Bernd Trautmann (David Kross) Foto: Square One - Square One

Bernd Trautmann kam in jungen Jahren als Kriegsgefangener nach England, wo sein Talent als Fußballtorwart entdeckt wurde. Anfangs wurde er als Deutscher von vielen angefeindet, doch dank seiner couragierten Spielweise wurde er zur Legende. Davon erzählt Marcus H. Rosenmüller in seinem neuen Film „Trautmann“.

EsslingenZu seinen großen Zeiten war er einer der besten Torhüter der Welt, doch als Sepp Herberger und seine Mannen 1954 in Bern den WM-Titel holten, war Bernd Trautmann nicht dabei. Das war nicht weiter verwunderlich, weil der deutsche Fußball-Star seine besten Zeiten in England erlebte. Von seinem großen Traum, auch in der Heimat Karriere zu machen, blieb am Ende nur ein gutes Jahr in der Regionalliga. Dafür schwärmen sie auf der Insel bis heute von den Fangkünsten dieses ungewöhnlichen Sportlers, der 1956 sogar zu Englands Fußballer des Jahres gewählt wurde. Und als er sich im Alter von 41 Jahren aus Manchester verabschiedete, blickte er zufrieden zurück: „Ich könnte mich nicht stolzer gefühlt haben, und ich fühlte mich emotional überwältigt, dass die Menschen von Manchester in so großer Zahl gekommen waren, um mir ihren Respekt zu zollen. Es war das letzte Kapitel einer wunderbaren Spielerkarriere für mich.“ Obwohl das Kino nach solchen Geschichten giert, hat es diese Zweite erst jetzt auf die Leinwand geschafft – Marcus H. Rosenmüller und seinem neuen Sportler-Biopic „Traut mann“ sei Dank. Wobei sich der Regisseur viel künstlerische Freiheit herausnimmt.

Bernd Trautmann (David Kross, SquareOne-Foto) gehörte zu jener gebeutelten Generation, der Hitler und der Zweite Weltkrieg die Jugend genommen hatten. Mit 17 Jahren wird er zu den Fallschirmjägern eingezogen – zunächst nicht ahnend, was er an der Front erleben und erleiden sollte. Gegen Kriegsende gerät Trautmann in britische Gefangenschaft und wurde in ein Lager in der Nähe von Manchester gebracht. Während eines Fußballspiels unter deutschen Gefangenen wird Jack Friar (John Henshaw), der den Provinzclub St. Helens trainiert, auf Trautmanns Talent aufmerksam und engagiert ihn als Torwart für seinen Verein. Friars Tochter Margaret (Freya Mavor) ist darüber zunächst gar nicht glücklich. Doch der deutsche Kicker verliebt sich in sie, und seine Gefühle bleiben nicht lange unerwidert.

In St. Helens fühlt sich Trautmann bald wie zuhause, doch es dauert nicht lang, bis der britische Top-Verein Manchester City auf ihn aufmerksam wird und „Traut the Kraut“ unter Vertrag nimmt – Jack Friar erfährt davon erst, als sein Schützling bereits unterschrieben hat. Prompt schlagen die Wellen hoch, weil es viele Fans von Manchester City nicht ertragen können, dass ein Mann, der vor nicht allzu langer Zeit ihr Feind war, plötzlich das Trikot ihres Lieblingsvereins tragen soll. Der neue Spieler wird heftig angegangen, Fans geben in großer Zahl ihre Dauerkarten zurück. Doch Trautmann spielt sich mit jeder erfolgreichen Parade mehr in die Herzen des Publikums. Er schont sich nicht und sichert seiner Mannschaft beim Cup-Finale 1956 vor 100 000 Besuchern im Londoner Wembley-Stadion den Sieg. Dass er die letzten 20 Minuten mit gebrochenem Halswirbel durchhält, ahnt zunächst keiner. Als die Nachricht von der Heldentat des Keepers die Runde macht, liegt ihm ganz England zu Füßen. Doch in der Stunde seines größten Erfolgs ereilt in ein Schicksalsschlag, der ihn noch viel härter trifft als seine lebensgefährliche Verletzung im Cup-Finale ...

Regisseur Marcus H. Rosenmüller hatte Bernd Trautmanns Geschichte schon in jungen Jahren von seinem Vater gehört. Als er 2008 während der Europameisterschaft den tschechischen Nationaltorhüter Petr Cech mit Schutzhelm spielen sah, wurde die Erinnerung wieder wach. Seither war Rosenmüller klar, dass er von Trautmann irgendwann im Kino erzählen wollte. Zusammen mit dem Produzenten Robert Marciniak und Nicholas J. Schofield entwickelte er ein Drehbuch, das Trautmanns Lebensgeschichte folgt, sich an der einen oder anderen Stelle aber auch manche ziemlich freie Interpretation der Geschichte erlaubt. Etwa dann, wenn sich der Titelheld nach Kriegsende an traumatische Momente erinnert und immer wieder selbst mit der Frage konfrontiert, wie viel Schuld er im Krieg auf sich geladen hat und ob er nicht mutiger hätte widerstehen sollen. Oder wenn im Film Trautmanns britische Ehefrau erst mit einer flammenden Rede einen zunächst ablehnenden Rabbiner doch noch dazu bewegt, sich für den Deutschen auszusprechen. Tatsächlich musste Alexander Altmann, der damalige Rabbiner von Manchester, nicht erst lang gebeten werden, sich für einen fairen Umgang mit dem Feind von einst einzusetzen. Verbrieft ist sein damaliger Appell: „Wenn dieser Fußballer ein anständiger Kerl ist, dann kann ich keinerlei Nachteil erkennen. Jeder muss nach seinem persönlichen Wert beurteilt werden.“

So bietet Rosenmüllers Film neben Fakten auch Fiktion. Mag sein, dass manches etwas zu effektvoll und rührselig gezeichnet ist. Sehenswert ist dieser Film trotz alledem, weil er – auch dank eines überzeugenden Hauptdarstellers David Kross – nachvollziehbar macht, wie sich ein Fußballer in die Herzen seiner einstigen Feinde spielte. Und wie ihm der Fußball und die Liebe geholfen haben, nach schlimmen Kriegserlebnissen wieder zu sich selbst zurückzufinden. Marcus H. Rosenmüller jedenfalls wusste ganz genau, wie er sich seinen Titelhelden vorzustellen hatte: „Ein bescheidenes, freundliches und sympathisches Wesen musste der Trautmann haben, der ja aus der Sicht der Engländer der Feind war. Und wenn dieser Mensch dann völlig anders wirkt als vermutet, sind alle Vorurteile plötzlich weggewischt, und schon kann dieser nette Charakter die Leute für sich gewinnen. David hat das große Talent, seine Rolle nicht über Worte, sondern über subtiles Spiel zu definieren. Man sieht ihm in den Schlüsselszenen an, dass ein Geheimnis in Trautmann wütet, dass er einen Dämon mit sich herumträgt, mit dem er sich hinter der freundlichen sympathischen Fassade herumschlagen muss.“

Marcus H. Rosenmüller erzählt – manchmal großzügig interpretiert – die Geschichte des deutschen Fußball-Torhüters Bernd Trautmann, der nach dem Zweiten Weltkrieg in England zum Fußball-Star wurde und bis heute eine Legende ist.