Quelle: Unbekannt

Aus Protest gegen die Niederschlagung des Ungarn-Aufstands 1956 blieben die Schüler einer ostdeutschen Abiturklasse für eine Minute im Unterricht stumm und gerieten damit ins Visier der DDR-Staatsmacht. Regisseur Lars Kraume hat diese wahre Geschichte eindrucksvoll verfilmt. Sein Spielfilm „Das schweigende Klassenzimmer“ ist nun auf DVD und Blu-Ray erschienen.

EsslingenDie Geschichte klingt unglaublich, und doch hat sie sich so ereignet, wie sie der Regisseur Lars Kraume in seinem Film „Das schweigende Klassenzimmer“ erzählt: Aus Protest gegen die Niederschlagung des Ungarn-Aufstands 1956 blieben ostdeutsche Schüler für eine Minute im Unterricht stumm. Die Sache zog immer weitere Kreise und forderte den jungen Leuten eine der schwersten Entscheidungen ihres Lebens ab. Dietrich Garstka, einer der damaligen Schüler, lieferte Kraume mit seinen Erinnerungen die Vorlage zu diesem Film, der während der Berlinale im Frühjahr seine Premiere feierte. Nun ist er bei Studiocanal auf DVD und Blu-Ray erschienen.

1956 war die Mauer noch nicht gebaut, und der kleine Grenzverkehr zwischen Ost- und Westdeutschland war in der DDR zwar nicht gern gesehen, aber immerhin möglich. Und so fuhren Theo (Leonard Scheicher) und Kurt (Tom Gramenz), zwei Abiturienten aus Stalinstadt, immer mal wieder über die Grenze, um in Westberlin Kino zu gucken. Die dramatischen Bilder vom Aufstand der Ungarn in Budapest, die Theo und Kurt in der Wochenschau sehen, lassen die beiden nicht mehr los. Vor allem die Nachricht, dass Fußball-Legende Ferenc Puskas erschossen worden sei, schockiert die Schüler. Sie erzählen ihren Klassenkameraden davon, und schließlich entscheiden sich die Schüler spontan zu einer unangekündigten Schweigeminute im Unterricht. Der Lehrer, ein strammer Genosse, rastet aus und gibt auch nicht nach, als der Rektor (Florian Lukas) zunächst versucht, die Sache kleinzuhalten. So bekommt der Volksbildungsminister (Burghart Klaußner) Wind von der Aktion und schaltet sich ein. Und plötzlich wird die Jugendlaune zum „eindeutig konterrevolutionären Akt“ stilisiert. Schuldige sollen benannt werden, die Partei hofft auf Denunzianten. Doch die Schüler halten zusammen und müssen einen schweren, aber unvermeidlichen Weg gehen.

Lars Kraume, der nicht zum ersten Mal in einem Film nachzuspüren versucht, wie sich Deutschland hüben und drüben in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg angefühlt hat, erzählt authentisch und mit dem nötigen Gespür für historische Details eine Episode aus Zeiten des Kalten Krieges, die viel über die damaligen Befindlichkeiten aussagt und trotzdem nie der Versuchung erliegt, vordergründig schwarz und weiß zu malen. Dass dieser Film solch eine unglaubliche Wirkung erzielt, liegt auch am jungen und durchweg überzeugenden Schauspielerensemble. Besser lässt sich Zeitgeschichte kaum im Kino zeigen. Dafür gab’s auch von Dietrich Garstka großes Lob.