Keda (Kodi Smit-McPhee) schließt Freundschaft mit einem Wolf. Foto: Sony Pictures - Sony Pictures

Ein junger Steinzeit-Jäger gerät in tödliche Gefahr. Der einztige, der ihm in Albert Hughes’ Survival-Abenteuer „Alpha“ beisteht, ist ein Wolf.

EsslingenMitten in den Kino-Sommer mit lauten Superhelden und schnellen Actionthrillern platzt ein fast wortloser Film über eine Freundschaft, die vor 20 000 Jahren beginnt: Keda ist ein junger Jäger, der sich mit Wortbrocken einer Eiszeit-Sprache verständigt. Sein Gegenspieler ist ein Wolf, der furchterregend knurrt und die Zähne fletscht. Dies sei die unglaubliche Geschichte, wie die Menschheit ihren treuesten Freund fand, heißt es im Werbe-Trailer. Doch Albert Hughes’ Survival-Drama „Alpha“ ist kein rührseliges Disney-Vergnügen. Es gibt nervenaufreibende Szenen, die mit dem brutalen Drama „The Revenant“ mithalten können.

Mit grandiosen Aufnahmen von Mammut-Herden, Wasserfällen und feuerspeienden Vulkanen werden die Zuschauer auf ein bildgewaltiges Epos eingestimmt. „Europa vor 20 000 Jahren“ heißt es zum Auftakt. Der Stamm des Anführers Tau (Johannes Haukur Johannesson) schickt die besten Jäger auf eine gefährliche Büffeljagd. Erstmals nimmt Tau seinen eher sanften Sohn Keda (Kodi Smit-McPhee) mit, dessen Mutter (Natassia Malthe) das Schlimmste befürchtet. Der Junge führe durch sein Herz, nicht durch den Speer, warnt sie. Das ist fast der ganze Text, den die norwegische Schauspielerin für den Film zu lernen hatte. In einer spektakulären Jagdszene geht für Keda alles schief. Tot geglaubt, wird er auf einem Vorsprung an einer steilen Felswand zurückgelassen. Die Odyssee, die nun folgt – mit reißenden Fluten, eisigen Schneestürmen, gefährlichen Bestien und mageren Würmern als Mahlzeit – ist kaum zu überleben. Mit selbstgebastelten Speerspitzen wehrt Keda ein Rudel Wölfe ab, doch bald hat er Mitleid mit einem verletzten Tier. „Ich nenne dich Alpha“ und „Ich halte dich am Leben“ murmelt er dem knurrenden Wolf zu. So entwickelt sich eine Freundschaft, die trotz Ungereimtheiten, Vorhersehbarkeit und einem zuckersüßen Ende zumindest Hundefreunden ans Herz geht.

Die Stärke von „Alpha“ ruht auf den Hauptdarstellern: der Wolfhund mit dem wirklichen Namen Chuck wurde so trainiert, dass er Furcht einflößen kann, spielerisch ein Stöckchen fängt und in einer fesselnden Szene Keda aus einem zugefrorenen See rettet. Der 22-jährige Australier Kodi Smit-McPhee überzeugt in seiner fast stummen Rolle, wie er sich zunehmend mutiger den Naturgewalten stellt und gemeinsam mit dem Wolf den Weg zurück zu seinem Stamm findet. Mit seinem Kameramann Martin Gschlacht fängt Albert Hughes großartige Bilder ein. Das Team drehte unter anderem in der kanadischen Provinz Alberta und in Island. Vor allem im Imax- und 3D-Format zieht „Alpha“ in seinen Bann. Das macht die eher einfach gestrickte Story von Hughes wett, der wohl gerne die komplexe Materie der Domestizierung des Hundes in knapp 100 Minuten erklärt hätte, die „den Lauf der Geschichte“ verändern sollte.

Ein Junge und ein Wolf kämpfen in „Alpha“ ums Überleben. Der bildgewaltige Abenteuerfilm um eine ungewöhnliche Freundschaft spielt vor 20 000 Jahren.