Von Klaus Köster

Das hätte man auch schneller haben können: Zwei Monate nach der Insolvenz der Fluggesellschaft Air Berlin steht nun fest, dass der Löwenanteil des Unternehmens an die Lufthansa gehen wird. Ein schöner Erfolg für Lufthansa-Chef Carsten Spohr, der offenbar alles richtig gemacht hatte: Lange vor der Pleite vernetzte er das Geschäft seines Unternehmens mit dem der Lufthansa, indem er drei Dutzend Maschinen samt Personal anmietete. Als dann die Pleite kam, hatte er unter den Bietern die beste Startposition. Er hatte dem Patienten schon vor dem Zusammenbruch die Kanüle gelegt. Nun gehört es zu den wichtigsten Aufgaben eines Topmanagers, Entwicklungen vorherzusehen. Spohr hat diesen Job herausragend gemacht und darf zu Recht auf einen fetten Bonus hoffen. Eine ganz andere Frage aber ist, welche Perspektive die Politik einnehmen sollte. Sie ist ja nicht im Auftrag der Lufthansa unterwegs, sondern dem Bürger verpflichtet, der als Steuerzahler und als Passagier ebenfalls berechtigte Interessen am Flugverkehr hat.

Unmittelbar nach der Air-Berlin-Pleite legte sich Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt bereits auf die Lufthansa fest, als er erklärte, Deutschland brauche im internationalen Luftverkehr einen „nationalen Champion“. Die Aussicht, dass Air Berlin an die Lufthansa geht, dürfte es der Bundesregierung wiederum leicht gemacht haben, Air Berlin mit einer Bundesbürgschaft von 150 Millionen Euro auszustatten und so die wertvollen Start- und Landerechte bei Air Berlin zu halten. Diese Bürgschaft konnte man auch noch damit begründen, man wolle verhindern, dass mitten in den Sommerferien Tausende Urlauber in fernen Gefilden stranden. Bürgerfreundlichkeit im Dienste der Lufthansa - besser kann man Interessenlagen nicht tarnen.

Doch wenn sich Politiker und Manager heftig auf die Schulter klopfen, sollten die Bürger hellhörig werden. Welche Rolle spielen ihre Interessen beim Machtpoker in der Luftfahrt? Fest steht, dass durch die Entscheidung für die Lufthansa der Wettbewerb massiv eingeschränkt wird. Die Strecke zwischen Stuttgart und Berlin etwa war bisher einigermaßen gleichmäßig auf die Lufthansa-Tochter Eurowings und auf Air Berlin verteilt. Künftig gibt es auf dieser Strecke die Wahl zwischen Eurowings und Eurowings.

Spohr selbst wischt die Wettbewerbsbedenken mit der Bemerkung beiseite, die Lufthansa habe einen weltweiten Marktanteil von gerade einmal drei Prozent. Wer von Berlin nach Stuttgart will, hat allerdings wenig davon, dass der Wettbewerb auf der Strecke Frankfurt - New York schärfer ist. Denn der Flugmarkt besteht aus Tausenden Einzelmärkten, und auf vielen davon sichert sich Spohr nun eine monopolartige Marktposition. Schon in der Zeit, in der immer mehr Air-Berlin-Flüge ausfielen, zeigte sich, dass wegbröselnder Wettbewerb die Preise steigen lässt. Kein Wunder, dass Spohrs Aktionäre in Jubel ausbrechen und das Papier hochleben lassen. Das Geld, das heute die Aktienkurse treibt, wird sich die Lufthansa morgen von ihren Kunden holen.

Doch sind die Bedenken über steigende Preise nicht kleinlich angesichts des großen Ziels, einen „nationalen Champion“ zu schaffen? Dass in der Luftfahrt Größe enorme Vorteile bringt, ist unbestritten. Richtigerweise arbeitet die Lufthansa deshalb mit fast 30 Fluggesellschaften in der Star Alliance zusammen. Bei Air Berlin aber kommt zu den Größenvorteilen die Ballung von Marktmacht in Deutschland. Die Lufthansa profitiert somit auf Kosten der Kunden. So aber war das mit der Marktwirtschaft nicht gedacht.