sei die Sparquote hierzulande noch sehr hoch. Der Bankenvorstand selbst setzt auf verschiedene Anlageformen: „Ich investiere breit gestreut, damit auch das Risiko breit gestreut ist“, sagt er. So sei er nicht von irgendeinem Tageskurs abhängig. Die beste Wertanlage sei aber immer noch seine Immobilie: „Sie hat die höchste Rendite im Sinne der Wertsteigerung.“

Bernd Weißenborn, Dekan der evangelischen Kirchengemeinde Esslingen, hält Geld zweifelsohne für wichtig. „Ich brauche es, wie alle anderen auch“, sagt er. Allerdings habe Geld für ihn eine dienende Funktion: „Es geht nicht nur darum, das eigene Leben zu finanzieren, sondern auch darum, Geld für andere einzusetzen.“ In diesem Sinne versteht Weißenborn auch das, was er als seine bisher beste Geldanlage bezeichnet: Er sei mit jemandem, der kein Geld für Schuhe gehabt habe, losgegangen und habe welche gekauft.

Allerdings betrübe ihn immer wieder, dass heute fast alles über Geld definiert werde. Viel zu oft gelte: „Was nichts kostet, ist nichts wert.“ Das sieht Weißenborn anders: „Ich ziehe mehr Glück und Zufriedenheit aus anderen Dingen als aus Geld.“ Zumal man auch bedenken müsse, dass weltweit viele Menschen sehr hart und gut arbeiteten, dafür aber nur wenig oder kein Geld bekämen.

Er selbst spare ganz normal, spekulative Geldanlagen kämen für ihn nicht in Frage, sagt Weißenborn. „Mir ist es wichtig, dass Geldanlagen ethisch vertretbar sind.“ Auch in Zeiten niedriger Zinsen hält der Dekan das Sparen für sehr wichtig. Ihm geht es dabei vor allem auch um die Haltung, heute Vorsorge zu treffen, um morgen etwas zu haben. „Außerdem hat man ein ganz anderes Verhältnis zu etwas, für das man gespart hat“, gibt Weißenborn zu bedenken.

Hilde Cost, die scheidende Geschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer in Esslingen, hält die Niedrigzinsphase für ein großes Problem. So kämen etwa Unternehmen, die - in Zeiten viel höherer Zinsen - Betriebsrentenzusagen gemacht hätten, über kurz oder lang sicher in die Bredouille, weil sie nun viel mehr dazu zahlen müssten als kalkuliert. Zudem würden viel zu viele riskante Anlagen getätigt: „Wenn die Blasen platzen, wird es uns alle treffen“, sagt Cost. Sie persönlich lasse sich durch die aktuelle Situation aber nicht dazu verleiten, Geld in hochriskante Anlagen zu stecken, um überhaupt Zinsen zu bekommen. „Ich verteile mein Geld nach dem Motto: Nie alle Eier in einen Korb“, erzählt Cost. Auch trotz der niedrigen Zinsen hält sie viel vom Sparen, schließlich bedeute ein Konsumverzicht heute, später etwas zu haben. „Lieber ein schrumpfendes Polster als gar kein Polster“, sagt Cost. Als ihre besten Geldanlagen bezeichnet die IHK-Geschäftsführerin ihre Lebensversicherung - zumindest hoffe sie, dass diese das trotz der niedrigen Zinsen bleibe - und ihre Spenden für Ärzte ohne Grenzen. Über so manche Grenze führte Cost auch ihre erste Investition von ihrem eigenen Geld: Sie gönnte sich in jungen Jahren eine Rucksackreise nach Mexiko.