Von Thomas Krazeisen

Mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat ausgerechnet jener konservative Christdemokrat eine Diskussion über die Einführung muslimischer Feiertage angestoßen, der noch vor wenigen Monaten mit seinen plakativen zehn Thesen die alte Leitkulturdebatte neu entfacht hatte. Dass der CDU-Minister jetzt einen Versuchsballon in die andere Richtung steigen ließ, kommt in der aktuell aufgeladenen gesellschaftspolitischen Atmosphäre zur Unzeit und ist eher kontraproduktiv als hilfreich für die Integrationsdebatte. Nun ist es legitim, ja notwendig, gerade wenn es um zentrale Fragen des Zusammenlebens in einer zunehmend multikulturellen und zugleich immer mehr auseinanderdriftenden Gesellschaft geht, die Grenzen der gegenseitigen Akzeptanz und Toleranz in einer christlich geprägten Mehrheitskultur auszuloten und gegebenenfalls neu zu vermessen. Das kann aber nur auf breiter Basis in und mit der Zivilgesellschaft geschehen und nicht vom Staat dekretiert werden. So setzt de Maizière mit seinem wahlkampftaktischen Schnellschuss, der letztlich auf die Etablierung einer Art interreligiösen Patchwork-Feiertagssystems hinausliefe, lediglich eine ungute jüngere Tradition außerparlamentarischer Weichenstellungen fort: dass man - siehe Energiewende oder Ehe für alle - neuerdings den Weg der parlamentarischen Auseinandersetzung je nach Bedarf und Stimmungslage abkürzt und stattdessen mal eben so zwischen Wahlkampfbühne und TV-Studio einen Aufschlag macht in der Hoffnung, kurzfristig über Partei- und Kulturgrenzen hinweg punkten zu können. Damit aber wird nur weiter Vertrauen in das demokratische System verspielt.