Christian Dörmann Foto: Roberto Bulgrin - Roberto Bulgrin

Die öffentlichen Verwaltungen sind vom Fachkräftemangel besonders stark betroffen, weil sie mit den Gehältern und mit den sozialen Vergünstigungen in der freien Wirtschaft nicht konkurrieren können. Unser Autor meint, dass man in den Rathäusern dagegen halten muss.

EsslingenDie Konjunkturdaten sind nach wie vor gut, die Auftragsbücher vieler Unternehmen voll, die Beschäftigung brummt. Gleichwohl zeichnen sich Eintrübungen ab, die früher oder später ihre Schatten auf das Gesamtgefüge werfen werden. Der Fachkräftemangel ist das größte Risiko für eine stabile Wirtschaftsentwicklung und längst buhlen Industrie, Handwerk und Dienstleister mit diversen „Sonderangeboten“ um fachkundiges Personal.

Bei diesem Tauziehen um die immer rarer werdenden Fachkräfte stehen die öffentlichen Verwaltungen von vorn herein als Verlierer fest. Mit den Gehältern, die in der freien Wirtschaft gezahlt werden, können sie nicht mithalten. Und die Aussicht auf einen sicheren Arbeitsplatz mit solider Altersabsicherung ist in Zeiten, da sich gut ausgebildete Kräfte ihre Jobs aussuchen können, nicht sehr zugkräftig. Hinzu kommen strukturelle Probleme, die vor allem Kommunen und Landkreise an ihre Grenzen führen.

Am Ende sind die Folgen für die Bürgerinnen und Bürger ganz konkret: Weil etwa Erzieherinnen an allen Ecken und Enden fehlen, gibt es zum Teil schmerzliche Einschränkungen bei der Kinderbetreuung. Ingenieure, Architekten und Techniker ziehen einen Arbeitsplatz in einem florierenden Unternehmen der Amtsstube vor. Aus diesem Grund ist etwa das Thema Radverkehrskonzept in Esslingen lange liegengeblieben. Es fehlte schlicht die entsprechende Fachkraft im Rathaus. Und was personelle Lücken im technischen Dezernat bedeuten können, will man sich mit Blick auf die anstehenden Esslinger Großbaustellen am besten gar nicht erst vorstellen.

Viel zu spät hat man in den Rathäusern damit begonnen, was auf dem freien Markt schon lange praktiziert wird: Führungskräfte werden aus den eigenen Reihen rekrutiert, die Belegschaft wird durch Fortbildungsangebote gefördert, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird verbessert und die Gehälter werden angehoben. Das hat freilich seinen Preis – auch für die Bürgerinnen und Bürger. Aber der ist angemessen angesichts der Gefahr, dass kommunale Leistungen in vielen gesellschaftlich relevanten Bereichen wegen Personalmangels auf der Strecke bleiben.