Damit Fahrzeuge nicht ungehindert auf den Esslinger Mittelalter- und Weihnachtsmarkt gelangen, hat die Stadt Betonwände aufgestellt. Foto: Bulgrin Quelle: Unbekannt

Von Alexander Maier und Greta Gramberg

Wer einen der zahlreichen Weihnachtsmärkte in Stadt und Kreis Esslingen besucht, der möchte stimmungsvolle Stunden im Lichterglanz genießen und den Ernst des Lebens für einige Augenblicke vergessen. Doch bei vielen sind die Bilder vom Berliner Breitscheidplatz, wo ein Attentäter vor Jahresfrist mit einem Lastwagen ein Blutbad angerichtet hatte, noch immer nicht verblasst. Und mancher macht sich seither mit gemischten Gefühlen auf den Weg zum nächsten Weihnachtsmarkt. Um ähnlichen Katastrophen vorzubeugen und den Besuchern ein ruhigeres Gefühl zu vermitteln, haben Weihnachtsmarkt-Veranstalter ihre Sicherheitskonzepte weiter verbessert. Die allermeisten versuchen dabei einen Spagat: Einerseits wollen sie Zwischenfällen so weit wie möglich vorbeugen, und andererseits dürfen die Schutzmaßnahmen nicht so dominant wirken, dass keiner mehr mit Freude über den Weihnachtsmarkt schlendert.

Konzept wird ständig verfeinert

„Sicherheit spielt für uns auf dem Mittelalter- und Weihnachtsmarkt schon immer eine wichtige Rolle“, sagt Gerhard Gorzellik, der Leiter des Esslinger Ordnungsamtes. „Manches wie die größeren Abstände zwischen den Buden, die uns bessere Fluchtwege ermöglichen, ist für die Besucher sichtbar. Vieles läuft jedoch im Hintergrund.“ Dabei denkt Gorzellik nicht nur an mögliche Anschläge: „Jeder Stand, der mit Gas arbeitet, wird vorher von Fachleuten geprüft, damit möglichst nichts passieren kann. Wir schulen die Marktbeschicker, um ihnen zu vermitteln, wie sie selbst zur Sicherheit auf dem Markt beitragen können.“ Vor Marktbeginn war die Feuerwehr mit einem Fahrzeug vor Ort, um ganz praktisch auszuprobieren, ob die Rettungskräfte auch mit schwerem Gerät durchkommen würden. Und für den Fall der Fälle liegen entsprechende Pläne in der Schublade, damit die Stadt rasch reagieren und die Besucher in Sicherheit bringen kann.

Im vergangenen Jahr hat die Stadt Esslingen am Tag nach dem Anschlag am Berliner Breitscheidplatz ihre Sicherheitsvorkehrungen massiv ausgeweitet. An den Zufahrten zum Marktgelände in der Ritterstraße und der Abt-Fulrad-Straße wurden damals schwere mit Sand befüllte Container aufgestellt, damit mögliche Attentäter nicht mit einem Fahrzeug - wie in Berlin - ungebremst auf das Marktgelände rasen können. In diesem Jahr hat die Stadt Esslingen auf diese Sicherheitsmaßnahme verzichtet. „Wir mussten damals ganz rasch reagieren“, sagt Gerhard Gorzellik. „Diesmal hatten wir ein ganzes Jahr Zeit, um unsere Sicherheitsmaßnahmen zu planen.“ Entsprechend differenzierter und filigraner wurden denn auch die Durchfahrtsperren gestaltet: Statt schmuckloser Schuttcontainer hat die Stadt am Haupteingang zum Weihnachtsmarkt so genannte Betongleitwände aufgestellt und mit Tannenzweigen verbrämt. „Die Wirkung ist dieselbe“, ist Gorzellik überzeugt. „Der Vorteil dieser Lösung ist, dass sie weitaus besser ins Bild eines Weihnachtsmarktes passt.“ Mit denselben längs aufgestellten und mit Tannenzweigen kaschierten Betongleitwänden wird auch am Postmichelbrunnen das Marktgelände gegen durchfahrende Autos stärker als früher gesichert. Gorzellik: „Wir müssen uns und die Besucher so weit wie möglich gegen Zwischenfälle absichern - auch gegen solche, die gar nichts mit Terror zu tun haben.“ Deshalb wird unerwünschter Fahrzeugverkehr möglichst weiträumig vom Esslinger Mittelalter- und Weihnachtsmarkt ferngehalten: An der Agnes-promenade und in der Ritterstraße stehen Sperrgitter, während der belebteren Zeiten ist dort auch ein Sicherheitsdienst präsent.

Angst darf nicht zu mächtig werden

Dass Sicherheit auf dem Esslinger Mittelalter- und Weihnachtsmarkt großgeschrieben wird, merken die Besucher auch an der vermehrten Präsenz von Polizei und Ordnungsdienst, die mit ihren Streifen ständig unterwegs sind. „Und wir haben die Marktbeschicker gebeten, verdächtige Beobachtungen sofort zu melden, damit wir nach dem Rechten sehen können“, erklärt Gerhard Gorzellik. Weil er überzeugt ist, alles Menschenmögliche für die Sicherheit getan zu haben, geht der Ordnungsamts-Chef völlig entspannt über das Marktgelände: „Hundertprozentige Sicherheit kann es im Leben leider niemals geben. Aber die Angst ist ein schlechter Ratgeber. Ich gehe mit offenen Augen über den Markt, achte auf Ungewöhnliches, das mir möglicherweise begegnet, und freue mich aber vor allem an all dem Schönen, das man dort entdecken kann. Dieses Vergnügen lasse ich mir nicht nehmen, sonst hat der Terror bereits sein erstes Ziel erreicht.“

Betonwände zum Schutz der Bummler vor fehlgeleiteten Fahrzeugen hat es auf dem Plochinger Weihnachtsmarkt zumindest dieses Jahr noch nicht gegeben. Der Zugang für Lkws auf die Fußgängerzone sei aufgrund der engen Wege ohnehin relativ schwierig, erklärt Thomas Pressel, Vorsitzender des Veranstaltervereins Stadtmarketing Plochingen. Und das breitere untere Ende zur Esslinger Straße schotten bereits Poller ab. Lediglich zur Bewachung der Stände und Krippentiere engagiert der Verein einen Security-Dienstleister.

In Zukunft könnte sich das allerdings ändern. „Grundsätzlich arbeiten wir an einem Sicherheitskonzept“, kündigt der Plochinger Ordnungsamtsleiter Uwe Bürk an. Anlass für die Überlegungen sei der überhand nehmende widerrechtliche Verkehr in der Fußgängerzone, doch auch die Sicherheit bei Stadtfesten spiele eine Rolle. Näheres will Bürk allerdings nicht verraten - die Beratungen von Stadtverwaltung und Gemeinderat laufen noch.