Von Emanuel K. Schürer

Die Rechnung des katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont geht nicht auf. Er wollte mit dem Verwirrspiel um die Unabhängigkeitserklärung einerseits die Separatisten zufriedenstellen und andererseits Zeit für Verhandlungen mit der spanischen Zentralregierung in Madrid gewinnen. Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy machte gestern klar, dass er nicht bereit ist, Puigdemont und seinen Anhängern einen gesichtswahrenden Ausweg aus der Sackgasse zu ebnen, in die sie sich mit ihrem verfassungswidrigen Unabhängigkeitsreferendum selbst manövriert haben.

Rajoy fordert von Puigdemont klare Aussagen, die dieser bei seiner Rede im Regionalparlament gerade mit großem Aufwand vermieden hatte. Der führende Katalane ist nun in der Zwickmühle: Bekennt er sich zur Unabhängigkeit, bereitet er den Boden zu seiner verfassungsmäßigen Entmachtung. Bekennt er sich zur spanischen Verfassung, enttäuscht er seine Anhänger. Puigdemont hat sich hoffnungslos verrannt. Schlimmer als seine absehbare Entmachtung ist, dass er mit seiner Politik völlig unrealistische Hoffnungen auf ein unabhängiges Katalonien geschürt hat. Der unnötig brutale Polizeieinsatz während des Referendums tat ein Übriges. Jetzt kochen die Emotionen hoch, während doch Vernunft und Kompromissbereitschaft dringend nötig wären. Das macht die Lage gefährlich.