Margarethe von Trotta Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Stuttgart - Ihre politischen Filme über die großen Frauen Rosa Luxemburg und Hannah Arendt haben Margarethe von Trotta bekannt gemacht. Mit ihrem eigenen Lieblingsfilm, „Die bleierne Zeit“ über das Leben der RAF-Terroristin Gudrun Ensslin und ihre Schwester, die politische Journalistin Christiane Ensslin, gewann sie 1981 als erste Frau nach dem Krieg den „Goldenen Löwen“ der Filmfestspiele in Venedig. Nun hat sich die 75-Jährige mit „Forget about Nick“ an eine Komödie gewagt. Diese Lust auf Neues verblüfft viele, die ihre Arbeit seit Jahrzehnten verfolgen. Am Rande der Stuttgarter Premiere sprach die Regisseurin und Drehbuchautorin über den Film und über ihre Pläne.

Sie haben Ihre Film- und Theaterarbeit als Schauspielerin begonnen, spielten in den Filmen ihres zweiten Mannes Volker Schlöndorff. War es denn immer Ihr Traum, ins Regiefach zu wechseln?

Trotta: Es war immer mein Wunsch, selbst hinter der Kamera zu stehen und Regie zu führen. Dennoch möchte ich die Jahre als Schauspielerin nicht missen. Viele haben nicht verstanden, dass ich selbst Regisseurin werden wollte, weil ich bei Regisseuren wie Schlöndorff, Rainer Werner Fassbinder oder Herbert Achternbusch Hauptrollen gespielt habe. Dass das einer Frau nicht genügt, konnten viele nicht nachvollziehen. Dennoch blieb die Regie immer mein Ziel und ich ging den Weg konsequent weiter. Ich bin überzeugt, dass mir meine eigene Kamera- und Bühnenerfahrung im Umgang mit meinen Schauspielern zu Gute kam. Da habe ich einfach besser verstanden, was sie bewegt.

Als Sie 1977 Ihren ersten eigenen Film „Das zweite Erwachen der Christa Klages“ drehten, waren Frauen hinter der Kamera die Ausnahme. Sie haben dafür gekämpft, dass das anders wird. War es schwer, sich in der Männerdomäne zu behaupten?

Trotta: Schon seit den späten 60er-Jahren gab es ja Vorbilder wie Helke Sander, Helma Sanders-Brahms und Ula Stöckl. Wir haben uns unterstützt und bestärkt. Da gab es noch nicht diesen Neid untereinander, der mich heute in der Branche oft ärgert. Aber das Filmgeschäft war auch damals von Männern dominiert. Mich als Filmemacherin haben schon immer starke Frauenfiguren interessiert. Es war mir wichtig, dass ihre Perspektive in den Filmen vorkommt.

In Ihrer ersten Komödie „Forget about Nick“ sind es nun wieder zwei starke Frauen, die sich eine Wohnung teilen. Die hat Ihnen Ihr Ex-Mann Nick nach der Trennung überlassen. Aus Rivalinnen werden Freundinnen. Wie wird daraus ein Komödienstoff?

Trotta: Das Drehbuch stammt von der New Yorkerin Pamela Katz, mit der ich schon das Drehbuch meines Films „Hannah Arendt“ geschrieben habe. Diesmal habe ich nur Regie geführt, und mich dabei von ihren Pointen inspirieren lassen. Das hat mir Spaß gemacht. Die Zusammenarbeit mit den Schauspielerinnen Katja Riemann als Maria und Ingrid Bolsø Berdal als Jade war wunderbar. Sie haben sich auf die leichte Spielweise eingelassen.

Die Modebranche spielt eine ganz wichtige Rolle im Film, Jade war einmal ein Model und will sich jetzt als Modedesignerin ein neues Standbein schaffen. Reizt Sie diese Welt?

Trotta: Als ich jung war, haben wir Frauen uns buchstäblich in Sack und Asche gekleidet. Das gehörte zum guten Ton. Schicke Kleidung spielte da keine Rolle. Die jungen Frauen sind da anders. Sie legen viel mehr Wert auf Kleidung. Ich lebe in der Modestadt Paris, da sehe ich das deutlich. Da geht es heute aber auch um ein neues, selbstbewusstes Frauenbild. Jade wird älter und verliert ihre Model-Maße. Und sie findet am Ende einen Stil, der zu ihr passt. Das hat mir an der Figur gefallen.

Zwischen den beiden entwickelt sich zunächst ein Zickenkrieg, dann werden sie Freundinnen. Was bedeutet das für die Kameraarbeit?

Trotta: Da habe ich mit der Schuss-Gegenschuss-Technik aus Westernfilmen experimentiert. Oft stehen sich die beiden wie Gegnerinnen gegenüber, am Ende finden sie zusammen. Ich habe mir Westernfilme angeschaut, um mich da inspirieren zu lassen.

Frau von Trotta, reizt es Sie nach diesen Erfahrungen, mal wieder eine Komödie zu machen?

Trotta: Darüber denke ich derzeit nicht nach, denn ich stecke mitten in einem ganz anderen Projekt. Am 18. Juli 2018 wäre der legendäre Regisseur Ingmar Bergman 100 Jahre alt geworden. Da drehe ich mit meinem Sohn Felix Moeller einen Dokumentarfilm. Bergman hat meine Arbeit geprägt. Er war für mich Vorbild und Meister. Seine Filme haben in mir den Wunsch geweckt, hinter der Kamera zu stehen. Als ich 18 Jahre alt war, studierte ich in Paris und ging viel ins Kino. Das hat mich geprägt. Nach so vielen Jahren ist es reizvoll, Bergmans Leben und seiner Filmkunst nachzuspüren.

Haben Sie junge Filmemacherinnen aufgrund Ihrer eigenen Erfahrungen unterstützt und ihnen Wege geebnet?

Trotta: Ich habe mich für die Frauenquote eingesetzt, denn es gibt immer noch nicht genügend Frauen in Führungspositionen. Im Filmgeschäft musste ich mich selbst auch durchsetzen und gegen Widerstände kämpfen. Das war eine gute Erfahrung. Es hat mich stark gemacht. Daher ist es wichtig, dass junge Frauen sich im Filmgeschäft selbst durchsetzen. Was ich tun kann, ist, selbst Vorbild zu sein.

Das Gespräch führte Elisabeth Maier.