Von Bettina Hartmann

Die Royals sind da. Zum ersten Mal reisen Prinz William und seine Frau Kate mit ihren Kindern durch Deutschland. Zwar nicht auf Staatsbesuch, aber immerhin in offizieller Mission. In Berlin präsentierte sich die Vorzeigefamilie gestern weltoffen, gelöst, bodenständig, volksnah - und gleichzeitig glamourös. Sprich: nicht nur im Dienste Ihrer Majestät, sondern auch als Großbritanniens beste Botschafter, denn die Familie liefert entzückende Bilder. In einer Zeit, in der das Ansehen des Vereinigten Königreichs in Kontinentaleuropa durch den Brexit dramatisch gesunken ist, sorgt das Prinzenpaar für Glanz und gute Stimmung. Obwohl das britische Außenministerium betont, der Besuch sei schon lang terminiert gewesen: Der Zeitpunkt ist gut gewählt; William, Kate und die süßen Sprösslinge George und Charlotte sollen mit einer Charme-Offensive das angekratzte Image des Landes aufpolieren. Ob der Plan aufgeht?

Klar ist: Die Royals wurden begeistert empfangen. Auch heute geht die moderne, unblutige Version von „Brot und Spiele“ weiter. In Heidelberg treffen der Herzog und die Herzogin von Cambridge unter anderem Bürger auf dem Marktplatz und rudern bei einem Bootsrennen auf dem Neckar. Die Medien übertragen live, Zehntausende sitzen gebannt vor dem Fernseher und am Computer. Warum eigentlich? Woran liegt es, dass ein blaublütiger Besuch so viele verzückt - obwohl die Institution Monarchie aus der Zeit gefallen scheint?

„Wir borgen uns den Glanz unserer Nachbarn“, ist sich Adelsexperte Rolf Seelmann-Eggebert sicher. Eine Republik sei eher trist. Und tatsächlich: Graugesichtige, grau gekleidete Politiker können mit den stets strahlenden Königs nicht mithalten. Doch selbst wenn viele Bürger der gewählten Staatsführer überdrüssig sein mögen, wünscht sich in Deutschland kaum jemand eine Monarchie zurück. Eins jedoch werden selbst überzeugte Demokraten zugeben müssen: Die Lust an Klatsch und Tratsch wird vom Adel aufs Beste bedient. Doch lässt sich der Reiz des Royalen so einfach erklären? In einer globalisierten, komplexen Welt scheint das Verlangen nach simplen, Sicherheit verheißenden Ritualen groß. Orientierung, Halt, Identität sind gefragt. Und zumindest in Großbritannien vermitteln die Queen und Co. eine gewisse Konstanz: Die Krone hält dort - nach einer Krise in den 90er-Jahren - das ganze Volk auf magische Weise zusammen. Vielleicht, weil die Welt des Adels auch zum Träumen einlädt.

Menschen brauchen Märchen. Und die bekommen sie von den Royals in epischer Breite erzählt. Dass es sich dabei um eine Inszenierung, um Show handelt? Geschenkt. Jeder weiß, dass es hinter den Palastmauern ähnlich wie bei uns Normalsterblichen zugeht. William und Kate schaffen hier den Spagat: Stets wirken sie vornehm, elegant, würdevoll. Zugleich geben sie der britischen Monarchie ein menschliches Gesicht. Kate berichtet in Interviews offen über die Nöte einer jungen Mutter. William wird noch persönlicher: Freimütig erzählt er von seinen Depressionen nach dem Tod seiner Mutter Diana. Beide schaffen so Emotionalität nach dem Motto: Die sind ja auch nicht anders als wir.

Sich ab und an auf dieses Spiel einzulassen, schadet keinem. Zu bestimmen haben die Royals nicht mehr viel. Dennoch oder gerade deshalb leisten sich heute noch zehn europäische Länder den teuren Spaß einer Monarchie: Sie haben ihre königlichen Familien als wunderbare Werbeträger erkannt. William und Kate sind Sympathieträger - und somit für Großbritannien jeden Penny wert.