Ob und wann der Prozess gegen den ehemaligen VW-Chef Martin Winterkorn beginnt, ist derzeit völlig offen. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa Foto: DPA - Bernd von Jutrczenka/dpa

Noch ist die Betrugsanklage gegen Ex-VW-Chef Martin Winterkorn vom Braunschweiger Landgericht nicht zugelassen. Ob es zu einem Prozess kommt, soll laut einem Bericht zunehmend fraglich sein: Der Richter sei bei einzelnen Vorwürfen skeptisch.

Braunschweig (dpa) - Das Landgericht Braunschweig stellt einem Bericht zufolge im Diesel-Verfahren weitere Teile der Betrugsanklage gegen den früheren VW-Chef Martin Winterkorn infrage.

Schon im September hatte die zuständige Kammer einige Punkte als nicht «ausermittelt» gesehen - nun sollen sich nach Informationen des digitalen Wirtschaftsmagazins «Business Insider» Bedenken des Richters verdichten. Manche Ansätze der Staatsanwaltschaft werden demnach für «nicht zielführend» gehalten, ein «hinreichender Tatverdacht» soll teilweise nicht abzusehen sein.

Dabei geht es etwa um den Vorwurf strafbarer Werbung für manipulierte Dieselautos in den USA. Diesen Anklagepunkt schätze das Gericht als unbegründet ein, schrieb das Magazin. Zum Betrugsvorwurf wegen des anhaltenden Verkaufs von Dieselfahrzeugen mit falschen Abgaswerten gebe es Zweifel, ob dies ein «geeigneter Gegenstand» sei, an dem sich eine Strafbarkeit von Winterkorns Handeln festmachen lasse.

Aus dem Umfeld der Verfahrensbeteiligten hatte es bereits im Herbst geheißen, dass das Landgericht noch einige Fragen klären lassen wolle. Ob - und, falls ja, wann - in Braunschweig ein Prozess gegen den Ex-VW-Konzernchef und weitere Angeklagte beginnt, ist damit noch unklar. Eine Landgerichtssprecherin erklärte am Freitag offiziell nur: «Es handelt sich um ein nicht öffentliches Zwischenverfahren. Daher werde ich zu inhaltlichen Diskussionen nichts sagen.»

Beobachter hatten zunächst damit gerechnet, dass der Betrugsprozess zur Aufarbeitung der Dieselaffäre gegen Winterkorn und vier weitere Führungskräfte im ersten Quartal 2020 anlaufen könnte. Die Anklage war im April vergangenen Jahres erhoben worden.

Es geht um den Vorwurf des schweren Betrugs und des Verstoßes gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb im Zusammenhang mit Manipulationen an den Emissionswerten. Ein Sachverständiger könnte laut früheren Berichten damit beauftragt werden zu prüfen, ob Steuergeräte der Fahrzeuge tatsächlich ein illegales Täuschungsprogramm enthielten.

Erst am Dienstag hatte die Braunschweiger Staatsanwaltschaft weitere Beschäftigte von Volkswagen wegen schweren Betrugs angeklagt. Es geht dabei um sechs Personen, denen im Zeitraum zwischen November 2006 und September 2015 teilweise zudem Steuerhinterziehung und Falschbeurkundung vorgeworfen werden. Sie sollen «maßgeblich dafür verantwortlich» sein, dass VW-Kunden und Aufsichtsbehörden mit Hilfe der im Herbst 2015 aufgeflogenen Software-Manipulationen über den tatsächlichen Abgasausstoß der Dieselautos bewusst getäuscht wurden.

«Insgesamt seien so über die Jahre gut neun Millionen manipulierter und nicht zulassungsfähiger Kraftfahrzeuge veräußert, auf den Markt gebracht und verbotswidrig zum Straßenverkehr zugelassen worden», hieß es aus der Staatsanwaltschaft. Auch diese Anklage ist noch nicht zugelassen. Der Gesamtkomplex der Ermittlungen bezieht sich inzwischen auf 43 Personen.