Von Klaus Köster

Ein Vorwurf ist noch kein Beweis, eine Anzeige kein Schuldspruch. Wenn es jedoch stimmen sollte, dass alle großen deutschen Autohersteller sich darauf verständigt haben, die Abgasreinigung von Dieselfahrzeugen bewusst zu klein auszulegen, hätte der Dieselskandal eine neue Dimension erreicht. Denn dann wäre die VW-Affäre wohl von Anfang an ein Skandal der deutschen Autoindustrie gewesen. Die teils illegalen, teils fragwürdigen Motorsteuerungen würden dann ihrerseits auf illegalen Geschäftspraktiken beruhen: auf Absprachen zulasten der Verbraucher, denen ein umweltfreundliches Auto versprochen wurde - und auch zulasten der Bewohner von Ballungsgebieten, die womöglich jahrelang weit mehr giftige Stickoxide einatmen mussten als notwendig.

Zu den großen Fragen der Abgasaffäre gehörte bisher, warum Autohersteller, die als harte Konkurrenten auftreten, beim Diesel alle die gleichen Probleme hatten: Kaum verließen ihre Ökowunder den Prüfstand, schnellten bei einigen die Messwerte in die Höhe. Diese merkwürdige Parallelität ist kein Beweis für eine Absprache, macht sie aber erschreckend plausibel. Ein Kartell würde dabei weit mehr dokumentieren als das gemeinsame Ziel der Hersteller, möglichst wenig Aufwand für die Abgasreinigung zu betreiben. Es würde auch zeigen, dass die Branche versuchte, gesetzliche Regeln dadurch aufzuweichen, dass sie diese geschlossen missachtet. Das dürfte im Ausland, wo sich Deutschland gern als technologisch führende Umweltnation präsentiert, großen Unmut erzeugen - auch in den USA. Für Donald Trump sind die Vorwürfe eine Steilvorlage, kann er deutsche Autos auf US-Straßen doch ohnehin kaum ertragen.