Trotz aller Gegensätze raufen sich die ungleichen Schwestern Elsa (Camille Cottin) und Gabrielle (Vanessa Paradis, rechts) irgendwie doch zusammen. Foto: Alamode - Alamode

Mit der lieben Verwandtschaft ist das manchmal so eine Sache. Cécilia Rouaud erzählt in ihrer warmherzigen Komödie „Das Familienfoto“ die Geschichte einer Familie, die sich entzweit hat und durch einen Schicksalsschlag wieder zusammenfindet.

EsslingenAngeblich soll die Familie ja der Ort sein, an dem das Leben beginnt und die Liebe niemals endet. Doch mit der Verwandtschaft ist das so eine Sache: Viele bleiben sich ein Leben lang verbunden, manche leben sich irgendwann auseinander. Und wenn es dumm läuft, sind sie sich irgendwann sogar in herzlicher Abneigung verbunden. Dann bedarf es oft eines schicksalhaften Paukenschlags, um alles erst einmal durchzurütteln, damit es am Ende wieder ins Lot kommt – so wie in Cécilia Rouauds warmherziger Komödie „Das Familienfoto“.

Gabrielle (Vanessa Paradis), Elsa (Camille Cottin) und Mao (Pierre Deladonchamps) sind Geschwister, doch weil sie so grundverschieden sind, gehen sie seit vielen Jahren getrennte Wege. Gabrielle verdient sich ihre Brötchen als lebende Statue für Touristen. Elsa wünscht sich ebenso sehnlich wie vergeblich ein Kind. Und Mao ist trotz seiner Erfolge als Spieleentwickler Kind geblieben. Und die Eltern, die seit langer Zeit getrennt leben, sind ein zentraler Teil des Problems: Vater Pierre (Jean-Pierre Bacri) war nie zuhause. Dafür hat sich Mutter Claudine (Chantal Lauby) mit dem Sachverstand der Psychotherapeutin in alles eingemischt. Und das tut sie bis heute. Eigentlich drängt es keinen, die anderen wiederzusehen. Doch als der Großvater stirbt und die demente Großmutter Mamie (Claudette Walker) den Wunsch äußert, noch einmal in jenes kleine Dorf zu reisen, mit dem sie die schönsten Erinnerungen an gemeinsame Ferien mit ihren Enkelkindern verbindet, bleibt der Familie gar nichts anderes übrig, als sich zusammenzuraufen. Doch zunächst muss jeder seine eigenen Probleme anpacken. Erst dann erwächst aus dem schmerzlichen Verlust des Großvaters für jeden eine Chance, den eigenen Platz im Leben neu zu justieren.

„Das Thema Familie interessiert mich einfach“, sagt Regisseurin Cécilia Rouaud. „Mir scheint, wir sind alle von unseren Familiengeschichten mehr oder weniger geprägt. Es können komplizierte oder eher unkomplizierte Beziehungen sein, aber sie haben immer eng mit dem zu tun, wer wir sind und welche Wahl wir treffen. Man kann seiner Familie nicht entkommen und kehrt irgendwie immer zu ihr zurück. Ich wollte einen Film drehen, der zeigt, wie man vielleicht doch ein wenig Abstand gewinnen kann.“ Cécilia Rouaud nähert sich ihren Figuren einfühlsam, mit Sympathie und wenn es sein muss mit einer gewissen Nachsicht. Jeder hat seine Macken, Marotten und Problemchen, die einen Film fast alleine tragen könnten – zusammen ergeben sie ein Panoptikum menschlicher Eigenheiten, in dem mancher Zuschauer das eine oder andere durchaus wiedererkennen könnte. Denn die Geschichte ist wohltuend lebensnah erzählt, die Dialoge könnte man bei mancher Familienfeier hören, und die Darsteller spielen ihre Rollen nicht nur – sie leben sie. Allen voran Claudette Walker als demente Großmutter, die noch so verpeilt sein mag – wenn sie so unwiderstehlich lächelt, spürt man sofort, weshalb die Familie ihr gerne ihren letzten Wunsch erfüllen mag, auch wenn dafür jeder über seinen Schatten springen muss.

Eigentlich ist die Familie, die Cécilia Rouaud in ihrer warmherzigen Komödie vorstellt, ziemlich verkorkst. Ein Schicksalsschlag führt sie unfreiwillig wieder zusammen – und es dauert nicht lange, bis einem jeder trotz mancher Macken und Marotten irgendwie ans Herz wächst.