Von Klaus Köster

Es ist ein illustrer Kreis, der sich um die Übernahme der im Grunde insolventen Fluggesellschaft Air Berlin oder Teile davon beworben hat. Der Branchenriese Lufthansa ist selbstverständlich dabei; aber auch der ehemalige Rennfahrer Niki Lauda, der sich als Bieter mit dem Touristikkonzern Thomas Cook und dessen Tochter Condor zusammengetan hat. Nicht fehlen darf auch der umtriebige frühere EnBW-Chef Utz Claassen. Fast könnte man meinen, im Ringen um die Zukunft der Fluglinie, die einst den Markt aufmischte und nun am Boden liegt, gäbe es so etwas wie Vielfalt.

Vieles spricht dafür, dass dem nicht so ist. „Wir brauchen einen deutschen Champion im internationalen Luftverkehr“, sagte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt mit entwaffnender Ehrlichkeit. „Deswegen ist es dringend geboten, dass Lufthansa wesentliche Teile von Air Berlin übernehmen kann.“ Doch das staatlich unterstützte Streben nach nationaler Stärke ist ein denkbar schlechter Grund, Firmen künstlich aufzupäppeln. Würden nationale Champions die Welt dominieren, müsste die stärkste Autoindustrie in Frankreich sitzen, das seit jeher auf Größe setzt, und nicht etwa in Deutschland. Umgekehrt müssten all die deutschen Mittelständler, denen Gigantomanie völlig abgeht, längst vom Markt verschwunden sein.

Eines bedeutet Größe auf jeden Fall: Marktmacht zulasten der Verbraucher. Dass Wettbewerb nicht nur ein abstraktes Prinzip ist, sondern ein Kernelement des Verbraucherschutzes, konnte Deutschland bereits vor langen Jahren erfahren, als aus dem einstigen Platzhirsch Deutsche Bundespost die Deutsche Telekom hervorging, die dann mit zahlreichen neuen Anbietern um Marktanteile konkurrieren musste. Kostete damals ein sogenanntes Ferngespräch noch fast 60 Cent pro Minute, liegt der Preis heute bei einem winzigen Bruchteil davon, wenn er nicht ohnehin in einer meist billigen Monatspauschale aufgegangen ist.

Bei einer Übernahme von wesentlichen Teilen von Air Berlin könnte die Lufthansa ihre Marktanteile deutlich steigern. Schon jetzt, da die Kunden wegen der Furcht vor Verspätungen und Flugausfällen einen Bogen um Air Berlin schlagen, steigen nach Informationen unserer Zeitung die Preise der Konkurrenz. Das wirkt wie ein unfreiwilliger Appell an die Politik, sich das mit der Lufthansa noch einmal gut zu überlegen.

Gewiss, selbst eine Lufthansa, die sich Air Berlin einverleibt, hätte es auf dem Weltmarkt noch mit einer Reihe harter Wettbewerber zu tun - ob es Billiganbieter wie Ryanair und Easyjet sind oder staatlich unterstützte arabische Fluglinien. Allerdings sind die Möglichkeiten, einander Konkurrenz zu machen, durch die zugeteilten Start- und Landerechte begrenzt. Es lassen sich zwar theoretisch in beliebiger Menge Regale oder Laptops auf den Markt werfen. Das Angebot des Produkts „Flugleistung“ findet seine Schranken aber in der Kapazität der Flughäfen und auch in den angestammten Rechten eingesessener Anbieter, diese Kapazitäten zu besonders attraktiven Zeiten zu nutzen. Vieles spricht dafür, dass diese Rechte von Air Berlin für die Lufthansa mindestens ebenso wichtig sind wie die Flugzeuge.

Wenn die Lufthansa schon einen Großteil von Air Berlin zugesprochen bekommen wird, dann sollte wenigstens dafür gesorgt werden, dass die Start- und Landerechte breiter unter den Wettbewerbern gestreut werden. Ein gesunder Wettbewerb hat letztlich noch keinem Unternehmen geschadet - und dem Verbraucher noch immer genützt.