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Von Melanie Braun

Das Wetter ist nicht gerade ideal an diesem Tag. der Himmel ist grau und wolkenverhangen, am frühen Morgen hat es noch geregnet. Im Bikepark Albstadt ändert das zunächst einmal nichts: er ist trotzdem geöffnet, wie an jedem Wochenende im Sommer. Die Mitarbeiter haben sich einfach in dickere Jacken gepackt und begrüßen die Gäste freundlich. Allzu viele Besucher haben sich bei der feuchtkühlen Witterung ohnehin noch nicht auf das Gelände am Tailfinger Schlossberg gewagt. Dennoch läuft der Skilift schon – seit einigen Jahren liftet er im Sommer Mountainbiker auf den Berg. Umgebaut werden musste der Lift dafür nicht. Ein Mitarbeiter steht stets am Einstieg parat und hilft den Besuchern, den Bügel unter die Sattelstütze ihres Rads zu klemmen. Dann kann der Biker es sich auf dem Sattel bequem machen, die Füße auf die Pedale stellen und sich über die Wiese und dann über den steilen Anstieg bis nach oben ziehen lassen. Hier steht man dann vor der Wahl: Soll es nach links zur „Nordschleife“ und zum Trail „The Mini DH“ gehen oder lieber nach rechts zum „Castle Trail“ und zum „Eightball Trail“?

Nordschleife für Anfänger geeignet

Alle Abfahrten haben gemein, dass sie sich durch den Wald schlängeln und unten wieder zum Lift führen. Zudem sind sie alle im oberen Teil vergleichsweise einfach und auch für Anfänger geeignet. Weiter unten unterscheiden sie sich jedoch in der Schwierigkeit. So ist die Nordschleife auch für Einsteiger gedacht. Die 400 Meter lange Strecke, auf der rund 70 Höhenmeter überwunden werden, zweigt vom Mini DH ab und schlängelt sich in vielen schnellen Anliegerkurven durch den Wald. Wer will, kann die kleinen Erdrampen im Trail für Sprünge nutzen, sie können aber immer auch umfahren werden. Ansonsten hat die Nordschleife laut dem Bikepark-Betreiber vor allem den Charakter eines „Pumptrackdownhill“ mit durchaus ruppigem Untergrund. Wer den etwas anspruchsvolleren Mini DH fahren will, kann von einem mehr als vier Meter hohen Startturm aus herunter rasen. Der Mini DH mit seiner Länge von 1000 Metern sowie 135 Metern Höhendifferenz ist etwas für Liebhaber von Schnelligkeit und Sprüngen. Auch der 900 Meter lange Castle Trail rechts vom Lift mit seinen 140 Höhenmetern ist beliebt bei Downhill-Racern. Recht schnell sorgen zahlreiche Rampen aus Erde und Holz für Spannung – wer es gemächlicher mag, kann die schwierigen Elemente aber über sogenannte Chicken Ways umfahren. Vor allem im unteren Teil der Abfahrt wird es dann aber teils sehr anspruchsvoll und technisch, unter anderem sind sehr enge Spitzkehren und einige Wurzelpassagen zu meistern. Wer damit immer noch nicht ausgelastet ist, dem sei der Eightball Trail empfohlen, der relativ weit unten vom Castle Trail abzweigt. Die mit 160 Metern Länge und 50 Metern Höhendifferenz recht kurze, aber durchaus knackige Strecke hat es in sich. Neben engen Spitzkehren und schmalen Holzwegen – sogenannten Northshore-Elementen – wartet hier unter anderem auch eine zwei Meter hohe Geländestufe sowie ein sogenannter Corner Jump (Ecksprung) auf gewiefte Biker. Bei dem aufgeweichten, matschigen Boden ist die Herausforderung an diesem Tag sogar noch ein bisschen größer als sonst. Während im Wald nur einige Pfützen dafür sorgen, dass die Kleidung schnell mit braunen Punkten übersät ist, haben sich die Trails unten auf der Wiese teilweise in richtige Schlammzonen verwandelt. In einer dicken Schicht klebt der Matsch an den Reifen und bremst übermotivierte Biker dann doch etwas aus. Aber nicht lange: Im Lauf des Vormittags kommt die Sonne heraus – und mit der Wärme kommen die Besucher. Immer mehr Sportler sammeln sich unten am Lift, ausgestattet mit wuchtigen Bikes, massiven Helmen sowie Schonern an Rücken, Ellbogen und Knien. Das ist Pflicht: „Wir schauen danach, dass alle Protektoren tragen“, sagt Holger Blum, der zusammen mit seiner Familie den Bikepark betreibt. Eine Zeit lang hätten einige Biker auf Schoner verzichtet, da hätte seine Frau dann immer wieder Schürf- und Platzwunden verarzten müssen. Dabei haben die Blums auch so genug zu tun. Der Bikepark ist zwar nur freitagnachmittags, samstags, sonn- und feiertags geöffnet, doch dann kommen laut Holger Blum im Durchschnitt 50 Fahrer pro Tag, 5000 bis 6000 sind es in der Saison. Und die Betreiber kümmern sich nicht nur um den Lift, sondern auch um die Leih-Bikes, den Shop und den Kiosk, außerdem werden Kurse und immer mal wieder verschiedene Aktionen angeboten. Im Jahr 2009 haben Holger Blum und seine Frau den Bikepark eröffnet, auch ihre zwei Kinder packen am Wochenende mit an. Inzwischen betreibt die Familie den Park hauptberuflich: „Wir haben eine Sieben-Tage-Woche“, sagt Blum. Denn auch wenn der Park unter der Woche nicht geöffnet sei, gelte es, Trails zu bauen oder zu reparieren, die Leih-Räder zu pflegen, den Online-Shop zu bedienen und das nächste Wochenende vorzubereiten.

Erweiterung des Parks geplant

Schließlich erledigt die Familie fast alles selbst – auch die Trails werden eigenhändig geplant und gebaut. Derzeit beschäftige er sich mit einer Erweiterung des Bikeparks, erzählt Holger Blum. Künftig wolle er den Besuchern insgesamt fünf bis sechs Kilometer Strecke anbieten – derzeit seien es um die drei Kilometer. „Wir wollen noch vielseitiger und familienfreundlicher werden“, sagt er. Großevents wie die deutsche Meisterschaft im Jahr 2014 plane man hingegen vorerst nicht mehr. Die Auflagen für Rennen seien inzwischen so hoch, dass das kaum noch zu realisieren sei, sagt Blum. Stattdessen setze man auf kleinere Aktionen wie etwa eine Fotoaktion am 2. September: Die Biker werden auf den Strecken fotografiert, das beste Fotomodell bekommt einen Preis. Die Saison geht noch bis Ende Oktober. Anfang November packt die Familie Blum dann zusammen und macht erst einmal Platz für die Wintersportler. Allzu lang sei die Pause allerdings nicht, sagt Holger Blum: Ab Mitte März sei der Bikepark wieder am Start.