Von Rainer Pörtner

Bis zum 15. Oktober war 2017 für die SPD ein schreckliches Jahr. Viermal hintereinander wurden die Sozialdemokraten vom Wähler abgestraft. Im Saarland, in Schleswig-Holstein, in Nordrhein-Westfalen und schließlich im Bund. Mit jeder neuen Wahl schmerzten die Niederlagen mehr. Nun wird die SPD in Niedersachsen stärkste Partei. Im Berliner Willy-Brandt-Haus darf aufgeatmet werden. Eine weitere Niederlage hätte die Frage, ob Martin Schulz Parteichef bleiben kann, noch drängender gestellt. Der gescheiterte Kanzlerkandidat bekommt eine Verschnaufpause.

Anders als im Bund existieren zwischen Lüneburg und Lingen noch zwei Volksparteien, die diesen Namen verdienen. Bei der Bundestagswahl führte die fehlende Machtoption der SPD dazu, dass viele Wähler ihre Stimme einer kleineren Partei gaben. Denn es war klar, dass Angela Merkel Regierungschefin bleiben würde. In Niedersachsen trat der gegenteilige Effekt ein: Weil das Duell von Stephan Weil mit Herausforderer Bernd Althusmann so spannend verlief, blieben die kleineren Parteien klein - auch die AfD.

Für Merkel wird es jetzt noch ungemütlicher. Zum ersten Mal seit 1998 liegt die CDU in Niedersachsen hinter der SPD. Der Wahlkampf wurde von landespolitischen Themen bestimmt. Aber Merkels dickfelliger Umgang mit dem 32,9-Prozent-Schlag bei der Bundestagswahl dürfte dazu beigetragen haben, dass Althusmann einen Erfolg verpasste, der lange zum Greifen nahe schien. Die mühsam unterdrückte Debatte in der CDU, welchen Kurs die Partei einschlagen soll und wie lange Merkel die beste Führungskraft ist, könnte nun offen ausbrechen.