Mit den Hits, die er den „Fab Four“ Foto: Universal Pictures - Universal Pictures

Was wäre, wenn die Erinnerung an die Beatles und ihre Musik im kollektiven Gedächtnis der Welt ausgelöscht wäre – und nur einer könnte sich noch an sie erinnern?

EsslingenEs gibt Filme, die eine solch elektrisierende Idee etablieren, dass man sich als Zuschauer unwillkürlich fragt: Warum ist noch niemand vorher darauf gekommen? Danny Boyles romantische Musikkomödie „Yesterday“ ist genau so ein Streifen, denn er stellt die Frage: „Was wäre, wenn die ganze Welt die Beatles vergessen hätte und sich nur ein einziger Musiker an sie erinnern könnte?“ Boyle gibt darauf eine ziemlich verblüffende Antwort.

Im Zentrum steht Jack Malik (Himesh Patel), ein junger Singer-Songwriter, der mit seiner Musik keinen Erfolg hat und beschließt, die Gitarre an den Nagel zu hängen. In derselben Nacht kommt es zu einem mysteriösen weltweiten Stromausfall. Jack wird auf seinem Fahrrad von einem orientierungslosen Bus angefahren. Als er später im Krankenhaus aufwacht, hat zwei Zähne verloren – und seine geliebte Gitarre, die zu Bruch gegangen ist. Doch seine Freunde schenken ihm ein neues Instrument, und als Dankeschön spielt er ihnen den Song „Yesterday“. Die Freunde sind begeistert – auf seine Bemerkung, dass es sich um einen Hit der Beatles handelt, reagieren sie mit Unverständnis, weil sie von den „Fab Four“ noch nie gehört haben – genau wie der Rest der Welt: Offenbar ist die Erinnerung an die Beatles und ihre Musik im globalen Gedächtnis restlos ausgelöscht. Jack erkennt die Gunst der Stunde, gibt die Hits der Beatles fortan als seine aus und wird zum weltweiten Superstar.

Die Idee in Boyles „Yesterday“ ist nicht nur originell, sie hat auch ein sehr charmantes Potenzial. Die anderen Ausgangsbedingungen stimmen ebenfalls: Das Drehbuch stammt von Richard Curtis, dem Autor britischer Megahits wie „Tatsächlich Liebe“ oder „Notting Hill“. Regisseur Danny Boyle gewann mit „Slumdog Millionär“ bereits einen Oscar. Hauptdarsteller Himesh Patel schließlich hat sich in der britischen Arbeitersoap „Eastenders“ einen Namen erarbeitet und ist jetzt bereit für den Sprung auf die große Leinwand. Und für die größten weiblichen Rollen wurden Lily James und Kate McKinnon verpflichtet. Ihnen allen gelingen hübsche und emotionale Momente, etwa wenn Jack beim Googeln von „Sergeant Pepper’s Lonely Hearts Club Band“ nur auf eine Datingseite für Soldaten stößt – die Beatles sind ja nicht bekannt. Superstar Ed Sheeran hat einen urigen Auftritt, bei dem er Jack rät, aufgrund der einfacheren Vermarktbarkeit aus „Hey Jude“ doch besser „Hey Dude“ zu machen.

„Yesterday“ hat aber auch Schwächen. So geht der Film zu oberflächlich der Frage nach, ob wirklich Talent oder eben doch Glück und Netzwerke für den Erfolg entscheidend sind. Curtis und Boyle reißen zudem nur hastig an, welcher Preis für Ruhm zu zahlen ist, ohne je tiefer an dieser Frage interessiert zu sein. Hinzu kommt, dass die Beatles-Musik in Jacks Händen nur wenig Magie besitzt. Wer zuletzt „Rocketman“ gesehen hat, erinnert sich an die umwerfende Szene, in der Elton John und Songwriter Bernie Taupin „Your Song“ entwickeln. In dieser Sekunde sehen wir einen Superstar, der nur noch nicht an der Spitze angekommen ist – ähnlich wie bei den Studio-Aufnahmen von „Bohemian Rhapsody“ im Queen-Film. Jacks Charme aber erschließt sich nicht wirklich. Wer jedoch seine Ansprüche etwas zurückschrauben kann, wird trotzdem knapp zwei charmante Filmstunden erleben – vor allem, weil die Ausgangsidee tatsächlich so stark ist.

Was wäre, wenn der Rest der Welt die Beatles vergessen hätte und sich nur ein einziger Musiker an sie erinnern könnte? Eine aufregende Idee, aus der „Slumdog Millionär“-Regisseur Danny Boyle eine romantische Musikkomödie strickt.